KGB-Tricks und Judo-Kniffe: Wie Putin Trump in Friedensverhandlungen manipuliert
Mit Schmeichelei, Täuschung und Judo-Strategien will Putin Trump an den Verhandlungstisch fesseln – ohne wirklich einen Deal eingehen zu wollen.
Anchorage – US-Präsident Donald Trump ist für seine Handschlag-Strategie bekannt, mit der er Gegenspieler und Verhandlungspartner gleich bei der Begrüßung aus dem Gleichgewicht bringen will. Wladimir Putin, früher KGB-Agent, hat in den Friedensverhandlungen mit der US-Regierung ganz andere Kniffe auf Lager, meinen Beobachter. Faktisch seien die Friedensgespräche gescheitert, doch das habe der russische Präsident wohl einkalkuliert, analysiert die Militärstrategin Rebekah Koffler in einem Beitrag für Telegraph. Putin spiele auf Zeit.

Der Kremlchef wolle Trump so lange wie möglich hinhalten, um negative Konsequenzen wie Sekundärsanktionen hinauszuzögern. Dafür setzt Putin laut Koffler eine Reihe psychologischer Techniken ein, um sicherzustellen, dass die Gespräche ins Leere laufen – Trump aber gleichzeitig nicht zu verärgern. „Um Trump zu steuern, kann sich Putin, der seine Karriere im KGB der Anwerbung und Führung von Spionagenetzen in Deutschland gewidmet hat, durchaus auf eine Kombination aus Geschick im Umgang mit nachrichtendienstlichen Ressourcen, der Philosophie des Judo und Konzepten psychologischer Kriegsführung aus Zeiten des Kalten Krieges stützen“, so die Expertin weiter.
Diese Methoden wendet Putin laut der Analystin bei Trump an
Schmeichelei ist demnach eine der Methoden, die das Ego des Gegenübers erreichen sollen. Laut Koffler habe Putin sich nie negativ über Trump geäußert, habe ihn hingegen als „klug“, „erfahren“ oder „talentiert“ beschrieben. Putin könnte auch die KGB-Taktik der „reflexiven Kontrolle“ zum Einsatz bringen, meint die Expertin. Dabei geht es darum, dem Gegner gezielt Informationen zu geben, um ihn dazu zu bringen, eine bestimmte Entscheidung zu treffen – genau die, die man selbst will, wie es die Georgetown University definiert. Putin erwecke dabei laut Koffler den Eindruck, an einem Deal interessiert zu sein. „In Wirklichkeit würde Putin nur zu seinen eigenen Bedingungen einem Deal zustimmen.“
Ebenso wende der russische Präsident das Grundprinzip des Judo an: Statt einer offenen Konfrontation, bringe er den Gegner durch Manipulation aus dem Gleichgewicht. Der Kremlchef habe etwa freundschaftliche Kontakte mit Bombardierungen der Ukraine abgewechselt. Die Expertin ist sich sicher, dass der russische Präsident im Gegensatz zu Trump vorausplant. So könnte er etwa die Freilassung ukrainischer Kinder befehlen – als Reaktion auf einen Brief der US-First Lady Melania Trump. Ebenso könnte der Kremlchef auch eine andere Verzögerungstaktik anwenden und Trump so zermürben, sodass der schließlich alle Forderungen akzeptiere.
Hund als Druckmittel: Putin konfrontierte Merkel gezielt mit ihrer Angst
Bereits in der Vergangenheit hatte Putin bei seinen Treffen mit anderen Staatslenkern mutmaßlich verschiedene Manipulationen angewendet. So brachte er im Jahr 2007 beispielsweise seinen großen Hund zu einem Treffen mit der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel mit, wohlwissend, dass diese Angst vor den Vierbeinern hat. Eine weitere KGB-Taktik des früheren Agenten: Sich anzupassen wie ein Chamäleon. „Er war wie ein Spiegel“, sagte der russische Oligarch Sergei Pugatschow der Washington Post: „Er sagt einfach jedem das, was er hören will.“
Auch lange Vorträge zählen offenbar zu Putins Werkzeugen. Eines seiner berühmtesten Opfer: Donald Trump beim Gipfel in Helsinki 2018. „Als Trump nach mehreren Stunden Gespräch mit Putin herauskam, wirkte er unsicher, und es schien, als stünde er völlig unter Putins Einfluss“, kommentierte Tatiana Stanovaya, Senior Fellow am Russland-Eurasien-Zentrum der Carnegie Foundation. Trumps Hoffnung auf ein Friedensabkommen und den Friedensnobelpreis führen derzeit laut Koffler dazu, dass der US-Präsident eher Kiew unter Druck setzen will als Moskau – eine Dynamik, die Putin bewusst zu seinem Vorteil nutzt.
Krieg im Kopf: Russland setzt auf kognitive Kriegsführung
Zuletzt dämpfte der US-Präsident die Erwartung eines schnelles Treffen zwischen dem Kremlchef und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. In zwei Wochen werde er mit Blick auf den Ukraine-Krieg eine wichtige Entscheidung treffen, sagte Trump am Freitag (22. August). Es könne massive Sanktionen oder Zölle gegen Moskau geben – oder aber er werde „nichts unternehmen und sagen, es ist euer Kampf“, betonte er und ergänzte: „Zum Tangotanzen gehören immer zwei“.
Genau diese Formulierung hatte der russische Vize-Außenminister Sergej Rjabkow im Juli verwendet. In einer Kritik über den „Zickzack-Kurs“ der US-Regierung mit Blick auf die militärische Unterstützung der Ukraine sagte Rjabkow: „Natürlich gehören zum Tangotanzen immer zwei.“ Die Wortwahl Trumps könnte darauf hindeuten, dass der US-Präsident bewusst oder unbewusst russische Narrative übernimmt – und die reflexive Kontrolle Putins funktioniert.
Auch auf Regierungsebene greift Russland auf „kognitive Kriegsführung“ zurück, wie die US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) analysierte. „Kognitive Kriegsführung ist eine Form der Kriegsführung, die darauf abzielt, das Denken, die Entscheidungen und letztlich die Handlungen des Gegners zu beeinflussen, um strategische Ziele zu erreichen – ohne Kampf oder mit weniger militärischem Aufwand, als sonst erforderlich wäre“, so die ISW-Experten. Die Strategie beruhe auf der Vorstellung, dass „Kriege im Kopf des Gegners gewonnen und verloren werden“.