Trotz gescheiterter Projekte: Habeck lässt 12 Milliarden Euro in deutsche Firmen fließen
12 Milliarden Euro für 31 Firmen: Der Bund setzt auf Wasserstoff und Energie. Doch Wirtschaftsweise Veronika Grimm übt an Robert Habecks Subventionspolitik scharfe Kritik.
Berlin – BASF, thyssenkrupp Steel und Bosch – die Liste der Begünstigten ist lang und prominent. Rund 12 Milliarden Euro Subventionsvolumen sollen derzeit in insgesamt 46 Projekte von 31 Unternehmen fließen, wie eine von der Bild-Zeitung veröffentlichte Übersicht zeigt. Seit 2022 hat das Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) Millionenbeträge für Projektvorhaben bereitgestellt, die vor allem auf Wasserstoff und Energie abzielen. Ziel der Förderung ist es, Deutschlands Wirtschaftsriesen im harten globalen Wettbewerb wettbewerbsfähig zu halten – und gleichzeitig die energiewirtschaftliche Zukunft des Landes zu sichern.
Habecks Subventionspolitik in der Kritik – Wirtschaftsweise Grimm: „Politik sollte sich zurückziehen“
Fast 2,6 Milliarden Euro der Summe kommen dem Konzern SHS (Stahl-Holding-Saar) zugute: Der Bund subventioniert demnach drei Teilprojekte. Danach folgen Thyssenkrupp Steel (1,99 Milliarden Euro) und der luxemburgische Stahlkonzern ArcelorMittal mit Standorten in Bremen und Eisenhüttenstadt (1,72 Milliarden Euro). Doch die Förderungen stoßen nicht bei allen Experten auf Zustimmung. Wirtschaftsweise Veronika Grimm sieht die Subventionen gegenüber der Bild eher kritisch: „Die Politik sollte sich aus der Wirtschaft stärker zurückziehen und sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren: Gute Bildung, Infrastrukturen, eine effiziente Verwaltung, der Abbau von unnötiger Regulierung, die Absenkung von Steuern.“
Vielmehr verliefen einige Vorhaben schleppend, andere scheiterten sogar – insgesamt seien diese Subventionen nicht zielführend. Ein hartes Urteil von Grimm, die selbst als Wirtschaftsweise im Sachverständigen-Rat der Bundesregierung sitzt. Einem Gremium, das erst die Ampel und nun die rot-grüne Koalition in wirtschaftspolitischen Fragen berät.
Dabei dürfte sie mit ihrer Kritik in erster Linie auf Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) abzielen, der die Projekte federführend bewilligt hat. Der Grünen-Chef erntete zuletzt ohnehin viel Gegenwind.

Intel, Northvolt und Wolfspeed – Ampel-Bilanz bei Großprojekten macht Habeck angreifbar
Zusammen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird er hauptsächlich für die schlechte Wirtschaftslage in Deutschland verantwortlich gemacht. In der Außendarstellung helfen auch das Scheitern einstiger Prestigeprojekte nicht: So etwa die Förderung einer neuen Fabrik des US-amerikanischen Chipherstellers Intel in Magdeburg, bei dem 10 Milliarden Euro implodierten, sowie die unsichere Lage beim schwedischen Batteriehersteller Northvolt.
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Hier stehen weitere 620 Millionen Euro auf dem Spiel. Und auch der US-Chipriese Wolfspeed legte zuletzt den Bau einer 2,7 Milliarden teuren Fabrik im Saarland vorerst auf Eis. Wohl auch deshalb hatte Habeck vor rund einem Monat ein Papier vorgelegt, das aufzeigen solle, „wie Deutschlands Wirtschaft wieder einen Schub bekommen kann“. So hieß es Mitte November aus seinem Ministerium. Die Zielgruppe umfasse allerdings die gesamte Breite der Wirtschaft, darunter kleine Handwerksbetriebe über Mittelständler bis große Konzerne.
Es war wohl auch als Antwort auf die anhaltende Kritik zu verstehen – und als eine Kampfansage, rund drei Monate vor den anstehenden Neuwahlen im Februar. Darüber hinaus berichtete die US-Finanznachrichtenagentur Bloomberg unlängst, dass Habeck einen neuen Fördertopf mit einem Volumen von rund zwei Milliarden Euro auflegen wolle. Das Ziel: Die staatlichen Subventionen sollen internationale Investoren für neue Halbleiterproduktion nach Deutschland locken.
Mehr „private Investitionen“: Grimms deutliche Kritik hat wirtschaftsliberalen Beigeschmack
Und auch die Kritik auf seine Subventionspolitik konterte Habeck zuletzt vor einer Befragung im Haushaltsausschuss und verwies auf die gefährliche Abhängigkeit von Ländern wie Taiwan oder Südkorea in Bereichen der Halbleiterproduktion: „Davon hängt unsere gesamte Wirtschaft im Hochtechnologiebereich ab. Das ist schon eine gewagte Wette, zu sagen, das sind sichere Zuliefererbedingungen, die werden die nächsten 20 Jahre auf jeden Fall so sein.“
Grimm hält den Schlüssel für diesen Weg allerdings weniger im Staat, sondern vielmehr in „privaten Investitionen“. Diese müssten ansteigen, „damit unser Wachstumspotenzial wieder ansteigt“, erklärte sie gegenüber der Bild. Zur Wahrheit an der Kritik von Grimm gehört allerdings auch, dass die Sachverständige als wirtschaftsliberal, fast schon FDP-nah, einzustufen ist. Als ihre vier Kollegen im Gremium sie im Dezember 2023 laut Spiegel per Mail zum Rücktritt aufforderten, weil sie ein Aufsichtsratsposten bei Siemens Energy annehmen wollte, lehnte sie die Forderung ihrerseits per knapper Mail ab – und setzte als Geleitschutz das Finanzministerium ins „CC“, das damals noch vom FDP-Chef Christian Lindner geführt wurde.
Diesem folgt Grimm auch bei der Debatte um die Schuldenbremse. Sie sieht in der aktuellen Wirtschaftsflaute vielmehr ein strukturelles Problem, das sich nicht mit einer Reform der Schuldenbremse lösen ließe. Gegenüber dem Spiegel erklärte sie etwa: „Der Staat ist in vielen Bereichen involviert, wo er das Wachstum eher hemmt. Das muss sich durch Reformen ändern.“
Rang | Unternehmen | Betrag (in Euro) |
---|---|---|
1. | SHS | 2.599.585.180 |
2. | thyssenkrupp Steel Europe AG | 1.999.702.295,3 |
3. | ArcelorMittal | 1.272.999.910,4 |
4. | Salzgitter Flachstahl GmbH | 999.782.173,9 |
5. | AquaDuctus Pipeline GmbH, Offshore | 981.939.974,4 |
6. | RWE Nukleus Green H2 GmbH, Nieders. | 492.308.027,8 |
7. | EWE HYDROGEN GmbH (Niedersachsen) | 383.007.089,0 |
8. | ONTRAS Gastransport (Brandenburg) | 316.231.187,2 |
9. | rostock EnergyPort cooperation | 199.764.436,2 |
10. | AquaDuctus Pipeline GmbH (Nieders.) | 195.495.973,2 |
11. | AIR LIQUIDE Deutschland GmbH | 177.977.842,2 |
12. | Sunfire GmbH | 169.123.780,8 |
13. | GHS 2 GmbH | 167.363.430,1 |
14. | Hamburg Green Hydrogen | 154.115.690,8 |
15. | ENERTRAG Elektrolysekorridor Ost (2) | 146.289.540,7 |
16. | Gasunie Deutschland Transport (Nieders.) | 143.483.887,8 |
17. | RWE Gas Storage West GmbH | 127.528.473,5 |
18. | Hamburger Energienetze GmbH | 126.396.290,4 |
19. | Lingen Green Hydrogen GmbH & Co. KG | 125.052.743,8 |
20. | BASF SE | 124.324.991,0 |
21. | ONTRAS Gastransport (Meckl.-Vorp.) | 104.793.089,2 |
22. | HydroHub Fenne GmbH | 102.415.794,9 |
23. | ONTRAS Gastransport (Sachsen-Anhalt) | 93.927.844,8 |
24. | Robert Bosch GmbH (Bayern) | 91.904.055,9 |
25. | Hydrogenious LOHC Infra Bavaria | 72.552.928,7 |
26. | ENERTRAG Elektrolysekorridor Ost (1) | 68.408.488,9 |
27. | EWE HYDROGEN GmbH (Bremen) | 64.363.162,6 |
28. | VNG Gasspeicher GmbH | 61.148.577,2 |
29. | Robert Bosch GmbH (Ba-Wü) | 56.879.560,6 |
30. | EWE GASSPEICHER GmbH (Niedersachs.) | 44.976.379,2 |
31. | Creos Deutschland Wasserstoff GmbH | 44.143.718,8 |
32. | ONTRAS Gastransport (Niedersachsen) | 44.068.803,5 |
33. | Open Grid Europe GmbH | 38.787.699,3 |
34. | NEUMAN & ESSER GmbH & Co. KG | 25.998.018,5 |
35. | ONTRAS Gastransport (Sachsen-Anhalt) | 24.817.981,4 |
36. | Nowega GmbH, Nordrhein-Westfalen | 19.577.166,0 |
37. | ONTRAS Gastransport (Sachsen) | 18.975.834,4 |
38. | Nowega GmbH (Niedersachsen) | 18.373.147,8 |
39. | EWE NETZ GmbH (Niedersachsen) | 17.669.286,1 |
40. | Robert Bosch GmbH (Saarland) | 11.928.738,4 |
41. | Thyssengas GmbH (Westfalen) | 10.356.998,7 |
42. | Thyssengas GmbH (Niedersachsen) | 8.372.816,8 |
43. | BASF SE (Rheinland-Pfalz) | 6.621.906,1 |
44. | Open Grid Europe GmbH, (Niedersachsen) | 1.493.422,1 |
45. | Gasunie Deutschland Transport (Bremen) | 1.288.509,0 |
46. | ONTRAS Gastransport GmbH (Sachsen) | 1.066.165,9 |