„Diese Partei hasst die Demokratie“ – AfD-Kandidat will Parteienstaat in Deutschland abschaffen

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Bei einem Treffen der AfD Falkensee erzählt ein Abgeordneter von seinen Regierungsplänen. Er will den Parteienstaat abschaffen – Verfassungsschutz ermittelt.

Potsdam – Die AfD ist in den nächsten Skandal verwickelt worden. Bei einem „Bürger-Stammtisch“ des AfD-Ortsverbands Falkensee am 18. Januar in Potsdam habe der AfD-Landtagsabgeordnete Lars Hünich preisgegeben, was die Partei mit einer eventuellen Regierungsverantwortung anstrebe. Die Rede von Hünich wurde vom ZDF-Länderspiegel mitgefilmt und sorgt bundesweit für Empörung. Regionale Probleme seien bei dem Treffen eher zweitrangig gewesen.

Themen bei dem Treffen seien vor allem bundespolitischer Natur gewesen. Neben viel Kritik an der Ampel-Koalition bemängelte Hünich auch die aktuelle Asylpolitik: „Wenn wir morgen Regierungsverantwortung haben, dann muss ein Großteil von denen, die hier sind, wieder nach Hause.“ Erst kürzlich sorgten Forderungen der AfD, Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland zu deportieren, für bundesweite Empörung und Proteste. Doch damit nicht genug. Hünich forderte ebenfalls die Abschaffung des Parteiensystems. „Wenn wir morgen in einer Regierungsverantwortung sind, dann müssen wir diesen Parteienstaat abschaffen“, sagte Hünich bei dem Treffen.

AfD-Treffen in Potsdam ruft Verfassungsschutz auf den Plan

„Wir brauchen keine Parteien, die von dem Staat bezahlt werden, den sie eigentlich kontrollieren und lenken sollen“, wetterte Hünich weiter. Aus den Reihen des Publikums erklingt Applaus. Auf die Worte Hünichs wurden aber noch andere Akteure aufmerksam – der Verfassungsschutz in Brandenburg. „Wir haben das ZDF-Video schon gesichert. Es ist eingeflossen in die Bewertung zur Einstufung der AfD. Weil wir es als Verstoß gegen die Verfassung bewertet haben, was Herr Hünich da gesagt hat: die Abschaffung des Parteienstaates“, teilte der Chef des brandenburgischen Verfassungsschutzes, Jörg Müller, nach Bild-Informationen mit.

Björn Höcke Andreas Kalbitz Lars Hünich Jörg Urban AfD Wahlkampfabschluss zum Brandenburger
Lars Hünich (M.) zusammen mit AfD-Rechtsaußen Björn Höcke (L.) bei einer Wahlkampfveranstaltung. Hünich forderte bei einer Rede die Abschaffung des deutschen Parteiensystems. (Archivbild) © Olaf Selchow/IMAGO

Die AfD stellt in Brandenburg bislang „nur“ einen rechtsextremen Verdachtsfall dar. Auf Anfrage von IPPEN.MEDIA teilte ein Pressesprecher des Verfassungsschutzes Brandenburg mit, dass die Forderungen nach Abschaffung des Parteiensystems als „ein klarer Angriff auf die freiheitlich demokratische Grundordnung“ zu bewerten seien. Demnach sind Parteien in Deutschland laut Verfassungsschutz durch das Grundgesetz geschützt und Bestandteil der Willensbildung des Volkes.

Das Ziel der AfD sei, „den Diskurs zu bestimmen und die Grenzen des Sagbaren zu verschieben“, so Pressesprecher Andreas Carl. Gleichzeitig versuche sie „Anschluss an die allgemeine Kritik an der Bundesregierung zu finden“. Forderungen nach Abschaffung des Parteistaates habe es außerdem schon einmal gegeben. „Diese gab es bereits in der Weimarer Republik“, so der Verfassungsschutz.

SPD wirft AfD Pläne für „nicht-demokratischen Staat“ vor

Laut Länderspiegel hat die AfD gute Chancen, bei den Wahlen in Brandenburg als stärkste Kraft hervorzugehen. Vielleicht versucht AfD-Politikerin Lena Kotré deshalb, Hünichs Aussagen herunterzuspielen. Die brandenburgische Landtagsabgeordnete argumentiere, dass Politiker in einem Parteienstaat laut Wikipedia nur bereits entschiedenes im Parlament abstimmen würden, berichtet die Bild. Nach Auffassung Kotrés sei Hünich somit „für mehr Demokratie“.

SPD-Politiker Andreas Noack widerspricht Kotré entschieden. „Sie wollen einen anderen, nicht-demokratischen Staat“, sagt Noack. Laut Noack will die AfD andere Parteien „nicht mehr haben“. Ohne diese müsse die AfD nicht mehr mit Widerspruch rechnen. Michael Stübgen, Innenminister von Brandenburg, teilte auf Anfrage mit, dass mit dem „Kampfbegriff Parteienstaat“ schon einmal die parlamentarische Demokratie abgeschafft wurde. „Das war 1933 und danach folgte eine Diktatur des Schreckens. Um es mit den Worten der AfD-Vorsitzenden zu formulieren: Mit solchen Forderungen zeigt die AfD eins ganz deutlich, diese Partei hasst die Demokratie.“ (nhi)

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