Welche Gefahr geht von Russland auf die NATO aus? Der dänische Geheimdienst warnt in einem Bericht vor zunehmende Aggressionen. Moskau treffe bereits Vorbereitungen.
Kopenhagen – Der dänische Auslandsnachrichtendienst Forsvarets Efterretningstjeneste (FE) hat in seiner aktuellen Risikoeinschätzung eine alarmierende Warnung ausgesprochen: Russland bereitet sich nach Einschätzung des Nachrichtendiensts auf einen möglichen Krieg gegen die NATO vor.
Laut dem am Mittwoch veröffentlichten FE-Bericht könnte Russland bereits 2027 für einen lokalen Krieg bereit sein, gefolgt von der Fähigkeit zu einem regionalen Krieg im Jahr 2028 und einem großangelegten Krieg bis 2031. Der dänische Geheimdienst betont: „Russland bereitet sich auf einen Krieg gegen die NATO vor. Das bedeutet nicht, dass eine Entscheidung getroffen wurde, einen solchen Krieg zu beginnen, aber Russland rüstet auf und baut die Kapazitäten auf, um diese Entscheidung treffen zu können.“
Dänischer Geheimdienst warnt vor Aggressionen Russlands – Ostseeregion im Fokus
Besonders besorgniserregend ist die Situation dem Bericht zufolge in der Ostseeregion, die als Gebiet mit dem höchsten Risiko für eine militärische Konfrontation zwischen Russland und der NATO identifiziert wurde. Das militärische Verhalten Russlands in der Nähe Dänemarks sei zunehmend herausfordernd geworden. Der Geheimdienst warnt vor einer Intensivierung „hybrider Angriffe“ gegen die NATO und einer Zunahme aggressiver Aktionen russischer Militärschiffe und -flugzeuge in der Region. Eine „direkte Gefahr“ für Dänemark sieht der Geheimdienst in dem Bericht jedoch nicht.
Zwar werde der andauernde Ukraine-Krieg vorerst die russischen Ressourcen binden, jedoch warnten die Autoren davor, dass die russische Militärindustrie in den kommenden Jahren mehr produzieren wird als alle europäischen Länder zusammen. Diese industrielle Überlegenheit könnte das Kräfteverhältnis in Europa signifikant verschieben und stellt eine ernsthafte Herausforderung für die NATO-Staaten dar.
Vorbereitung für NATO-Angriff? Putin beschwört „ewigen Konflikt mit dem Westen“
Der dänische Nachrichtendienst geht davon aus, dass die aktuelle Konfrontation langfristige Folgen haben wird. Präsident Wladimir Putin arbeitet seit längerem daran, die Bevölkerung in Russland mit der Idee eines „ewigen Konflikts Russlands mit dem Westen“ zu indoktrinieren. „Diese Indoktrinierung wird langfristige negative Folgen für Russlands Beziehungen zum Westen haben, die über Putins Lebenszeit hinausreichen“, heißt es in dem Bericht. Die Spannungen zwischen Russland und der NATO könnten somit über Jahre hinweg aufrechterhalten werden.
Bereits in diesem Jahr war es wiederholt zu Vorfällen im Grenzgebiet zwischen Russland und der NATO gekommen. NATO-Kampfjets haben dabei auch erstmal russische Drohnen über Polen abgeschossen, welche den Luftraum verletzt hatten. Auch bei diverse Störaktionen mit Drohnen über Skandinavien und Deutschland wird eine russische Beteiligung vermutet. Der Kreml wies die Vorwürfe bislang stets zurück, doch Experten vermutet ein gezieltes Vorgehen Russlands, um die Reaktionen der NATO-Staaten auszuloten.
Russlands hybrider Krieg: Unsicherheiten über Rolle der USA in der NATO
Die Warnung des dänischen Geheimdienstes erhält auch mit Blick auf die zukünftige Sicherheitsarchitektur Europas an Relevanz. Insbesondere die Unsicherheit über die Rolle der USA als Sicherheitsgarant in Europa verstärkt die Notwendigkeit einer koordinierten europäischen Antwort auf die russische Bedrohung. Erst in der vergangenen Woche hatte US-Präsident Donald Trump ein neues Strategiepapier für die Beziehungen zur EU veröffentlicht.
„Sie reden zu viel – und sie liefern nicht“, sagte Trump in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit Politico über die NATO-Mitglieder in Europa. Bereits vor seinem Amtsantritt im Februar kursierten Gerüchte, dass Trump die USA aus der NATO herausführen wolle. Auch wenn es dazu bislang noch nicht gekommen ist, bleibt die Lage unsicher. (Quelle: dpa, Politico, Forsvarets Efterretningstjeneste) (fdu)