Ein Volksentscheid mit Signalwirkung sorgt für hitzige Leserstimmen: Jan Fleischhauers Kolumne über Hamburgs Klimavorsätze entfacht eine kontroverse Online-Debatte.
- Die vollständige Kolumne von Jan Fleischhauers ist hier verfügbar: Nach dem Klimaentscheid: Hamburg wollte Weltstadt sein - jetzt wird es Posemuckel
Im Zentrum stehen einerseits große Sorgen um wirtschaftliche Folgen, Arbeitsplatzverluste und soziale Verwerfungen durch die hohen Kosten – viele warnen vor Hamburg als nächstem „Pleitefall“. Auf der anderen Seite wird die demokratische Qualität des Entscheids selbst scharf hinterfragt: Leser kritisieren die niedrige Wahlbeteiligung und stellen infrage, wie breit der Rückhalt für solche Milliardenprojekte tatsächlich ist. Besonders polarisiert der Ruf nach Bundesmitteln: Während manche finanzielle Eigenverantwortung fordern, verweisen andere auf die Tragfähigkeit des Hamburger Haushalts.
Sorge um Arbeitsplatzverluste und Deindustrialisierung
Der größte Anteil der Leserschaft, nämlich 22 Prozent, äußert erhebliche Skepsis über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Hamburger Klimapläne. Die Kommentare warnen eindringlich vor Arbeitsplatzverlusten, steigenden Lebenshaltungskosten, hoher finanzieller Belastung für die Bürger sowie einer drohenden Deindustrialisierung. Viele befürchten, dass Hamburg als Industriestandort erheblich an Bedeutung verlieren könnte.
"Mit fliegenden Fahnen in den Abgrund. Hamburg, ich wünsche euch, dass ihr nicht so schwer aufschlagt auf eurem Boden. Vielleicht wacht ihr aus euren Träumen noch auf. Das kann bitter werden, wenn die Industrie abwandert." Zum Originalkommentar
"Airbus kann sich schon mal nach einem neuen Standort umsehen. Flugzeuge wird man auch in 15 Jahren nicht klimaneutral produzieren können. Für das Aluminium- und Kupfer verarbeitende Gewerbe heißt es ebenfalls arrivederci." Zum Originalkommentar
"Wie geht das Spiel aus? Der Bürger wird zur Kasse gebeten, bis er nicht mehr kann. Arbeitsplätze werden abwandern. Die Politik wird alles schönreden. Und das Wichtigste, das Klima wird sich weiter erwärmen, weil es ihm egal ist, was die Hamburger so treiben." Zum Originalkommentar
Kritik am Finanzausgleich und an finanzieller Eigenverantwortung
Mit einem Anteil von 13 Prozent finden sich Stimmen, die auf die Rolle Hamburgs im Länderfinanzausgleich abzielen. Die Kommentatoren betonen die Notwendigkeit finanzieller Eigenverantwortung der Stadt und bringen ihr Missfallen über Hamburger Forderungen nach Hilfen vom Bund für eigene Klimaprojekte zum Ausdruck.
"Na da kann man ja davon ausgehen, dass spätestens ab nächstem Jahr die Hansestadt Hamburg nicht mehr zu den Geberländern beim Länderfinanzausgleich gehört. Und wenn ich richtig rechne, werden danach sehr große Summen durch den Länderfinanzausgleich nach Hamburg überwiesen." Zum Originalkommentar
"Bisher hatte ich vor Hamburg eine gewisse Achtung, weil sie, wie BaWü und Bayern, für ihre Länderbegehrlichkeiten selbst aufkamen. Nun aber zu jaulen und nach dem Bund zu rufen, halte ich für verfehlt. Wer bestellt, bezahlt." Zum Originalkommentar
"Das nennt man dreist. Erst für einen solchen Mist stimmen und anschließend in Berlin um Almosen betteln. Nein, liebe Hamburger! Löffelt euer Süppchen selber aus." Zum Originalkommentar
"Vielleicht hätte man sich früher erst mal um die Finanzen Gedanken machen sollen. 23 % haben es beschlossen? Dann sollen sie mal schauen, wo sie das Geld herbekommen. Die Bundesregierung und auch die anderen Länder sind mit Sicherheit dafür nicht zuständig." Zum Originalkommentar
Zweifel an demokratischer Legitimation des Volksentscheids
11 Prozent der Leser kritisieren vehement die geringe Wahlbeteiligung beim Hamburger Klimaschutzentscheid. Sie stellen die demokratische Legitimation sowie die Nachhaltigkeit solcher Milliarden-Projekte massiv in Frage und warnen vor einer „demokratischen Farce“.
"Der Fehler liegt im System. Volksentscheide dürfen nur bindend sein, wenn sich mindestens zwei Drittel der Wahlberechtigten daran beteiligt haben. Bei dieser geringen Beteiligung in Hamburg kann doch nicht von einem Volksentscheid gesprochen werden." Zum Originalkommentar
""Von den Wahlberechtigten haben tatsächlich lediglich 23,2 Prozent für mehr Klimaschutz gestimmt" In links-grüner Manier könnte man auch feststellen, dass 76,8 Prozent nicht für mehr Klimaschutz gestimmt haben." Zum Originalkommentar
"Die Außenbezirke waren alle dagegen, wie richtigerweise erklärt, und die Umlandgemeinden, die jeden Tag reinmüssen, wären auch dagegen gewesen, wenn sie hätten mitstimmen dürfen. Eine demokratische Farce ist das, die da aufgeführt wurde." Zum Originalkommentar
"Dieser Volksentscheid hat eine geringere Halbwertszeit als eine Aussage des aktuellen Bundeskanzlers!" Zum Originalkommentar
Plädoyer für Hamburger Eigenfinanzierung
Neun Prozent vertreten die Ansicht, dass die Milliardenkosten für die Hamburger Klimaziele im Verhältnis zur Wirtschaftskraft tragbar erscheinen – jedoch ohne Anspruch auf fremde Gelder. Sie betrachten die Umsetzung als vorwiegend lokale Aufgabe und argumentieren für Eigenverantwortung.
""Klimaneutralität in Hamburg. Jetzt ist von 60 Milliarden Euro die Rede." Klingt natürlich nach viel, aber: BIP Hamburg 2024 162 Milliarden EUR. 60 Milliarden / 15 Jahre = 4 Milliarden pro Jahr. Es sollten also 2,5 % des Hamburger BIPs investiert werden. Das scheint machbar." Zum Originalkommentar
"BIP Hamburg 2024 161,8 Milliarden EUR. 60 Milliarden / 15 Jahre = 4 Milliarden pro Jahr. 4/161,8 = 0,0247 Es sollten also 2,5 % des Hamburger BIPs investiert werden. Das scheint machbar." Zum Originalkommentar
"Tschaka - ihr schafft das! Aber bitte nicht von unserem Geld!" Zum Originalkommentar
""5 Jahre früher ist nicht das Problem, grundsätzlich finde ich lokale Reduzierung von CO2 sinnlos, wenn es dann woanders produziert wird. Reduzierung von CO2 funktioniert nur weltweit."" Zum Originalkommentar
Skepsis gegenüber menschengemachtem Klimawandel und globaler Wirkung
Ein kleinerer Teil (8 %) der Kommentare stellt den menschengemachten Klimawandel oder dessen bundesweite Wirkung grundsätzlich infrage. Diese Sichtweise kritisiert Klimapolitik als lokal wirkungslos gegenüber globalen Großemittenten wie China und sieht sie als ideologisch motiviert. Aus wissenschaftlicher Sicht ist klar: Die Erderwärmung durch menschliche Emissionen gilt als gesichert – entsprechende Stellungnahmen etwa des Intergovernmental Panel on Climate Change untermauern dies. In Hamburg sind zudem verbindliche Emissionsreduktionsziele verabschiedet worden, z. B. eine Reduzierung im Industriesektor um 73 % bis 2030 gegenüber 1990.
"Ich verstehe die Aufregung gar nicht. Das ist doch die Folge der dreisten Lüge des menschengemachten Klimawandels. Mittlerweile glaubt das der deutsche Michel eben. Soll er halt auch die Konsequenzen tragen." Zum Originalkommentar
"Und das ganze Theater nur, weil einige Fanatiker ernsthaft glauben, man könne das Wetter/Klima wirklich wesentlich beeinflussen und den Klimawandel sogar stoppen." Zum Originalkommentar
"Auch wenn das Hamburger Klima dann im CO2-Glauben neutral und die Wirtschaft abgewirtschaftet ist: "Deutsche Anstrengungen macht Peking durch Kohlekraftwerke irrelevant" (focus)" Zum Originalkommentar
Einordnung: Die Ablehnung oder Zweifel an der globalen Wirkung deutscher Klimapolitik lassen sich zwar nachvollziehen, doch sie sollten im Kontext bewertet werden: Auch wenn Deutschland oder Hamburg allein die globale Erwärmung nicht stoppen, tragen sie zum internationalen Gesamtziel bei – und senden zugleich Signalwirkung.
Angst vor explodierenden Mieten und sozialen Verwerfungen
Sieben Prozent der Leser machen sich aufgrund der geplanten Investitionen und Maßnahmen Sorgen um steigende Mieten und soziale Probleme. Sie befürchten, dass besonders Mieter mit den Kosten des Hamburger Klimaentscheids konfrontiert werden.
"Ich geh mal davon aus, dass die Mieten weiter steigen und das scheint gewollt. Haut rein ihr schnödes Volk." Zum Originalkommentar
""140.000 Wohnungen das größte Immobilienunternehmen der Stadt, stehen jetzt Investitionen von 1,5 Milliarden Euro ins Haus....die Miete für eine durchschnittliche Wohnung um 350 Euro im Monat steigen wird"" Zum Originalkommentar
"Als Mieter wird einem nur noch der Weg ins Bürgergeld/neue Grundsicherung bleiben, damit die extrem hohen Mieten vom Amt übernommen werden. Hausbesitzer sollten jetzt verkaufen, bevor die Bude weniger wert ist als die Garage." Zum Originalkommentar
Ironie und Spott
Die Kommentare in der Kategorie „Sonstiges“ – insgesamt 30 Prozent – äußern sich vor allem ironisch, spöttisch oder sarkastisch zu Hamburgs Klimapolitik. Sie nehmen die beschlossenen Maßnahmen und deren Folgen augenzwinkernd auf die Schippe und setzen einen pointierten, oftmals humorvollen Kontrapunkt zur Sachdebatte.
"Keine Panik. Wir sprengen für eine klimaneutrale Zukunft unsere Atomkraftwerke. Ich bin begeistert." Zum Originalkommentar
""Ich erwarte jetzt ein strenges Südfrüchte-Verbot für alle Innenstadtlagen ..." Äh - nein. Für die Randlagen natürlich. Erstens haben die "falsch" abgestimmt und zweitens finden die Bewohner der Innenstadtlagen schon eine passende Begründung, warum wieder mal nur die anderen die Welt retten sollen." Zum Originalkommentar
"Die Hamburger könnten pleite sein, wenn das Hamburger Klima neutral ist bzw. auch schon vorher." Zum Originalkommentar
"Hamburger Labskaus ist ab 2040 nur noch als kalt gekochter Steckrübenmus mit Rote-Bete-Saft zugelassen. "Der Steckrübenwinter bezeichnet eine Hungersnot in Hamburg im Winter 1916/17 während des Ersten Weltkrieges...“" Zum Originalkommentar
"Zaun rum, damit keiner wegziehen kann, der dafür gestimmt hat. Ganz schnell. Hamburg ist ruckzuck pleite und wird Bremen 2, hahaha." Zum Originalkommentar
Diskutieren Sie mit: Glauben Sie, dass Hamburg mit seinem ambitionierten Klimaentscheid ein mutiges Vorbild wagt, oder drohen der Hansestadt und ihren Bürgern unübersehbare Risiken? Ihre Perspektive zählt!