Netanjahu-Rivale Benny Gantz fordert Neuwahl in Israel

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Gantz‘ Forderung nach Neuwahlen könnte Netanjahus Ära vorzeitig beenden. Die Likud-Partei wehrt sich. Das Kräftespiel versetzt das Land in Spannung.

Tel Aviv – Der derzeit in Umfragen führende israelische Minister Benny Gantz hat vorgezogene Neuwahlen gefordert. „Wir werden bald die Wähler aufrufen“, sagte Gantz am Mittwochabend in einer aus seinem Parlamentsbüro in Jerusalem übertragenen Rede. Für die Parlamentswahl müsse „einvernehmlich“ ein Datum im September festgelegt werden, sagte Gantz weiter. Die eigentlichen Parlamentswahlen wären erst im Oktober 2026. Er habe Regierungschef Benjamin Netanjahu über die Absichten seiner Partei informiert.

Für die Ausrufung von Neuwahlen wäre eine absolute Mehrheit von 61 der 120 Knesset-Abgeordneten nötig. Netanjahus nationalkonservative Likud-Partei hatte bei den bisher letzten Wahlen im Dezember 2022 32 Sitze erhalten. Bei einer Neuwahl würde Gantz‘ Nationale Union laut Umfragen mit Abstand die stärkste Partei werden, während die Likud-Partei massiv an Beliebtheit verloren hat. Gantz war nach dem Großangriff der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 einer nationalen Einheitsregierung unter Führung Netanjahus beigetreten und trat als ehemaliger General in das Kriegskabinett ein. Nun hätte er bei einer Neuwahl Chancen auf den Posten als Ministerpräsident.

Netanjahus Likud-Partei stellt sich quer – trotz Missmut in der Bevölkerung

Die Likud-Partei wies Gantz‘ Forderung prompt zurück. Wahlen würden angesichts des andauernden Kriegs „unvermeidlich zum Stillstand“ im Land führen und „würden dem Kampf der Armee“ im Gazastreifen schaden, hieß es in einer Erklärung. Auch eine Spaltung des Landes sowie schwindende Möglichkeiten der Geiselfreilassung im Krieg in Israel wurden prognostiziert, jedoch ohne genaue Begründung. Die Regierung würde weitermachen, bis alle Kriegsziele erreicht seien, so die Likud-Partei laut der dpa.

Bislang entstehen aus der Forderung des Mitglieds des israelischen Kriegskabinetts keine Konsequenzen. Regierungschef Netanjahu steht derzeit jedoch unter erheblichem politischen Druck. In den vergangenen Tagen waren Abend für Abend mehrere Tausend Menschen in Tel Aviv und Jerusalem für seinen Rücktritt auf die Straße gegangen. Erstmals schlossen sich bei den Protesten Regierungsgegner und Angehörige der von der Hamas und anderen Islamisten in den Gazastreifen verschleppten Geiseln zusammen.

Jüngsten Umfragen zufolge läge Gantz‘ zentristische Partei bei Neuwahlen deutlich vor Netanjahus Likud. Die Beliebtheitswerte des Regierungschefs sind seit dem Hamas-Angriff deutlich gesunken. Viele Israelis werfen Netanjahu außerdem vor, bislang keine persönliche Verantwortung dafür eingeräumt zu haben, dass der Hamas-Angriff am 7. Oktober geschehen konnte. „Sie haben die Hamas genährt und großgemacht“, wirft die Geisel-Angehörige Einav Zangauker Netanjahu bei der Demonstration am Dienstagabend (02. April) vor und erntet tosenden Applaus: „Es ist alles Ihre Schuld, Sie sind der Verräter.“

Mehrheit wünscht sich Neuwahlen – Netanjahu laut Umfragen so gut wie chancenlos

„Netanjahu ist schon oft politisch zu Grabe getragen worden und hat sich wieder aufgerappelt“, sagt der Politikwissenschaftler Emmanuel Navon, einst selbst Mitglied in Netanjahus Likud-Partei, der AFP. „Aber dieses Mal ist es wegen des 7. Oktober anders. Es ist nicht mehr dasselbe Land.“ Lediglich vier Prozent der israelischen Befragten vertrauten einer Umfrage Ende 2023 ihrem jetzigen Regierungschef. Bei immer stärker werdenden Protesten schließen sich mit den regierungskritischen Demonstranten auch Angehörige von Geiseln an.

Benny Gantz, Vorsitzender der Nationalen Einheit und Mitglied des israelischen Kriegskabinetts, spricht in der Knesset zur Presse.
Benny Gantz hat den Sieg bei der nächsten Wahl laut aktuellen Umfragen so gut wie in der Tasche. © IMAGO/UPI Photo/DEBBIE HILL

In den USA begrüßte Chuck Schumer, der Netanjahu-kritische Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Gantz‘ Aufruf. „Wenn ein prominentes Mitglied des israelischen Kriegskabinetts zu vorgezogenen Wahlen aufruft und 70 Prozent der israelischen Bevölkerung dies laut einer großen Umfrage befürworten, weiß man, dass es das Richtige ist“, schrieb Schumer im Online-Dienst X. Schumer, der ranghöchste jüdische Mandatsträger in den USA, hatte sich im März in einer aufsehenerregenden Rede für einen Regierungswechsel in Israel ausgesprochen. (lismah/afp)

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