Italien-Badeort rüstet sich für Ansturm am Wochenende – zahlreiche neue Regeln nach „entarteten“ Vorfällen

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Lignano rüstet sich mit neuen Regeln für das Pfingstwochenende. Ziel: Ordnung statt Exzesse. Auch Polizei und Heer stehen bereit.

Lignano Sabbiadoro – Der beliebte italienische Badeort Lignano Sabbiadoro, der jedes Jahr zu Pfingsten von zehntausenden meist jungen, feierfreudigen Österreichern bevölkert wird, zieht 2025 erneut die Reißleine. In Erwartung eines massiven Touristenansturms rund um das Pfingstwochenende vom 5. bis zum 9. Juni, wurden verschärfte Maßnahmen beschlossen, um ausufernde Feiern, Vandalismus und Lärm zu unterbinden.

Wie Südtirol News berichtet, reagiert die Gemeinde damit auf Vorfälle aus den Vorjahren, in denen es zu teils chaotischen Szenen durch Alkoholexzesse von Italien-Urlaubern gekommen war. Besonders betroffen war dabei der öffentliche Raum – Strände, Straßen und Plätze verwandelten sich in improvisierte Partyzonen. Inzwischen sehen sich Anwohner und Behörden in ihrer Geduld überstrapaziert.

„Pfingsten ist zu einem entarteten Phänomen geworden“, sagte Bürgermeisterin Laura Giorgi gegenüber lokalen Medien und sprach damit das aus, was viele Bewohner denken. Die Feierlichkeiten junger österreichischer Gäste hätten im letzten Jahrzehnt zunehmend das Image Lignanos als gepflegten Ferienort beschädigt.

Italien-Maßnahmen zu Pfingsten: Verbot von Alkohol und Musik nach Mitternacht

Zu den Maßnahmen, die nun umgesetzt werden, zählen deutliche Einschränkungen beim Alkoholkonsum und der nächtlichen Unterhaltung. Das Maßnahmenpaket wurde in Absprache mit dem Polizeichef von Udine, Domenico Farinacci, beschlossen, wie Südtirol News berichtet. Zwischen dem 5. und dem 9. Juni gilt in ganz Lignano:

  • Verbot des Verkaufs alkoholischer Getränke in Flaschen und Dosen nach Mitternacht
  • Musik nur bis 24:00 Uhr, mit wenigen Ausnahmen für genehmigte Konzerte und DJ-Sets
  • Sperrstunde für Lokale um 2 Uhr, Geschäfte dürfen maximal bis 1:00 Uhr geöffnet bleiben
  • Badeverbot ab 20:00 Uhr an allen Strandabschnitten
  • Verbot des Biwakierens im gesamten Gemeindegebiet

Massive Sicherheitsvorkehrungen und Unterstützung aus dem Ausland: Italiens Bürgerinitiative fordert mehr Respekt

Um die Einhaltung dieser Regeln zu gewährleisten, wird Lignano aufgestockt: Neben der örtlichen Polizei werden auch Beamtinnen und Beamte aus Südtirol und Kärnten, sowie Hundeeinheiten aus Trient zum Einsatz kommen. Zusätzlich wird auch das italienische Heer zur Unterstützung vor Ort sein. Ein weiterer Brennpunkt: Das Konzert des italienischen Popstars Cesare Cremonini, das für denselben Zeitraum angesetzt ist und rund 20.000 italienische Fans ins Stadion Lignanos locken wird. Die gleichzeitige Präsenz zweier großer Besuchermengen sorgt für zusätzliche Herausforderungen im Bereich der öffentlichen Sicherheit.

Die Maßnahmen sind auch das Resultat einer wachsenden Bürgerbewegung, die sich gegen den „Verfall während der Pfingstfeiern“ wendet. Wie der Messaggero Veneto berichtet, hatte sich im vergangenen Jahr eine Initiative mit dem Namen „Stop al degrado nelle festività di Pentecoste“, (zu Deutsch: „Den Verfall an den Pfingstfeiertagen stoppen“) gebildet. Diese sammelte 1.546 Unterschriften, um den Druck auf die Stadtverwaltung zu erhöhen, den ausufernden Pfingsttourismus einzudämmen.

Der Badeort Lignano will nicht mehr Schauplatz für Exzesse sein – sondern ein Vorbild für verantwortungsvollen Tourismus. Es werden harte Maßnahmen ergriffen. © IMAGO / Independent Photo Agency

Dialog mit der lokalen Wirtschaft – geteilte Meinungen

Auch die lokalen Wirtschaftstreibenden wurden in die Diskussion eingebunden. Ein von der Stadt initiierter Fragebogen, den laut Messaggero Veneto 173 Betriebe beantworteten, zeigte ein differenziertes Bild: 67,6 Prozent der teilnehmenden Betreiber befürworten strengere Maßnahmen, selbst wenn dies zu Umsatzeinbußen führen sollte. 32,4 Prozent hingegen sprechen sich gegen Einschränkungen aus und plädieren für moderate Anpassungen, um die wirtschaftliche Bedeutung der Pfingsttage nicht zu gefährden. Die Vorschläge der Unternehmer umfassen unter anderem:

  • Erhöhte Polizeipräsenz an zentralen Orten und Stadteingängen
  • Klare Regelungen zur Alkoholabgabe und Musikbeschallung
  • Mehr öffentliche Toiletten und Müllbehälter mit regelmäßiger Reinigung
  • Informationsoffensiven bereits bei der Buchung, um Touristen auf geltende Regeln hinzuweisen

„Wir arbeiten gemeinsam mit den Betreibern an einem neuen Modell für Pfingsten, das auf Nachhaltigkeit und Rücksichtnahme setzt“, erklärte Liliana Portello, Stadträtin für wirtschaftliche Aktivitäten, gegenüber Udine Today. Ein besonders wichtiger Aspekt ist die zielgerichtete Kommunikation gegenüber dem österreichischen Publikum, das traditionell einen Großteil der Gäste stellt. Bereits bei der Buchung sollen die Besucher über die Verhaltensregeln informiert werden – durch Hoteliers, Reiseveranstalter und Immobilienagenturen. „Wir müssen den ausländischen Gästen klare Botschaften vermitteln“, betonte Portello laut Udine Today.

Eine dieser Botschaften laute: „Keine Musik am Strand“, um die Entstehung unkontrollierter Strandpartys zu verhindern. Das Ziel sei laut Portello eine „kontrollierte Attraktivität“: Unterhaltung ja, aber ohne Verwüstung, Lärm und Rücksichtslosigkeit. Dazu gehören auch Maßnahmen wie Verbot von Musik im Freien nach bestimmten Uhrzeiten und Ausschank alkoholischer Getränke ausschließlich am Tisch nach Mitternacht.

Ausnahmezustand in Lignano Sabbiadoro: Nachhaltiger Tourismus statt Party-Exzesse

Die Stadt Lignano will mit dieser Linie einen Paradigmenwechsel vollziehen – weg vom Party-Hotspot, hin zum gepflegten Ferienort für Familien und Erholungssuchende. Der „Spring Break made in Austria“ soll zwar nicht abgeschafft, aber gezähmt und kanalisiert werden. „Pfingsten ist eine wirtschaftlich wichtige Zeit, aber wir müssen die negativen Begleiterscheinungen reduzieren“, so Bürgermeisterin Giorgi laut Messaggero Veneto.

In Zukunft soll auch die Kommunikation verstärkt werden: „Eine gezielte Kampagne im Ausland wird den neuen Kurs vermitteln“, kündigte Stadträtin Portello an. Nur mit einer engen Zusammenarbeit zwischen Verwaltung, Wirtschaft und Sicherheitskräften könne man die Lebensqualität der Bürger und das Urlaubserlebnis der Gäste gleichermaßen schützen. Der Adria-Ort mit seinen knapp 7.000 Einwohnern steht somit vor einer logistischen und gesellschaftspolitischen Bewährungsprobe. (ls)

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