Sozialausgaben zugunsten des Militärs kürzen? Habeck hält Rechnung für „fatal“

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Robert Habeck warnt vor den Folgen von Sozialkürzungen zur Finanzierung der Verteidigung. Er sieht die Demokratie unter Druck und fordert, das Land sozial zusammenzuhalten.

München – Unter dem Druck der Sozialausgaben muss die Ampel-Koalition sparen. Doch wo genau, das bleibt ein Streitfall in der Regierung. Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) hat davor gewarnt, für eine Steigerung der Verteidigungsausgaben bei den Sozialausgaben zu kürzen. „Die Rechnung, wir bauen den Sozialstaat ab, denn wir brauchen mehr Geld fürs Militär, fände ich fatal“, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) laut Vorabmeldung vom Freitag. „Wir sind nicht nur in einer Phase der äußeren Bedrohung“, betonte Habeck. Auch die Demokratie sei unter Druck.

Grünen-Politiker Robert Habeck reagiert mit seinen Aussagen auch auf seinen Kabinettskollegen Christian Lindner. © Klaus-Dietmar Gabbert/Britta Pedersen/dpa (Collage)

Habeck ruft Ampel-Koalition in Ukraine-Streit zur Mäßigung auf

„Viele Menschen wenden sich ab, der Kitt der Gesellschaft wird porös“, sagte Habeck. Deswegen seien soziale Ausgaben nötig, um das Land zusammenzuhalten. Über einzelne Punkte könne hingegen geredet werden, etwa über Anreize für längeres Arbeiten im Alter.

Der Grünen-Politiker reagiert damit auch auf seinen Kabinettskollegen, Finanzminister Christian Lindner (FDP). Dieser hatte sich zuletzt für umfassende Sozialreformen ausgesprochen, um damit Geld für Zukunftsaufgaben wie die Verteidigung freizusetzen.

Vizekanzler und Wirtschaftsminister Habeck rief die Regierungskoalition zudem dazu auf, sich im Streit um den Umgang mit der Ukraine zu mäßigen. „Wenn wir uns jetzt darüber zerstreiten, wie wir helfen, und ob wir etwa den Marschflugkörper Taurus liefern, kann Putin sich zurücklehnen.“ Das wäre „das Dümmste, was wir machen können“, betonte er.

In der Ampelkoalition gibt es vor allem Streit um mögliche Taurus-Lieferungen: Während Grünen- und FDP-Politiker dies fordern, spricht sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dagegen aus.

Staatsschulden Ende 2023 bei fast 2,5 Billionen Euro

Der öffentliche Schuldenberg ist im vergangenen Jahr um 77,3 Milliarden Euro oder 3,3 Prozent gestiegen. Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen waren demnach Ende 2023 mit insgesamt 2445,5 Milliarden Euro verschuldet, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte. Allerdings gibt es hier einen kleinen Sondereffekt. Seit dem zweiten Quartal 2023 werden die Schulden der Verkehrsunternehmen des Öffentlichen Personennahverkehrs in die Berechnung des öffentlichen Schuldenstandes aufgenommen. Ohne den ÖPNV wäre der Schuldenstand um 2,9 Prozent gewachsen und wäre um 9,0 Milliarden Euro niedriger. 

Die Verschuldung des Bundes nahm überdurchschnittlich zu. Sie stieg um 4,7 Prozent beziehungsweise 76 Milliarden Euro auf knapp 1696 Milliarden Euro. Hauptgrund war der Anstieg der Verschuldung des „Wirtschaftsstabilisierungsfonds Energie“ zur Abfederung der Folgen der Energiekrise infolge des russischen Krieges gegen die Ukraine. Das im Juli 2022 errichtete Sondervermögen zur Ertüchtigung der Bundeswehr verzeichnete Ende 2023 eine Verschuldung von 5,8 Milliarden Euro, Ende 2022 hatte es noch keine Schulden aufgenommen.

Bei den Ländern sank hingegen der Schuldenstand um 1,9 Milliarden Euro auf 595,4 Milliarden Euro. Ohne die Einbeziehung der ÖPNV-Unternehmen wäre der Rückgang noch stärker gewesen. Dagegen nahm die Verschuldung der Kommunen deutlich zu. Sie stieg gegenüber Ende 2022 um 9,1 Prozent auf 153,6 Milliarden Euro. Hier machte sich die Einbeziehung der Verkehrsunternehmen deutlich bemerkbar. Ohne diesen Effekt wären die Schulden der Gemeinden nur um 4,8 Prozent gewachsen.

Mit Material von AFP

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