Merz will gegen Putin führen - Deutschland droht ein Horrorszenario

Putin „spielt auf Zeit“. Sagt Boris Pistorius von der SPD. Es dürfe „keine Denkverbote“ geben. Sagt Johann Wadephul von der CDU. Keine Denkverbote für die nächsten Sanktionen. Die 18., das ist gemeint. Denn wirken wird auch das 17. Sanktionspaket nicht. 

Es herrschen Hilf- und Ratlosigkeit in der Bundesregierung, drei Jahre nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges, zwei Wochen nach dem Aufgalopp der Regierung Merz. In anderen europäischen Hauptstädten ist es auch nicht anders. Aber das ist nur ein schwacher Trost. 

Unionsfraktionschef Jens Spahn sagt, endlich gebe es einen Kanzler, „der führt“ – auch in Europa. Vielleicht ist das so, vielleicht auch nicht. Es ist jedenfalls ein Spahn-Satz, der zu den Glamour-Fotos des vergangenen Wochenendes passt – Merz im Kreis seiner Lieben in Europa, sozusagen. 

Die eigenen Leute lassen Merz nicht führen 

Vielleicht sollte man auch nicht so viel darüber reden, dass man jetzt führt, wenn man es gar nicht kann. Nicht, weil man sein Handwerk nicht beherrschen würde, das weiß man von Merz noch nicht, sondern, weil einen die anderen nicht führen lassen. 

Und zwar die eigenen Leute nicht. Gemeint sind die Verbündeten. Als die Europäer, die sich für die wichtigsten halten, Frankreichs Macron, Großbritanniens Starmer, Polens Tusk und Deutschlands Merz, zuletzt in aller Herrgottsfrühe Donald Trump aus dem Bett klingelten, verkündete Merz hinterher, der Chef-Amerikaner trüge die Anti-Putin-Initiative der Europäer mit. 

Hat er vielleicht gesagt am Telefon, der Trump. Hat sich aber nicht daran gehalten, hinterher, der Trump. Weil er macht, was er für richtig hält. Und nicht, was Macron, Merz, Starmer und Tusk – für ihn – für richtig halten. Und dafür hat Trump gute Gründe, der wichtigste: 

Es ist nicht sein Krieg. Es ist Joe Bidens Krieg. Es wird auch nicht mehr Trumps Krieg und das ist das, was die Europäer nicht verstehen, weil sie es nicht verstehen wollen. Unzählige Male hat Trump gesagt, wäre er an der Macht gewesen 2022, als Putin seine Soldateska gegen die Ukraine in Marsch setzte, wäre genau das nicht passiert. 

J.D. Vance: „Das ist nicht unser Krieg.“

Vielleicht ist das größenwahnsinnig, vielleicht aber auch nicht. Es hilft aber nichts, denn entscheidend ist, was Trump glaubt, dass für ihn das Beste ist. Und was das Beste ist, das hat Trumps wichtigstes Sprachrohr soeben noch einmal gesagt. 

Der Mann, der abonniert darauf zu sein scheint, Wahrheiten über die Europäer zu sagen, die die Europäer nicht hören wollen, auch die Deutschen nicht. Und eine davon lautet, so J.D. Vance: „Das ist nicht unser Krieg.“ 

Die Europäer haben jetzt die Sanktionen beschlossen. Es ist das 17. Paket, diese neuen Sanktionen sind eher schwach, weswegen auch das 18. sogenannte Paket schon vorbereitet wird. Warum ist es schwach? 

Weil die 200 Schiffe der russischen Schattenflotte, die die Europäer jetzt mit Sanktionen belegen, die vor allem Öl in alle Welt schippern, mit denen Putin seinen Krieg refinanziert, schon länger sanktioniert sind – und zwar von den USA. 

Die Europäer hätten längst härtere Sanktionen auf den Weg bringen können

Nur: Was hat das geholfen? Es hat nicht verhindert, dass die Chinesen diese amerikanischen Strafmaßnahmen unterlaufen. Ebenso wie die Inder und die Brasilianer. Kann sich – by the way – noch jemand daran erinnern, wie der Merz-Vorgänger Scholz sich mit deren Regierungschefs traf, um den Beginn der „multipolaren Welt“ zu verkünden und ihnen damit zu schmeicheln, sie ins deutsche und europäische Boot zu holen. 

Nun sitzen sie, um im Bild zu bleiben, im russischen Boot. Und Scholz ist Geschichte. 

Es ist eine Nachricht und keine Meinung, dass der Versuch gescheitert ist, die Russen mit Hilfe von Sanktionen zum Aufgeben zu zwingen. Ob sich das noch ändert – dafür spricht wenig. Was nicht nur an Trump liegt, der lieber mit Putin gedeihliche Geschäfte machen würde, als stundenlang mit ihm über einen Krieg zu debattieren, der ihn nur interessiert, wenn er daraus einen Erfolg für sich ableiten kann. 

Die Europäer hätten längst härtere Sanktionen auf den Weg bringen können. Aber seit Wochen, eigentlich schon seit Monaten, sagt Ungarns Regierungschef Viktor Orban, dass er dabei nicht mitmachen will und auch nicht mitmachen wird. Weil er es für Blödsinn hält. Und Orban ist nicht allein.

Die Europäer sind zahnloser als Putin 

Neben den Ungarn haben auch Spanier, Italiener und mindestens einmal die Slowaken keine Neigung, mit Finanzsanktionen gegen Russland sich möglicherweise selbst mehr zu schaden als den Russen. Deshalb – unter anderem – liegen auch die knapp 260 Milliarden Euro an Russengeld zwar beschlagnahmt, aber unangetastet auf belgischen Banken in Brüssel. 

Da kann Merz führen wollen, wie er will, erstens gibt es viele Europäer, die sich vom deutschen Bundeskanzler partout nicht führen lassen wollen und durchaus auch die Macht haben, darüber für sich selbst zu entscheiden, und zweitens: sind Europäer im Kern zahnlos. Zahnloser jedenfalls als Putin. 

Der Europäer Merz schlägt gerade hart in der europäischen Wirklichkeit auf. Und die besteht darin, dass es dieses eine Europa nicht gibt, sondern in Europa allenfalls eine sogenannte Koalition der (Ukraine-)Willigen, wobei man auch nicht weiß, wie weit der Wille reicht. Es ist nicht einmal klar, wie weit noch der Wille von Merz selbst reicht. Von Taurus spricht er jedenfalls seit Tagen nicht mehr. 

Der Frieden, wenn er denn kommt, dürfte ein negativer Frieden sein

No american boots on the ground. Sagt Trump. Er sagt es seinen Wählern. Keine amerikanischen Militärstiefel auf ukrainischem Boden. Das hat Trumps engste europäische Verbündete, Giorgia Meloni, auch schon im Namen ihrer Leute klargestellt: keine italienischen Stiefel auf ukrainischem Boden. 

Und was ist mit deutschen Stiefeln auf ukrainischem Boden? Darüber wurde schon einmal diskutiert. Als er um die militärische Absicherung eines möglichen Friedens ging. Denn dieser Frieden, falls er überhaupt kommt, dürfte kein positiver Frieden sein, sondern leider nur ein negativer Frieden – einer, der sich damit begnügt, die vorläufige Abwesenheit des Krieges zu sein. 

Wie es weitergeht? Trump will in zwei Wochen mehr wissen

Sie wird sich noch entwickeln, die Debatte. Ohne die Amerikaner geht wenig bis nichts, was ist, wenn Trump frustriert diesen Krieg, der ohnehin nicht seiner ist, einfach verlässt? Es ist ein Horrorszenario. 

Wenn man in Brüssel und auch im Kanzleramt weiter an die These glauben will, dass die Freiheit hierzulande in der Ukraine verteidigt wird – was folgt denn daraus, wenn die Amerikaner an der Verteidigung der ukrainischen Freiheit nicht mehr teilnehmen möchten? 

Man möchte sich das gar nicht vorstellen, es ist eine Dystopie. Ganz grundsätzlich ist ohne amerikanischen Schutz auch Deutschlands Sicherheit nicht mehr gegeben. Das limitiert alle Möglichkeiten. Auch die Möglichkeiten, sich in einen fundamentalen Widerspruch zur amerikanischen Politik zu begeben. 

Wie es weitergeht? „In zwei Wochen“, sagt Donald Trump, der Mann, auf den es ankommt, wisse man mehr.