Aktivrente ab 2026: Was die Reform für Bürger bedeutet
Die schwarz-rote Koalition hat sich auf die sogenannte Aktivrente geeinigt. Ab 1. Januar 2026 sollen Menschen im Rentenalter bis zu 2000 Euro im Monat steuerfrei hinzuverdienen dürfen – zusätzlich zu ihrer gesetzlichen Rente. Das Vorhaben soll laut Bundesregierung Anreize schaffen, länger im Berufsleben zu bleiben und damit dem Fachkräftemangel entgegenwirken.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) kündigte an, das Gesetz solle „schon kommende Woche im Kabinett beschlossen“ werden, damit Betroffene „ab 2026 von dieser neuen Möglichkeit Gebrauch machen“. Möglich ist der steuerfreie Zuverdienst ab Erreichen der Regelaltersgrenze – also derzeit ab 66 Jahren – und nur bei einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis.
Ein sogenannter Progressionsvorbehalt – also eine nachträgliche Steuer über die Einkommensteuererklärung – soll nicht greifen, wie Union und SPD gemeinsam betonten. Rentner sollen das zusätzliche Geld direkt über den Lohnsteuerabzug steuerfrei erhalten.
Vorteile: Mehr Arbeitskräfte ohne Erhöhung des Rentenalters
Befürworter sehen in der Aktivrente ein Instrument, um die Lücke auf dem Arbeitsmarkt zu verkleinern. „Die Beschäftigung Älterer ist ein unterschätzter Schlüssel gegen den Fachkräftemangel“, sagte Kanzler Merz.
Auch Wirtschaftsexperten sehen positive Effekte: Laut der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) können viele Ruheständler, die gerne weiterarbeiten möchten, dies künftig leichter in Teilzeit tun. Damit belohne die Reform Menschen, die arbeiten wollen, statt sie zu bestrafen, erhalte ihr Fachwissen und schließe die Arbeitskräftelücke in Deutschland.
Die Aktivrente ist damit auch eine Antwort auf die Kritik am bisherigen Hinzuverdienstrecht: Wer bisher über bestimmte Freibeträge hinaus verdiente, musste seine Einkünfte voll versteuern. Zusätzliche Arbeit lohnte sich oft kaum.
Das SPD-Magazin "Vorwärts" wertet die Aktivrente als Kompromiss: „Während für die SPD eine Anhebung des Renteneintrittsalters nicht infrage kommt, hätte die Union gerne die Lebensarbeitszeit erhöht." Die Aktivrente erreiche beide Ziele.
Nachteile: Teuer, belohnt eher Gutverdiener
Gewerkschaften und Sozialforscher warnen, die Aktivrente löse „nicht das eigentliche Problem".
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) argumentiert, die Reform helfe nur denen, „die ohnehin gut abgesichert sind“. Gerade Bezieher kleiner Rente könnten oft gesundheitlich nicht mehr arbeiten. Sie profitierten nicht.
Außerdem entgehen dem Staat durch die Aktivrente Steuereinnahmen in Höhe von rund 800 Millionen Euro, hat das DIW errechnet. Rund 230.000 Ruheständler seien sofort betroffen. Bringt das Gesetz 75.000 Rentner zusätzlich in Jobs, glichen die Mehreinnahmen die Kosten aus.
Außerdem, merkt das DIW an, dürfte der Bund die Regel bald auf Selbstständige ausdehnen müssen. Das werde teuer und sei aus Gleichbehandlungsgründen kaum vermeidbar. Die Steuerausfälle dürften 800 Millionen Euro dann deutlich übersteigen.
Mindert das Gesetz den Fachkräftemangel entscheidend, könnte es das Geld dennoch wert sein.
Gewerkschaften sprechen von Mogelpackung
Auch die Gewerkschaften äußern Kritik. Laut Tagesschau sprach der DGB von einer „Mogelpackung“, die Ältere zu längerem Arbeiten dränge, statt Altersarmut strukturell zu bekämpfen.
Anja Piel, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds und Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung Bund, sagte, Menschen arbeiten im Ruhestand nur selten aus Geldgründen nicht weiter: Eher zwängen Gesundheit, Arbeitsbedingungen oder das Desinteresse des Arbeitgebers zum Nichtstun. Andere Experten nennen auch die Pflege von Angehörigen angesichts mangelnder Pflegeplätze als Grund.
Piel fordert daher: „Statt pauschaler Steuervorteile für einige wenige, helfen gezielte Maßnahmen allen: bessere Arbeitsbedingungen, damit Menschen gesund bis 65 arbeiten können, altersgerechte Arbeitsplätze und Wege für Frauen aus unfreiwilliger Teilzeit. Das wären die richtigen Antworten auf den demografischen Wandel."
Was die Aktivrente konkret bedeutet
- Start: 1. Januar 2026
- Zielgruppe: Menschen im Rentenalter (ab Regelaltersgrenze)
- Bedingung: sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
- Freibetrag: bis 2000 Euro pro Monat steuerfrei
- Keine spätere Nachversteuerung: kein Progressionsvorbehalt
- Ziel: Anreiz für längeres Arbeiten, Entlastung des Arbeitsmarkts
Wer Recht behält, muss die Zukunft zeigen
Die Aktivrente ist ein politisches Signal, dass Arbeiten im Alter künftig stärker belohnt werden soll. Fitten Rentnern mit attraktiven Jobangeboten bringt das Modell spürbar mehr Netto.
Ob die Aktivrente auch mehr Menschen ins Berufsleben zurückholt oder nur den privilegierten Teil der Ruheständler belohnt, müssen die kommenden Jahren zeigen. Union und SPD ist es den Versuch offenbar wert.
Für einige Rentner bleibt die Aktivrente eine symbolische Reform: Wer beispielsweise unter einer Krankheit leidet oder keinen Job mehr findet, kann einfach nicht arbeiten.