„Bündniskanzler“ Habeck laut neuer Umfrage plötzlich beliebtester Kandidat – Merz-Werte sacken ab
Wie zufrieden potenzielle Wähler mit den Spitzen- und Kanzlerkandidaten sind, zeigt der aktuelle „Deutschlandtrend“. Derzeit liegt Habeck vor Merz – Scholz weit hinten.
Berlin – Im diesjährigen verkürzten Wahlkampf bis zur Bundestagswahl am 23. Februar bleiben den Parteien und ihren Kanzlerkandidaten nur noch rund sechs Wochen, um für sich zu werben. Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) und AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel könnten dabei vom Bruch der Ampel-Koalition profitieren, den Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck als Bürde im Rücken haben.
Die Grünen starteten Anfang der Woche in Habecks Heimat Schleswig-Holstein in den Wahlkampf. Dabei trat ihr Spitzenkandidat bislang als „Bündniskanzler“ auf und appellierte an die Parteien, im Anschluss der Bundestagswahl aufeinander zuzugehen und Gespräche zur Koalitionsbildung konstruktiv voranzubringen – wobei er auch vor der misslungenen Regierungsbildung in Österreich warnte. Wie es um die Zustimmung und Ablehnung der Kanzlerkandidaten in der Wählergunst steht, wird wenige Wochen vor der Wahl aber auch in Umfragen sichtbar. So nun auch im jüngsten Deutschlandtrend des Umfrageinstituts Infratest Dimap.
Alle Kanzler- und Spitzenkandidaten kommen Deutschlandtrend auf weniger als 30 Prozent Zufriedenheit
In den vergangenen Jahren vermochten es die Spitzenkandidaten verschiedener Parteien kaum mehr, eine große Mehrheit der Wählerschaft hinter sich zu bringen. Nur Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) genoss unter potenzielle Wahlberechtigten viel Zustimmung, wie sich über Monate hinweg etwa an Umfragewerten des ZDF-Politbarometers oder anhand einer Infratest-Dimap-Umfrage aus dem November zeigte: Damals hielten 60 Prozent der Befragten Pistorius für einen geeigneten SPD-Spitzenkandidaten bei der Bundestagswahl, Scholz dagegen nur 21 Prozent.

Nun gibt es einen neuen Deutschlandtrend, den das Umfrageinstitut Infratest Dimap im Auftrag der ARD-Tagesthemen und der Welt erhob. Und in ihm zeigt sich, wie schwer es die Spitzenkandidaten der Parteien aktuell haben, Vertrauen in der Wählerschaft zu gewinnen: Denn keiner von ihnen schafft es im jüngst veröffentlichten Deutschlandtrend auf eine Zustimmung oberhalb der 30-Prozent-Marke.
Am zufriedensten sind die Befragten mit Grünen-Kanzlerkandidat Habeck
Ausgangsfrage des Deutschlandtrends war, wie „zufrieden“ oder „unzufrieden“ die Befragten mit den jeweiligen Spitzenkandidaten der Parteien sind. Für den Deutschlandtrend hat Infratest Dimap vom 6. bis 8. Januar 1323 Wahlberechtigte in 785 Telefoninterviews und 538 Online-Interviews befragt. Die Fehlertoleranz liegt zwischen zwei und drei Prozentpunkten. Mit insgesamt 28 Prozent gelang es dem Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz und Grünen-Kanzlerkandidat Habeck noch, am meisten Zufriedenheit potenzieller Wähler auf sich zu versammeln.
Damit kommt Habeck zwar auf einen Prozentpunkt weniger Zustimmung als im letzten Deutschlandtrend Anfang Dezember. Doch es reicht, um Unionskanzlerkandidat Merz (25 Prozent) mit etwas Abstand hinter sich zu lassen. Merz selbst muss im aktuellen Deutschlandtrend einen Rückschlag einstecken, denn im Vergleich zum Dezember gaben 5 Prozent weniger Befragte an, „zufrieden“ mit dem CDU-Spitzenkandidaten zu sein. Zuletzt war Merz vor allem mit seiner Haltung in der Migrations- und Asylpolitik auf Gegenwind gestoßen.
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Gefolgt werden Habeck und Merz von BSW-Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht, die 21 Prozent (+1 Prozent) zufriedene Wähler hinter sich vereint. Damit ist sie gleichauf mit Ex-Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), der ebenso wie Wagenknecht einen Prozentpunkt an Zustimmung im Dezember-Vergleich gut macht. Am unteren Ende des Tableaus finden sich mit nur 20 Prozent zufriedenen Wählern AfD-Spitzenkandidatin Weidel (-1 Prozent) und SPD-Kanzlerkandidat Scholz (-3 Prozent) wieder. Führen dagegen tut Scholz in einem Negativ-Wert: 77 Prozent der Befragten gaben an, „weniger“ oder „gar nicht zufrieden“ mit ihm zu sein. Gefolgt wird Scholz in dieser Frage FDP-Spitzenkandidat Lindner, mit dem 73 Prozent weniger bis gar nicht zufrieden sind.
Von Scholz’ „Aufholjagd“ ist in Umfragen zur Bundestagswahl bislang nichts zu sehen
Am Samstag wollen die Sozialdemokraten ihren Spitzenkandidaten Scholz entgegen dem Ampel-Aus und niedriger Zustimmung unter Wählern erneut zu ihrem Kandidaten für das Kanzleramt küren. Scholz selbst hatte vor Kurzem noch angekündigt, im kurzen Wahlkampf eine „Aufholjagd“ gegenüber der Union und ihrem Spitzenkandidaten Merz einleiten zu wollen. Wie aber steht es um die Parteien hinter den Spitzenkandidaten sechs Wochen vor der Bundestagswahl im aktuellen Deutschlandtrend von Infratest Dimap?
Mit Blick auf die Erhebung lässt sich resümieren: Zwar sind leichte Verschiebungen im Rahmen der Wählergunst spürbar, doch von einer „Aufholjagd“, wie Scholz sie nannte, kann noch keine Rede sein. Im Vergleich zu Mitte Dezember verbessert sich leicht auf 15 Prozent (+1 Prozent), womit sie weiter deutlich hinter der Union liegt. CDU/CSU büßen zwei Prozentpunkte ein und schaffen es auf 31 Prozent Wähleranteil. Zwischen Union und SPD auf Platz zwei liegt die AfD mit nun 20 Prozent (+1) – ihr bester Wert seit rund einem Jahr.
Die Grünen kommen unverändert auf 14 Prozent. Dahinter müssen nach aktuellem Stand gleich drei Parteien darum kämpfen, überhaupt die Fünf-Prozent-Hürde zu überwinden. Am besten stehen die Aussichten derzeit für das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das auf fünf Prozent kommt. FDP und Linke dagegen liegen aktuell bei 4 Prozent (jeweils +1). Alle anderen Parteien kommen zusammen auf sieben Prozent. (fh)