Vereine in Geretsried kämpfen mit Überalterung und mangelndem Nachwuchs – Aber es gibt auch positive Beispiele

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Positivbeispiel: Nachdem sie mal kurz vor dem Aus gestanden waren, haben sich die Isartal-Wanderer Geretsried mit dem Vorsitzenden Norbert Wendler (3. v. li.) konsolidiert. Bei ihnen verteilt sich die Arbeit auf mehrere Schultern. © Archiv

Vereine in Geretsried, darunter die Seniorenfreizeit Isar-Loisach und der Eigenheimerverband, kämpfen mit Überalterung und fehlendem Nachwuchs. Die Vorsitzenden finden keine Nachfolger, was das Überleben der Vereine bedroht.

Geretsried – Die Busausflüge zur Wieskirche in Steingaden, in die Eng oder zum Adventsmarkt in Füssen waren der Renner. Doch elf Jahre nach seiner Gründung steht der Verein Seniorenfreizeit Isar-Loisach vor dem Aus. Der Grund: Die Vorsitzende Dr. Sabine Gus-Mayer findet keine Vorstandskollegen mehr. Anderen Vereinen geht es ähnlich. Die Mitglieder sind einfach zu alt und neue, junge kommen oft nicht nach.

Seniorenfreizeit Isar-Loisach vor dem Aus?

Sabine Gus-Mayer ist Seniorenreferentin des Stadtrats, bietet regelmäßig eine Seniorensprechstunde an, ist im CSU-Ortsverband und in etlichen weiteren Geretsrieder Vereinen aktiv. Sie kennt also genügend Leute, die sie ansprechen kann. Trotzdem findet sie keine Ehrenamtlichen, die mit ihr zusammen die „Seniorenfreizeit“ leiten wollen. Insbesondere ein Kassier fehlt. „Ohne Unterstützung ist die Organisation nicht mehr zu schaffen“, bedauert die Vereinsgründerin und Chefin. Dabei höre sie in vielen Gesprächen, dass die bisherigen Tagesausflüge zu den Höhepunkten im Alltag der Senioren gezählt hätten und man sich schon so auf die nächste Tour freue.

Heute will sich kaum mehr jemand längerfristig an ein Ehrenamt binden. Für Projekte lassen sich Leute gewinnen, aber bei den Vorstandsposten schaut es meist schlecht aus.

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Eigenheimerverband „hoffnungslos überaltert“

Der Verein für Haus- und Wohneigentum Geretsried (VHWG), kurz Eigenheimerverband, sucht ebenfalls händeringend nach Frauen und Männern, die Verantwortung im Vorstand übernehmen möchten. Nächstes Jahr stehen wieder Wahlen an und die jetzige Vorsitzende Hannelore Aumüller macht deutlich: „Wenn ich mich nicht noch einmal bereit erkläre, stirbt der Verein“. Er sei „hoffnungslos überaltert“, sagt die 75-Jährige. Obwohl so viele junge Familien nach Geretsried zögen, fehle es an neuen Mitgliedern. „Ich habe damals etliche Vereins-Flyer in die Briefkästen des neuen Wohngebiets an der Jeschkenstraße geworfen – ohne irgendeine Resonanz. Die Jüngeren haben einfach kein Interesse.“

Dabei sei eine Mitgliedschaft für Haus- und Wohnungseigentümer interessant. Sie beinhalte für 40 Euro Jahresbeitrag eine Haftpflichtversicherung, die zum Beispiel bei Streitigkeiten mit den Nachbarn greife. Man organisiere Vorträge, wie etwa zum Erbrecht, über die Änderungen beim Schornsteinfegergesetz oder demnächst, ganz aktuell, zu Wärmepumpen und anderen regenerativen Energieformen. Bei den regelmäßig stattfindenden Dämmerschoppen dagegen stehe die Geselligkeit im Vordergrund. „Für unsere älteren und oftmals alleinstehenden Mitglieder ist dieser soziale Aspekt ganz wichtig“, weiß Aumüller. 

Die Geretsrieder Gartler mussten aufgeben

Aus demselben Grund, der Überalterung der Mitglieder, löste sich Ende 2021 nach 51 Jahren der Verschönerungsverein Geretsried auf. Für die verbliebenen, größenteils um die 80-jährigen Gartler war es zu mühsam und auch zu gefährlich geworden, die öffentlichen Grünflächen zu bepflanzen und zu pflegen. Zum Schluss fanden sich auch keine Personen mehr, die Vorstandsposten übernehmen wollten.

Weil der Nachwuchs ausblieb, beschloss die Landsmannschaft der Schlesier 2022, sich nur noch in privatem Rahmen zu treffen. Die Egerländer Gmoi und die Siebenbürger Sachsen schaffen es hingegen, die Jugend für die Traditionen der alten Heimat zu begeistern und diese fortzuführen. Generell gibt es Beispiele, bei denen Vereine schwierige Phasen überstanden und weitergemacht haben. Die Isartal-Wanderer Geretsried kämpften vor drei Jahren ums Überleben. Seit Norbert Wendel den Verein leitet, stieg die Anzahl der Mitglieder von 25 auf 72, und im Vorstandsteam packen sieben Leute mit an.

Jeder müsse „seinen Job machen“

Was ist das Erfolgsrezept? Wendel (67) sagt, zum einen müsse jeder seiner sechs Mitstreiter „seinen Job machen“. Dadurch laste nicht die ganze Arbeit und Verantwortung auf den Schultern der beiden Vorsitzenden. Zum anderen wende man sich heute an ein anderes Zielpublikum. Man werbe regelmäßig in einem Anzeigenblatt für die Monatswanderungen, „die sind auch für ältere, nicht mehr ganz so mobile Menschen geeignet“, sagt Wendel. Jeder laufe in seinem Tempo. Manche legten nur zwei, drei Kilometer zurück oder noch weniger. Wichtig sei die gemeinsame Einkehr oder dass man etwas gemeinsam besichtige, wie jüngst die Landesgartenschau. Den großen Wandertag, der jährlich in Gelting stattfand, habe man gestrichen, ebenso unternehme man nicht mehr so viele teure Busreisen. „Die neuen Express-Busse sind super. Mit ihnen kommt man günstig nach Bad Tölz oder Starnberg, von wo aus man zu verschiedenen Zielen aufbrechen kann“, so der Vorsitzende. Der Volkssport Wandern solle nämlich für alle bezahlbar bleiben, weshalb der Jahresbeitrag mit 25 Euro nach wie vor niedrig sei.

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Im Arbeitskreis Historisches Geretsried ist es so, dass die Gründer und führenden Köpfe – Dr. Wolfgang Pintgen, Werner Sebb, Friedrich Schumacher, Walter Holzer – zwar alle um die 80 Jahre alt sind, es aber auch jüngere Geschichtsinteressierte in den Vereinsreihen gibt. „Ich werde bei der nächsten Wahl nicht mehr als Vorsitzender antreten, mache mir aber keine Sorgen um meine Nachfolge“, sagt Pintgen. Er wisse, dass das ein Glücksfall sei: „Heute will sich kaum mehr jemand längerfristig an ein Ehrenamt binden. Für Projekte lassen sich Leute gewinnen, aber bei den Vorstandsposten schaut es meist schlecht aus.“ Von Tanja Lühr

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