Olaf Scholz geht es wegen Merz „schon wie den Bürgern“: „Was kann man jetzt noch glauben?“
Kanzler Olaf Scholz (SPD) ist von Friedrich Merz (CDU) wegen seines Umgangs mit der AfD enttäuscht. Er wirft seinem Konkurrenten Wortbruch vor.
Esslingen - „Sie können mich siezen oder duzen, ich habe Sie gleich gern“, reichte Kanzler Olaf Scholz den Bürgerinnen und Bürgern in Esslingen die Hand. Deren Fragen sollten an diesem Abend im Neckar Forum im Fokus stehen, das war ihm wichtig.
Deshalb schwang er erst gar keine großen Vorreden, als er die Bühne betrat, doch bezüglich eines Themas wollte Scholz schon vor dem Bürgerdialog seinem Ärger Luft machen.
Olaf Scholz über Grundsätze: „Keine Zusammenarbeit mit den extremen Rechten“
Dabei ging es um den Vorstoß seines Konkurrenten, dem Union-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz (CDU), der vergangene Woche einen Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik mithilfe der AfD durch den Bundestag brachte. Nur wenige Tage später nahm es Merz sogar in Kauf, das zugehörige Gesetz gemeinsam mit der AfD durchzuboxen.
Mit Letzterem scheiterte er schlussendlich, aber die Geschehnisse der vergangenen Woche beschäftigen weiterhin viele Menschen. Auch Scholz, wie er unmissverständlich klarmachte. Denn es gehören zur Tradition des Landes ein paar Grundsätze, auf die man sich in der demokratischen Parteienlandschaft geeinigt habe: Dazu zähle unter anderem, so der Kanzler, „dass es keine Zusammenarbeit mit den extremen Rechten gibt.“
Olaf Scholz: „Friedrich Merz hat sein Wort gebrochen“
Umso bedrückender sei es, wie Scholz in seinem Statement weiter ausführte, „dass letzte Woche zwei Abstimmungen im Bundestag stattgefunden haben“, bei denen zumindest die Union diese Grundsätze ignoriert habe. „Obwohl“, erinnerte der Kanzler, „noch im November der Oppositionsführer, Herr Merz, gesagt hatte, was wir alle gesagt haben: ‚Es soll in der Phase bis zur Neuwahl, mit den unklaren Mehrheiten, niemals zu einer Situation kommen, in der über einen Geschäftsordnungsantrag, ein Entschließungsantrag oder ein Gesetz abgestimmt wird, bei dem es am Ende auf die Stimmen der AfD ankommt.‘“
Dies habe Merz so erklärt und letztlich, wie Scholz enttäuschend feststellte, habe der Kanzlerkandidat der Union sein Wort gebrochen. „Das ist nicht gut für Deutschland“, sagte der SPD-Politiker, der Merz im November noch selbst dieses Versprechen abgenommen habe. „Aber jetzt geht es mir schon wie vielen anderen Bürgerinnen und Bürgern“, erklärte Scholz und fragte sich: „Was kann man jetzt noch glauben?“

Friedrich Merz scheint sein AfD-Umgang nicht zu schaden
Der Kanzler befürchte, dass es für die Union bezüglich einer Zusammenarbeit mit der AfD erst der Anfang gewesen sein könnte: „Die Frage ist ja, wo ist der Unterschied, wenn man sagt, es ist egal, wenn man einem Antrag zustimmt, zu, es ist mir egal, wer mir bei einer Wahl im Deutschen Bundestag zustimmt.“
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Merz selbst leugnet derweil seit Tagen, mit der AfD gemeinsame Sache gemacht zu haben. Zuletzt sagte der CDU-Chef gegenüber der Funke-Mediengruppe: „Ich schließe jede Koalition, jede Duldung, jede Form der Zusammenarbeit mit der AfD aus.“ Geschadet hat ihm sein Umgang mit der AfD übrigens nicht. Im Gegenteil: Nach einer jüngsten Infratest-Umfrage gewinnt die Union sogar ein Prozentpunkt hinzu und liegt somit bei 31 Prozent. Auch die AfD (21 Prozent) gewinnt einen Prozentpunkt. Die SPD stagniert dagegen bei 15 Prozent. Die Hoffnung, das Ruder nochmal herumzureißen, wird Scholz dennoch nicht verlieren und bis zur Wahl am 23. Februar weiter durchs Land touren.