Rente oder Rüstung? Habeck bezieht Stellung: „Wir müssen die Realität annehmen“
Die Debatte um die kommenden Mehrausgaben für die Rüstung nimmt wieder Fahrt auf. Wirtschaftsminister Robert Habeck bekennt sich zu mehr Verteidigungsausgaben – doch wo würde er kürzen?
Berlin – Bis 2028 wird das Sondervermögen für die Bundeswehr aufgebraucht sein, so viel steht fest. Danach braucht es einen Plan, wie Deutschland aus dem regulären Bundeshaushalt die Verteidigungsausgaben stemmen will, um das zwei-Prozent-Ziel der Nato zu erfüllen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) sieht im Bundeshaushalt ab 2028 einen Spielraum von bis zu neun Milliarden Euro zur Aufstockung des Verteidigungsetats. Allerdings würden dann immer noch gute 15 Milliarden Euro fehlen, heißt es aus Kreisen des Finanzministeriums.
Woher dieses Geld kommen soll, darüber gibt es innerhalb der Ampel-Koalition Streit. Die FDP lehnt eine Lockerung der Schuldenbremse nach wie vor ab, die Aufnahme weiterer Kredite ist also nicht möglich. Sie fordert stattdessen eine Reduzierung der Sozialausgaben. Das wiederum lehnen SPD und Grüne ab. Eine verzwickte Lage also.
Habeck will Rentner zu längerer Arbeit bewegen
In die Debatte schaltet sich nun auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ein. Im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) spricht er sich erneut für eine Lockerung der Schuldenbremse aus und gegen eine Kürzung der Sozialabgaben. „Die Rechnung, wir bauen den Sozialstaat ab, denn wir brauchen mehr Geld fürs Militär, fände ich fatal. Wir sind nicht nur in einer Phase der äußeren Bedrohung. Auch die Demokratie ist unter Druck, viele Menschen wenden sich ab, der Kitt der Gesellschaft wird porös. Deswegen sind soziale Ausgaben nötig, um das Land zusammenzuhalten. Über einzelne Punkte kann man sicherlich reden. So schlage ich vor, Anreize zu setzen, dass man im Alter freiwillig länger arbeitet.“
Einen solchen Vorschlag hatte er bereits mehrfach gemacht. Möglich ist, dass Habeck ein Gesetzesvorschlag für steuerliche Anreize für Menschen, die auch in der Rente weiterarbeiten, im Sommer vorlegt.

Eine Steigerung der Verteidigungsausgaben hält Habeck aber weiter für geboten. Der Krieg in der Ukraine werde „nicht morgen aufhören und vor allem dann nicht, wenn Putin erfolgreich ist. Das ist die Realität, und wir müssen diese Realität annehmen.“ Es müsse also schnell geklärt werden, wie es nach dem Sondervermögen weitergehen soll.
Wenn es nach Lindner und der FDP geht, muss die Bundesregierung nur an seinem Sparkurs festhalten und Steuern senken, dann wird bis 2028 genug Geld für die Verteidigung da sein. „Wenn es uns gelingt, in den Jahren bis 2028 unser Wirtschaftswachstum zu stärken und wenn wir auf zusätzliche kostenträchtige, gesetzlich verpflichtende Sozialausgaben verzichten, dann schaffen wir es, das Zwei-Prozent-Ziel einzuhalten“, sagte Lindner am Dienstag (2. April).
FDP und Lindner fordern Disziplin im Haushalt
Die Aussicht auf diese Finanzierungsspielräume müsste aus Sicht des FDP-Chefs auch für Grüne und SPD ein Anreiz zu Disziplin beim Bundeshaushalt sein. „Ich nenne die Zahl neun Milliarden Euro zusätzlichen Spielraums im Jahr 2028, damit wir alle motiviert sind“, sagte Lindner. Es gehe jetzt nicht darum, einfach Auswege zu suchen, sondern durchzuhalten. „Denn wenn wir jetzt diesen Weg weiter konsequent fortsetzen, im Bundeshaushalt und auch bei den Sondervermögen, dann winkt uns diese Belohnung.“
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Aktuell, so kritisierte der Finanzminister, stellten SPD und Grüne in der Debatte um die Schuldenbremse immer wieder das Grundgesetz und die Vereinbarung des Koalitionsvertrages infrage. „Für das Außenbild der Koalition ist diese permanente Uneinigkeit schädlich“, betonte Lindner.
„Hart arbeitende“ Bevölkerung muss entlastet werden
Ebenfalls am Dienstag forderte der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Dürr, Staatsausgaben weiter zu kürzen, um die deutsche Wirtschaft anzukurbeln. Dabei dürfe der Sozialstaat „nicht weiter wachsen“, sagte Dürr im ZDF-„Morgenmagazin“. Deutschland mangele es „seit anderthalb Jahrzehnten an Reformpolitik“.
Deutschland brauche „kein konjunkturelles Strohfeuer“, sondern Entlastungen für Unternehmen. Zudem müsse die „hart arbeitende“ Bevölkerung entlastet werden. Dazu seien Steuersenkungen nötig, die zuletzt auch Bundesfinanzminister Lindner ins Spiel gebracht hatte. Gleichzeitig müssten mehr Menschen eine Arbeit aufnehmen, forderte Dürr. Auch um die Sozialausgaben zu verringern. Das sei sinnvoller, als „Arbeitslosigkeit zu subventionieren“.
Habeck und Lindner denken an die Bundestagswahl 2025
Sowohl Habeck als auch Lindner denken jetzt aber auch an die Bundestagswahl 2025 – und arbeiten an ihren Profilen. „Mein Rat wäre, einfach bis zur Bundestagswahl den Status quo zu akzeptieren. Dann können die Bürgerinnen und Bürger entscheiden, ob es mehr Staat, mehr Schulden und höhere Steuern geben soll oder einen schlanken Staat mit weniger Zinslasten und niedrigeren Steuern“, sagte Christian Lindner am Dienstag.
Habeck verteidigte in der FAZ den Kurs seiner Partei in den vergangenen Jahren, der ihm in den Umfragen bisher nur wenig Liebe gebracht hat. Er handele aber nicht, wie von vielen behauptet, rein aus Ideologie: „Wir handeln nicht aus Ideologie, sondern aus dem heraus, was nötig ist. Wir treiben die Erneuerung unserer Energieversorgung und den Klimaschutz voran. Nach Putins Überfall haben wir Flüssiggas eingekauft, Kohlekraftwerke ans Netz gebracht und die Laufzeit von Atomkraftwerken verlängert. Und jetzt arbeiten wir für die militärische Sicherheit unseres Landes. Alles, weil es nötig ist.“
Mit Material der dpa