Exorbitante Strompreise: Behörden prüfen Marktmissbrauch während der Dunkelflaute
Im Zuge einer Dunkelflaute war der Strompreis im Vormonat kurzfristig in die Höhe geschnellt. Nun kündigte das Bundeskartellamt an, die Strompreisentwicklung in solchen Phasen genau prüfen zu wollen.
Berlin – Zwar haben sich die Gas- und Strompreise seit Mitte 2024 wieder stabilisiert, nachdem sie zuvor wegen der Energiekrise im Zuge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine lang anhaltend angestiegen waren. Dennoch aber bleibt eine Prognose dazu, wie sich die Energiepreise im neuen Jahr entwickeln könnten, zum Jahreswechsel schwierig. Das liegt einerseits an perspektivisch weiter steigenden Netzentgelten, die im Zuge der Energiewende durch den Ausbau von Stromnetzen fällig werden. Außerdem ist der Winter 2024/2025 der erste, den Deutschland mit einem reduzierten Kraftwerkspark angehen muss.
Bundeskartellamt will sich die Entwicklung des Strompreises während Dunkelflauten „sehr genau ansehen“
Hinzu kommen sogenannte Dunkelflauten – Phasen, in denen witterungsbedingt wenig Sonnen- und Windstrom ins Netz eingespeist werden – als zusätzliches Risiko für zunehmende Ausschläge der Energiepreise nach oben hinzu. Sichtbar wurde das bereits Mitte des Vormonats: Am 12. Dezember etwa stiegen die Preise am Spotmarkt der deutschen Strombörse kurzzeitig auf mehr als das Neunfache ihres üblichen Betrags pro Kilowattstunde an. Daraufhin hatte die Bundesnetzagentur angekündigt, starke Strompreis-Schwankungen während Dunkelflauten auch auf missbräuchliches Verhalten beobachten zu wollen. Wie nun bekannt wurde, schließt sich auch das Bundeskartellamt diesem Vorhaben an.
Obwohl die Wettbewerbshüter mit steigenden Energiepreisen und dem Potenzial für starke Strompreisschwankungen während Dunkelflauten in diesem Winter gerechnet haben, will das Bundeskartellamt die zeitweise extrem hohen Strompreise in derartigen Phasen genauer überprüfen. „Wir monitoren die Preisbildung am Strommarkt fortlaufend und engmaschig“, sagte Behördenpräsident Andreas Mundt der Zeitung Rheinischen Post.

Weil der bundesweite Strombedarf im diesjährigen Winter eben erstmals mit einem reduzierten Kraftwerkspark angegangen wird, sei mit intensiveren als den üblichen Ausschläge der Strompreise zu rechnen gewesen. „Sie können ein normales und unverfälschtes Marktergebnis sein. Aber um sicherzugehen, werden wir uns die Preisbildung während der Dunkelflaute sehr genau ansehen“, betonte der Bundeskartellamt-Präsident Mundt gegenüber der RP weiter.
Verivox beobachtet zum Jahresbeginn einen leichten Anstieg der Strompreise in der Grundversorgung
Zwar sind Privathaushalte mit jährlich festgelegten Stromtarifen nicht von unmittelbaren und kurzfristigen Schwankungen des Börsenstrompreises betroffen, weil er sich nicht auf den Gesamtstrompreis auswirkt. Spürbar werden Schwankungen beim Börsenstrompreis dagegen für diejenigen, die einen sogenannten dynamischen Stromtarif nutzen. Weil dynamische Stromtarife im Gegensatz zu jährlich festgelegten Tarifen an den aktuellen Börsenstrompreis gekoppelt sind, hängen sie in ihrer Preisbildung unmittelbar von Angebot und Nachfrage an der Strombörse ab.
Das erlaubt Kunden dynamischer Stromtarife zwar grundsätzlich, ihren Verbrauch an aktuelle Marktbedingungen anzupassen, um in Zeiten geringerer Nachfrage von günstigeren Strompreisen zu profitieren. Im Umkehrschluss besteht für sie damit aber auch das Risiko, enormen Strompreisschwankungen wie zuletzt in direkter Weise ausgesetzt zu sein. Und das besonders in Phasen hoher Nachfrage bei gleichzeitig geringer Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen, wie es bereits während der Dezember-Dunkelflaute der Fall war.
Strompreise 2025: „Von dauerhaft sinkenden Haushaltskundenpreisen deutlich unter das derzeitige Niveau ist nicht auszugehen“
Was aber lässt sich zum Jahresbeginn mit Blick die Strompreise resümieren, und was könnte sich für das neue Kalenderjahr prognostizieren lassen? Dem Vergleichsportal Verivox zufolge steigen die Strompreise in der Grundversorgung um durchschnittlich 0,3 Prozent, Kunden zahlen aktuell rund 44 Cent pro Kilowattstunde. Doch auch bei überregionalen Anbietern stellte Verivox zuletzt einen leichten Preisanstieg bei Neukundenverträgen fest. Aktuell koste der günstigste Vertrag mit einer Laufzeit und Preisgarantie von zwölf Monaten im Durchschnitt etwa 29 Cent pro Kilowattstunde, inklusive Mehrwertsteuer und Grundpreis.
Eine Prognose zur Strompreisentwicklung für 2025 teilte am Dienstag (31. Dezember) auch der Energiemarktexperte Mirko Schlossarczyk vom Beratungsunternehmen Enervis im Gespräch mit der ARD-Tagesschau. Nachdem sich die Strompreise infolge der Energiekrise zur Mitte des Vorjahres wieder stabilisiert hatten, sei für Beobachter inzwischen „eine Seitwärtsbewegung oder ein leichter Anstieg für die Lieferjahre 2025 und 2026 abzusehen“, betont Schlossarczyk.
Strompreise steigen durch höhere Netzentgelte und Umlagen
Lieferanten hätten hierauf mit Ankündigungen über Tarifsenkungen für Haushalte reagiert. „Im Jahresverlauf konnte man dies bereits bei Neukundenverträgen beobachten. Zum Jahreswechsel dann auch bei vielen Bestandskundenverträgen“, fügte der Energiemarktexperte an. Jedoch machten die Beschaffungskosten mittlerweile nur noch rund ein Drittel des letztendlichen Strompreises für Haushalte aus.
Ähnlich großen Anteil am Endkundenpreis haben dagegen Netzentgelte und Abgaben, und deren Tendenz ist vor dem Hintergrund des Ausbaus von Stromnetzen zur Energiewende steigend. Weil die Erhöhung der Netzentgelte und Umlagen den Rückgang der Beschaffungskosten übersteige, werde es im neuen Jahr in einigen Regionen zu höheren Endkundenpreisen kommen, resümiert Schlossarczyk. „Von dauerhaft sinkenden Haushaltskundenpreisen deutlich unter das derzeitige Niveau ist nicht auszugehen“, lautet sein Fazit. (fh)