Netanjahu: Armee soll Gaza-Stadt schneller einnehmen und Hamas vollständig zerschlagen

Israels neuer Kriegsplan sieht laut Ministerpräsident Benjamin Netanjahu neben der Einnahme der Stadt Gaza auch die Zerschlagung der Hamas in den zentralen Flüchtlingslagern des Gazastreifens vor. Das Sicherheitskabinett habe vergangene Woche das Militär angewiesen, „die beiden verbliebenen Hamas-Hochburgen in der Stadt Gaza und in den zentralen Lagern zu zerschlagen“, sagte Netanjahu vor ausländischen Journalisten. In einer Mitteilung seines Büros war zuvor nur davon die Rede gewesen, dass das Militär die Einnahme der Stadt Gaza vorbereiten werde.

Netanjahu: Wollen Gaza von Hamas befreien

„Unser Ziel ist es nicht, Gaza zu besetzen. Unser Ziel ist es, Gaza zu befreien – von den Hamas-Terroristen“, sagte Netanjahu. „Angesichts der Weigerung der Hamas, ihre Waffen niederzulegen, bleibt Israel keine andere Wahl, als den Job zu Ende zu bringen und die Niederlage der Hamas abzuschließen“.

Rund 70 bis 75 Prozent des Gazastreifens stünden unter Israels Militärkontrolle. „Doch zwei Hochburgen bleiben bestehen“ - die Stadt Gaza und die Flüchtlingslager im Zentrum des Küstengebiets. Dies sei „der beste Weg, den Krieg zu beenden – und der beste Weg, ihn rasch zu beenden“, fügte der Ministerpräsident hinzu.

Gaza
Gaza Jehad Alshrafi/AP/dpa

Netanjahu und Trump sprechen über Kriegsplan 

In diesen Gebieten werden auch die letzten 50 Geiseln in den Händen der Hamas vermutet. Nach israelischer Einschätzung sollen 20 von ihnen am Leben sein. Netanjahu sprach mit US-Präsident Donald Trump über „Israels Pläne zur Kontrolle der verbliebenen Hamas-Hochburgen im Gazastreifen, um den Krieg zu beenden, die Geiseln freizulassen und die Hamas zu besiegen“, wie das Büro des Ministerpräsidenten im Anschluss mitteilte. Netanjahu habe Trump für seine „standhafte Unterstützung Israels seit Beginn des Krieges“ gedankt. 

Zivilbevölkerung soll sich in „sichere Zonen“ begeben

Der Zivilbevölkerung werde es zunächst ermöglicht, die Kampfgebiete zu verlassen und sich in „sichere Zonen“ zu begeben, sagte Netanjahu zuvor ausländischen Journalisten. Dort würden sie ausreichend Nahrung, Wasser und medizinische Versorgung erhalten.

Angaben dazu, wie nach der Einnahme der Stadt Gaza bei den zentralen Lagern vorgegangen werden soll, machte er nicht. Heimischen Medien sagte Netanjahu, er wolle den Krieg „so schnell wie möglich“ beenden. „Deshalb habe ich die israelischen Streitkräfte angewiesen, den Zeitplan für die Einnahme der Stadt Gaza abzukürzen.“ Konkreter wurde er nicht. 

Keine Angaben zum Zeitplan

Die Stadt Gaza ist das größte Bevölkerungszentrum im nördlichen Teil des Gazastreifens. Rund eine Million Palästinenser halten sich dort dicht gedrängt auf - rund die Hälfte der Gesamtbevölkerung. Der Rest haust im Zeltlager Al-Mawasi im Südwesten sowie in Flüchtlingsvierteln im mittleren Gazastreifen.

Medien zufolge dürfte die Armee für die Vorbereitungen des Einsatzes zwei Monate brauchen. Sie müsste dafür Hunderttausende Reservisten einberufen. Viele von ihnen sind nach gut zwei Jahren Krieg erschöpft. Die Armee müsste außerdem verschlissenes Kriegsgerät zunächst reparieren oder ersetzen.

Israels Armeechef steht Vorhaben kritisch gegenüber

Der Generalstab werde die „Grundideen“ für den Einsatz gegen die Stadt Gaza bis Ende der Woche billigen, berichtete das israelische Nachrichtenportal „ynet“. Armeechef Ejal Zamir steht Medienberichten zufolge dem Vorhaben skeptisch gegenüber. Kritiker der geplanten Ausweitung des Militäreinsatzes, unter ihnen die meisten Angehörigen der Geiseln, befürchten, dass dieser das Leben der Entführten gefährden würde. „Was uns Netanjahu heute aufgetischt hat, bedeutet, dass Geiseln und Soldaten sterben werden, dass die Wirtschaft zusammenbrechen wird und dass unser internationales Ansehen ruiniert sein wird“, schrieb der israelische Oppositionsführer Jair Lapid auf der Plattform X.

Israels militärisches Vorgehen im Gazastreifen sorgt für internationale Kritik. (Archivbild)
Israels militärisches Vorgehen im Gazastreifen sorgt für internationale Kritik. (Archivbild) Ohad Zwigenberg/AP/dpa

Heftige Kritik an Israel im UN-Sicherheitsrat

Bei einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats gab es heftige Kritik an Israels Vorgehen. Mehrere europäische Staaten verurteilten die Pläne zur Ausweitung des Krieges. „Wir fordern Israel dringend auf, diese Entscheidung zu überdenken und nicht umzusetzen“, sagte der slowenische UN-Botschafter Samuel Zbogar vor Sitzungsbeginn. Israel wies die Kritik zurück. 

Netanjahu verwies in Israel vor den ausländischen Journalisten auf die vom Sicherheitskabinett beschlossenen Prinzipien zur Beendigung des Krieges: die Entwaffnung der Hamas, die Freilassung aller Geiseln, die Entmilitarisierung des Gazastreifens, die militärische Kontrolle des Küstengebiets durch Israel und die Errichtung einer Israel gegenüber friedlich gesonnenen Zivilregierung ohne eine Beteiligung der Hamas oder der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA).