Energie aus Pferde- und Hühnermist: Gemeinderat macht Weg für besondere Biogasanlage frei

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Bei einem Ortstermin in Biberach nahmen die Peitinger Gemeinderäte eine Biogasanlage, wie sie in Peiting entstehen soll, in Augenschein. © Gemeinde Peiting

In Peiting will ein Investor eine Biogasanlage errichten, mit der aus Mist Biomethan und Dünger erzeugt werden sollen. Nachdem das Vorhaben im Oktober für reichlich Diskussionen im Gemeinderat gesorgt hatte, gab das Gremium jetzt trotz Bedenken grünes Licht.

Peiting – Hinter dem Projekt steckt, wie bereits berichtet, das Unternehmen Renergon, das sich auf Technologien rund um die Biogasproduktion aus biogenen Abfällen spezialisiert hat. Das Funktionsprinzip der Biogasanlage, die auf einer landwirtschaftlichen Fläche zwischen Hauser Straße und Eselbrunnenweg realisiert werden soll, ist schnell erklärt.

Angelieferter Pferde- und Hühnermist landet in speziellen Behältern, wo er vergärt. Durch den Vorgang entsteht Biomethan, das im Falle Peitings in das bestehende Gasnetz eingespeist werden soll. Die zurückbleibenden Reststoffe kehren wiederum als Dünger zu den Ursprungs-Betrieben zurück.

Soweit die Theorie, die im Gemeinderat im vergangenen Oktober durchaus Anklang fand, als Vertreter des Investors ihre Pläne öffentlich vorstellten. Dennoch war die Skepsis groß. Vor allem um eine mögliche Geruchs- und Lärmbelästigung sorgte sich so manches Gremiumsmitglied. Am Ende wurde eine Entscheidung vertagt. Erst wollte man sich einen Eindruck aus der Praxis verschaffen.

Mit dem Bus ging es deshalb für die Gemeinderäte im November nach Biberach, wo eine vergleichbare Anlage steht. In der jüngsten Sitzung am Dienstag zog Bürgermeister Peter Ostenrieder ein positives Fazit der Reise. Es habe sich gezeigt, dass weder Geruch noch Lärm ein Problem seien, fasste er zusammen, weshalb man heute über die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans spreche.

Blick auf die Kammern, in denen das angelieferte Material hinter luftdicht verschlossenen Türen vergärt wird.
Blick auf die Kammern, in denen das angelieferte Material hinter luftdicht verschlossenen Türen vergärt wird. © Gemeinde Peiting

Tatsächlich hatte sich der Besuch nicht nur aus Sicht des Rathauschefs gelohnt. Er sei wegen des Geruchs skeptisch gewesen, nun aber „total überzeugt“, bekundete BVP-Rat Hermann Mödl. „Da dringt nichts nach außen.“ Auch Anwohner hätten ihm bestätigt, dass es vielleicht an zwei, drei Tagen im Jahr rieche, wenn viel Gras verarbeitet werde. Aber das sei in Peiting nicht der Fall.

Doch wie sei das mit dem Hühnermist, der neben Pferdemist in der Peitinger Anlage verwendet werden solle. „Riecht der nicht strenger?“, wollte Petra Friebel (Grüne) wissen. Eine Antwort erhielt sie von Franz Seidel (BVP), der mit seinem Lohnunternehmen als Betreiber der geplanten Anlage fungieren wird. Dies sei zwar richtig, doch dieser würde nur zehn bis 15 Prozent der geplanten Jahresmenge von 22 000 Tonnen ausmachen. Der Mist rieche zudem nur, wenn er bewegt werde. Die Kammern seien während des Vergärungsprozesses luftdicht verschlossen, beim Öffnen werde das Gas abgesaugt.

Doch manch einer blieb skeptisch. Weniger wegen des Geruchs, sondern weil der Standort in den Augen der Kritiker der falsche ist. Andreas Barnsteiner (BVP) warnte vor einem Industriebetrieb im Außenbereich und sorgte sich um das Grundwasser, das dort sehr hoch stehe. Diese Sorge teilte auch sein Fraktionskollege Josef Sellmaier. „Wir versiegeln noch mehr Fläche, dabei haben wir in Birkenried schon Probleme mit Wasser bei Starkregen.“ Auch die Zuwegung für die Anlieferung und Abholung hielt er für problematisch.

Auf der rot gekennzeichneten Fläche im Bereich Eselsbrunnenweg/Hauser Straße könnte die Biogasanlage entstehen. Unten links im Bild zu sehen ist die Kleingartenanlage.
Auf der rot gekennzeichneten Fläche im Bereich Eselsbrunnenweg/Hauser Straße soll die Biogasanlage entstehen. © Bayern Atlas

Christian Lory (Unabhängige) erneuerte seine Befürchtung, dass man bei einer Genehmigung Tür und Tor für ein Gewerbegebiet öffne. „Das wäre das falsche Signal.“ Seine Fraktionskollegen Alex Zila und Alfred Jocher fürchteten dazu um das beliebte Naherholungsgebiet in dem Bereich.

Für die große Mehrheit allerdings überwogen die Vorteile. „Wir müssen die Energiewende voranbringen“, sagte Marion Gillinger (ÖDP), die von einer „sinnvollen Wertschöpfung“ sprach, auch wenn der Standort vielleicht „nicht ideal“ sei. Immerhin 700 Haushalte ließen sich laut Seidel mit dem erzeugten Biogas versorgen. Dessen Einspeisung sei zudem wichtig, um das vorhandene Gasnetz im Ort zu erhalten, argumentierten die Befürworter. Auch Stephan Walter (CSU) brach eine Lanze für das Projekt. „Wir brauchen die Energie. Da will ich mir nicht nachsagen lassen, dass wir nicht mutig genug gewesen sind, den Menschen etwas zuzumuten.“

Kritiker in der Minderheit

Mit einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan, der in dem Fall nötig sei, habe man zudem als Gemeinde das Heft in der Hand, gab Herbert Salzmann (SPD) zu bedenken. Noch offene Punkte wie die Zu- und Abfahrten der Lkw, die auch er als Problem sehe, ließen sich per Vertrag regeln. Würde ein Landwirt das Vorhaben umsetzen, wäre man wegen der Privilegierung als Gemeinde dagegen außen vor.

Wir brauchen die Energie. Da will ich mir nicht nachsagen lassen, dass wir nicht mutig genug gewesen sind, den Menschen etwas zuzumuten.

Darauf wies auch Ostenrieder hin. Im Rahmen des Verfahrens werde zudem ein „wahnsinniger Prüfprozess“ auf das Vorhaben zukommen. Tatsächlich sei eine Umsetzung noch längst nicht sicher, sagte Norbert Merk (CSU) etwa mit Blick auf das geltende Anbindegebot. „Das kann auch noch komplett kippen.“

Erst einmal stellte der Gemeinderat die nötigen Weichen. Mit 17:5-Stimmen wurde sowohl die Aufstellung des Bebauungsplans als auch die nötige Änderung des Flächennutzungsplans auf den Weg gebracht.

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