BMW, Mercedes-Benz und VW: Darum leiden Deutschlands Autobauer auch im Jahr 2025
613 Milliarden Euro haben die drei deutschen Autobauer BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen im vergangenen Jahr umgesetzt. Trotz aller Unkenrufe und Sparprogramme waren das immer noch rund 30 Prozent des gesamten Umsatzes der 16 global führenden Hersteller. Allerdings: Der Anteil der deutschen Hersteller sinkt und wird sich dieses Jahr laut einer Analyse der Unternehmensberatung EY auch nicht erholen. Drei Dinge machen Deutschlands Konzernen zu schaffen:
1. Die sinkende Nachfrage nach (Elektro-)Autos
Der globale Automarkt wächst: 77,6 Millionen Fahrzeuge wurden im vergangenen Jahr neu zugelassen, rund drei Prozent mehr als im Jahr davor. Doch der Markt wächst nicht in Deutschland. Auf dem Heimatmarkt ging die Zahl der Zulassungen 2024 um rund 1,0 Prozent auf 2,8 Millionen Neuwagen zurück. Innerhalb der EU stagnierte der Markt und wuchs lediglich um 84.000 Autos bei 10,6 Millionen Neuzulassungen insgesamt. Das ist ein mageres Plus von 0,8 Prozent. Doch gerade diese Märkte sind wichtig für die deutschen Hersteller. BMW und Mercedes machen rund ein Viertel ihres Geschäfts in Deutschland und der EU, bei VW sind es sogar fast 40 Prozent.
Noch schlimmer ist da die Entwicklung auf dem Zukunftsmarkt der Elektroautos. Deren Absatz stieg 2024 global um rund 10 Prozent auf elf Millionen Autos. Hinzu kommen rund 6,4 Millionen Plug-In-Hybride, was ein Plus von 58 Prozent gegenüber dem Vorjahr ist. Ein Großteil dieses Wachstums findet allerdings in China statt, wo es für beide Arten zusammen um rund 40 Prozent und für rein batteriebetriebene Autos um 16 Prozent nach oben ging. In den USA stieg der Absatz von reinen E-Autos um etwa 9 Prozent. Deutschland und die EU hinken aber auch hier hinterher: Bei uns wurden 27 Prozent weniger Elektroautos zugelassen als im Vorjahr, die Zahl sank auf 380.609 Fahrzeuge. Bei Hybriden ging es immerhin noch um 9,2 Prozent auf fast 950.000 Autos nach oben, aber auch langsamer als der weltweite Trend. Auch innerhalb der gesamten EU gingen die Absätze zurück: Reine Elektroautos verkauften sich um rund 6 Prozent schlechter als im Vorjahr, Hybride um etwa 4 Prozent.
Damit stehen deutsche Autobauer mit ihrem hohen Fokus auf die Heimatmärkte Deutschland und Europa schon einmal schlechter da als Konkurrenten. Japans Riese Toyota macht etwa nur zehn Prozent seines Umsatzes in Europa. Chinas BYD ist hier so gut wie noch gar nicht vertreten und die US-Riesen Tesla und General Motors liegen bei zehn beziehungsweise drei Prozent.
2. Preiskampf
Die Neuzulassungen von Autos erreichten bereits 2018 ihren Höhepunkt und knickten danach vor allem in der Corona-Krise ein. Den deutschen Autobauern gelang aber das Kunststück, ihre Profite dennoch zu steigern. BMW legte von 2018 bis 2022 um 225 Prozent auf 23,5 Milliarden Euro Nachsteuergewinn zu. Bei Mercedes-Benz ging es von im selben Zeitraum um 220 Prozent auf 23,0 Milliarden Euro nach oben und bei Volkswagen bis 2023 um 50 Prozent auf 23,2 Milliarden Euro.
Dahinter steckte eine intelligente Strategie. Weil gerade in der Corona-Krise Lieferketten gestört waren und Rohstoffe sowie Zwischenprodukte knapp waren, setzten die deutschen Hersteller sie vorzugsweise für hochpreisige Modelle ein. Das war eine Goldgrube, so lange die Menschen krisenbedingt ihr Geld nicht für andere Dinge ausgeben konnten und so, wer es sich leisten konnte, gerne in ein luxuriöses Auto investierte.
Doch die Zeiten haben sich schnell geändert. Die hohe Inflation und die schwächelnde Wirtschaft – nicht nur, aber gerade in Deutschland – machen Luxusautos unbeliebter. In China haben sich die günstigen Elektroautos von BYD und seinen Konkurrenten längst durchgesetzt und drängen jetzt auch nach Europa. Darauf sind die deutschen Autobauer nicht vorbereitet. Das gilt gerade für den Elektroauto-Markt. Mit den 15.000 Euro, die BYD umgerechnet für seine Kleinwagen in China verlangt, können die Deutschen nicht mithalten. „Wenn Sie 2025 kein E-Mobil für unter 20.000 Euro anbieten, dann werden Sie – so fürchte ich – im Markt scheitern“, sagte der noch-amtierende Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bereits 2019 in einem Interview zu VW-Chef Herbert Diess.
3. Zölle
Auf dem Heimatmarkt schwächelt der Absatz, in China können BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen im Preiskampf kaum mithalten. Da blieben also nur noch die USA als großer Absatzmarkt. Und den droht ihnen jetzt der wiedergewählte Präsident Donald Trump zunichte zu machen. Ab Donnerstag sollen alle Auto-Einfuhren dort mit einem Zoll von 25 Prozent belegt werden. Er gilt für alle nicht in den USA produzierten Autos. Das sind bei den deutschen Herstellern die meisten. Volkswagen importiert 80 Prozent der Neuwagen, die der Konzern in den USA verkauft – vornehmlich aus Werken in Mexiko. Bei Mercedes-Benz liegt dieser Anteil nach einer Auswertung der Finanznachrichtenagentur Bloomberg bei 63 Prozent, bei BMW bei 52 Prozent. Ausländische Hersteller wie Hyundai-Kia, Renault-Nissan, Mitsubishi und Toyota sind ebenso betroffen, auch US-Konzerne wie General Motors und Ford.
Kurzfristig werden Neuwagen in den USA dadurch eben um jene 25 Prozent teurer, wollen die Hersteller den Zoll nicht von ihren Margen abziehen. Die deutschen Hersteller müssten also entweder teure Werke in den USA bauen – was Jahre dauern würde – sich auf einen teuren Preiskampf einlassen oder schwindende Absätze hinnehmen. „Neufahrzeuge werden zu einer Art Luxusartikel“, sagt der kanadische Ökonom Paul Ashworth gegenüber Capital Economics.
In jedem Fall werden die Zölle die Gewinne der deutschen Autobauer in den USA schmälern. Damit sind alle drei Hauptmärkte – Deutschland/EU, China und die USA – in diesem Jahr negativ betroffen.
4. Die zu langsame Transformation
Hinzu kommen langfristige Hürden. Mit jedem Jahr rücken Verbrennerverbote näher. 2030 machen neun Länder den Anfang. In Japan, Großbritannien, Schweden, Dänemark, den Niederlanden, Israel, Island, Irland und Indien dürfen dann keine Pkw mehr zugelassen werden, die Emissionen ausstoßen. Die EU folgt 2035 ebenso wie Kanada. Nur China will noch bis 2060 damit warten.
Um sich darauf vorzubereiten, müssten deutsche Autobauer längst schon mehr in alternative Antriebe wie Elektroautos investieren. „Der Erfolg hängt sehr stark davon ab, ob und wann die deutschen Automobilhersteller wettbewerbsfähige E-Autos und Hybridfahrzeuge anbieten können“, sagt Helena Wisbert, Professorin für Automobilwirtschaft an der Ostfalia-Hochschule, gegenüber der Tagesschau. Doch gerade an deren Entwicklung wurde in den vergangenen Jahren mit dem Fokus aus gewinnträchtige Luxuskarossen gespart. „Es ist der Ruf nach kleineren E-Fahrzeugen, dem die deutschen Hersteller nicht nachkommen“, sagt Frank Schwope von der Fachhochschule des Mittelstands.
Unterstützt werden sie dabei auch noch von der Politik. Sowohl Union als auch SPD wollen Strafzahlungen der EU abwenden, weil die deutschen Autos zu viel Co2 ausstoßen. Und der designierte Kanzler Friedrich Merz (CDU) würde das geplante Verbrennerverbot am liebsten abschaffen und plädiert für mehr „Technologieoffenheit“ wie Wasserstoff- und E-Fuels-Autos. „Das hat Züge einer Phantomdebatte“, sagt Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management, dem Handelsblatt. „Ich sehe nicht, wie Wasserstoff oder E-Fuels in den kommenden Jahren eine große Relevanz entwickeln.“
Fazit: So geht es für BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen weiter
Im vergangenen Jahr erlebten alle drei deutschen Autobauer einen harten Einbruch bei den Gewinnen. Die Reaktion darauf waren Sparprogramme, zehntausende Arbeitsplätze werden in den kommenden Jahren abgebaut, bei VW verzichten Mitarbeiter auf Lohn. Das allein wird nicht reichen: „Man kann sich nicht gesund sparen“, sagt Constantin Gall, der die EY-Analyse verfasst hat. Parallel soll viel Geld in Forschung und Entwicklung von Elektroautos fließen. VW kündigte bis 2028 Investitionen von 120 Milliarden Euro an. BMW plant bis 2030 die nach eigenen Angaben größten Investitionen der Unternehmensgeschichte ohne genaue Zahlenangabe. Bei Mercedes-Benz werden seit 2021 bis kommendes Jahr rund 60 Milliarden Euro investiert.
Die Gewinne in diesem Jahr dürften hoch bleiben. Nur Mercedes-Benz rechnet mit einem leichten Rückgang von 14,1 auf 11,6 Milliarden Euro nach Steuern. BMW will von 11,0 auf 11,4 Milliarden Euro klettern und Volkswagen von 16,8 auf 19,0 Milliarden Euro. Während an Arbeitern gespart wird, müssen sich also wenigstens die Aktionäre derzeit keine Sorgen machen.