Biertransport: Warsteiner schafft das, wovon Deutsche Bahn träumt

Seit 2005 transportiert die Brauereie Warsteiner Bier via Schiene, rund 25.000 Container sind das pro Jahr und damit auch 15 Prozent weniger Lkw-Fahrten. Dafür wurden rund sieben Kilometer neue Gleise verlegt und sechs Brücken gebaut. 30 Millionen hat das Projekt ekostet. Doch die Investition hat sich für die Haus Cramer Gruppe, zu der Warsteiner und das Güterzuggeschäft gehören, ausgezahlt. Die Züge fahren bis nach Italien und nehmen sogar Waren von anderen Unternehmen mit – Hauptsache, es gibt keine Leerfahrten.

FOCUS online Earth: Bierlieferung per Güterzug – das ist schon ein ziemliches Kuriosum in Deutschland. Wie kam es dazu?

Andreas Gronover: Die Idee stammt von unserem verstorbenen Inhaber. Er hat jeden Tag die großen, lauten, dreckigen Lastwagen mit dem Brauerei-Logo durch sein geliebtes Warstein fahren sehen. Das war nicht der Eindruck, der von seiner Brauerei entstehen sollte. Er wollte eine umweltfreundlichere Transportmöglichkeit schaffen. So kam er auf die Güterzüge.

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Warsteiner baut Zugstrecke für Biertransport - für 30 Millionen Euro

Und damit war die Sache beschlossen? Wurde nicht vorher ausgerechnet, ob sich das lohnt?

Wolfgang Rüsing: Die Kosten wurden im Vorfeld schon berechnet. Aber es war von Anfang an klar, dass die Summe so hoch wäre, dass es Jahre bis Jahrzehnte braucht, bis sich die Investition rentiert. 30 Millionen Euro für den Bau der Bahnstrecke plus Terminal an der Brauerei: Da müssen viele Züge fahren, bis man das raushat. Die Investition haben sich damals die Stadt Warstein, die Westfälische Landeseisenbahn und die Brauerei aufgeteilt. Zusätzlich gab es Fördermittel von Land und Bund. Die haben aber nicht den Ausschlag gegeben und das Projekt auch nicht direkt profitabel gemacht. Grundlegend für die Entscheidung war, dass wir die Umweltbelastung vor Ort senken und unser Bier langfristig kostengünstiger transportieren wollten.

Die Güterzüge der Brauerei werden mit Elektroloks betrieben.
Die Güterzüge der Brauerei werden mit Elektroloks betrieben. Warsteiner

"Unsere Züge fahren bis nach Italien"

Das heißt, mittlerweile rechnet sich der Gütertransport?

Gronover: So, wie wir ihn nutzen, ja. Das Geschäft ist rentabel, wir haben eine gute Außenwirkung mit den Frachtcontainern und eine bessere Umweltbilanz. All das zahlt sich für uns aus. Plus: Unsere Züge haben eine Pünktlichkeit von 99 Prozent – das schafft man mit Lkw und den vielen Staus kaum. Außerdem übernehmen unsere Züge vor allem die Langstrecke, fahren von Warstein bis in den Hamburger Hafen und via München bis nach Verona in Italien.

Das Geschäft mit den Güterzügen hat die Haus Cramer Gruppe 2022 ausgegründet in die Tochter Boxx Intermodal Logistics, für die Sie beide tätig sind. Was war der Grund dafür?

Gronover: Wir transportieren schon seit langem nicht mehr nur Bierfässer, Kisten und Flaschen, sondern auch Güter anderer Unternehmen. Ein Zug ist schließlich dann am günstigsten und effizientesten, wenn er maximal ausgelastet ist. Denn im Gegensatz zum Lkw sind beim Bahntransport die Fixkosten sehr hoch. Jeder zusätzliche Container lässt die Stückkosten sinken. In einen Container können wir zum Beispiel 600 volle Fässer laden, aber 900 leere. Hinzu kommt Einwegware, die gar nicht zurück zu uns kommt. Damit wir nicht regelmäßig halb leer zurückfahren, haben wir uns bereits vor der Gründung der Logistiktochter um Partner sowohl hier aus der Region als auch aus unseren Zieldestinationen bemüht. Wir bringen ihnen auf der Rückfahrt Produkte für den lokalen Einzelhandel und andere Unternehmen mit. So haben wir in Richtung München und dann Italien rund 80 Prozent Eigenware und 20 Prozent Fremdware. Auf dem Weg nach Hamburg ist es genau umgekehrt.

Im Container-Terminal von Warsteiner wird nicht nur Bier auf die konzerneigenen Züge verladen.
Im Container-Terminal von Warsteiner wird nicht nur Bier auf die konzerneigenen Züge verladen. Warsteiner

Schiene rentiert sich nur bei vollen Zügen 

Ist der Schienentransport nun günstiger als der Transport auf der Straße oder nicht?

Rüsing: Wenn der Zug voll ist, ist er günstiger, sonst nicht. Wir können auch niemals ganz auf Lkw verzichten. Mit ihnen sind wir deutlich flexibler und können auch Aktionsware schnell ausliefern. Plus: Wir brauchen Lkw für die letzte Meile zu den Kunden, in die Städte und zu den Märkten. Da kommen Züge an ihr Limit. Wir haben auch ab und zu Einzelfälle, in denen der Zug die etwas teurere Option ist – entscheiden uns dann aber trotzdem dafür. Einfach weil wir die Infrastruktur dafür schließlich haben und es uns der kleine Öko-Aufpreis dann wert ist. Würde sich der Gütertransport insgesamt aber nicht rechnen, hätten wir ihn wohl längst aufgegeben.