Wahlrechtsreform - Diese 23 Wahlkreissieger kommen nicht in den Bundestag – Großteil von der Union
Auch wenn die Union der Wahlsieger ist, gibt es besonders bei CDU und CSU Frust. Denn mehrere Abgeordnete dürfen trotz ihres Wahlerfolgs nicht in den Bundestag einziehen. Was sagen sie dazu?
Mehrere siegreiche Wahlkreis-Kandidaten haben sich schwer verärgert geäußert, weil sie trotz ihres Erfolgs nicht in den Bundestag einziehen. Der Augsburger CSU-Politiker Volker Ullrich nannte das neue Wahlrecht auf der Plattform X „unfair und undemokratisch“.
„Den hart umkämpften Wahlkreis Augsburg habe ich mit 31,1 Prozent und über 10 Prozentpunkten Vorsprung gewonnen. Und dennoch nicht im Bundestag?“, schrieb Ullrich. „Verloren haben vor allem meine Wähler und das Vertrauen in die Demokratie.“
Der Sieger im Wahlkreis Stuttgart II, Maximilian Mörseburg (CDU), sprach von einem unhaltbaren Zustand. „Das ist für mich einfach nicht hinnehmbar.“
Bundesweit gehen 23 erfolgreiche Direktkandidaten leer aus
Das neue Wahlrecht sieht vor, dass für eine Partei nur so viele Wahlkreis-Sieger in den Bundestag einziehen, wie die Partei Zweitstimmen erreicht hat. Gibt es mehr Erststimmen-Sieger, bleiben die mit dem schwächsten Ergebnis außen vor.
Bundesweit sind 23 Kandidaten davon betroffen. Darunter CDU-Frau Petra Nicolaisen, die sich in ihrem Wahlkreis unter anderem gegen Robert Habeck durchsetzte. Außerdem: Melis Sekmen, die im vergangenen Jahr für Wirbel sorgte, als sie von den Grünen zur CDU wechselte.
Diese Wahlkreissieger kommen nicht in den Bundestag
- Wahlkreis 1 Flensburg – Schleswig: Petra Nicolaisen (CDU), 26,5 Prozent
- Wahlkreis 14 Rostock – Landkreis Rostock II: Steffi Burmeister (AfD), 26,8 Prozent
- Wahlkreis 54 Bremen I: Ulrike Hiller (SPD), 25,2 Prozent
- Wahlkreis 58 Oberhavel – Havelland II: Andreas Galau (AfD), 30,8 Prozent
- Wahlkreis 71 Halle: Alexander Raue (AfD), 30,6 Prozent
- Wahlkreis 151 Leipzig I: Christian Kriegel (AfD), 25,0 Prozent
- Wahlkreis 169 Schwalm-Eder: Anna-Maria Bischof (CDU), 30,1 Prozent
- Wahlkreis 181 Frankfurt am Main I: Yannick Schwander (CDU), 26,0 Prozent
- Wahlkreis 182 Frankfurt am Main II: Leopold Born (CDU), 27,4 Prozent
- Wahlkreis 183 Groß-Gerau: Marcus Kretschmann (CDU), 30,3 Prozent
- Wahlkreis 185 Darmstadt: Astrid Mannes (CDU), 26,7 Prozent
- Wahlkreis 202 Trier: Dominik Sienkiewicz (CDU), 30,8 Prozent
- Wahlkreis 204 Mainz: Ursula Groden-Kranich (CDU), 27,3 Prozent
- Wahlkreis 206 Ludwigshafen/Frankenthal: Sertac Bilgin (CDU), 27,1 Prozent
- Wahlkreis 218 München-Süd: Claudia Küng (CSU), 30,4 Prozent
- Wahlkreis 243 Nürnberg-Nord: Sebastian Brehm (CSU), 30,2 Prozent
- Wahlkreis 251 Augsburg-Stadt: Volker Ullrich (CSU), 31,1 Prozent
- Wahlkreis 259 Stuttgart II: Maximilian Mörseburg (CDU), 30,4 Prozent
- Wahlkreis 274 Heidelberg: Alexander Föhr (CDU), 29,2 Prozent
- Wahlkreis 275 Mannheim: Melis Sekmen (CDU), 24,7 Prozent
- Wahlkreis 277 Rhein-Neckar: Moritz Oppelt (CDU), 34,4 Prozent
- Wahlkreis 282 Lörrach - Müllheim: Stefan Glaser (CDU), 33,2 Prozent
- Wahlkreis 290 Tübingen: Christoph Naser (CDU), 31,7 Prozent
Insgesamt sind es 15 Politiker von der CDU, 4 von der AfD, 3 von der CSU und 1 von der SPD, die trotz ihres Siegs nicht in den Bundestag einziehen.
In 19 dieser Wahlkreise zieht ein anderer, unterlegener Wahlkreis-Kandidat noch über die Landesliste seiner Partei ins Parlament ein - 4 Wahlkreise sind gar nicht mehr im Bundestag vertreten.
Augsburger Abgeordneter nach Mandatsverlust sauer
Das Video eines Reporters des Bayerischen Rundfunks zeigte Ullrich am Wahlabend sichtlich aufgebracht im Gespräch mit Kulturstaatsministerin und Grünen-Wahlkreiskandidatin Claudia Roth in Augsburg. „Sie sind keine Demokratin diesbezüglich“, sagte Ullrich.
Mehreren Medien zufolge soll er Roth und einem FDP-Abgeordneten den angebotenen Handschlag verweigert haben. Ullrich äußerte sich auf Nachfrage zunächst nicht dazu.
Änderung des Wahlrechts gefordert
Auch der CDU-Politiker Christoph Naser aus dem Wahlkreis Tübingen, der ebenfalls nicht dem Bundestag angehören wird, sagte, er sei enttäuscht. „Mein Vorschlag wäre, dass die Wahlkreise insgesamt etwas vergrößert werden in ganz Deutschland. Wenn man die Anzahl der Wahlkreise reduziert, hat man automatisch weniger Grundmandate. Dadurch wäre eine Reduktion der Gesamtanzahl der Abgeordneten im Bundestag möglich.“
Der Stuttgarter CDU-Wahlkreissieger Mörseburg sprach von einem unhaltbaren Zustand. „Ich konnte schon seit Monaten damit rechnen, dass es eine hohe Wahrscheinlichkeit gibt, dass es so kommt.“ Er werde aber sein persönliches Glück nicht davon abhängig machen. „Jeder Wahlkreis hat das Recht darauf in einer repräsentativen Demokratie im Bundestag vertreten zu sein. Es gibt viele Möglichkeiten, zum Beispiel die Anzahl der Wahlkreise zu reduzieren.“