Mehr netto vom brutto für Millionen Menschen: Wie viel Geld es 2024 geben soll

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Am Osterwochenende verspricht Finanzminister Christian Lindner Steuerentlastungen für die arbeitende Bevölkerung – und zwar noch rückwirkend für 2024.

Berlin – Es ist eine Steuer-Entlastung für Millionen Menschen in Sicht – zumindest wenn es nach Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) geht. Am Osterwochenende kündigte er eine rückwirkende Anpassung des Freibetrags an. Und auch für die Jahre 2025 und 2026 versprach er höhere Steuerfreibeträge. Allerdings bahnt sich damit auch schon der nächste Zoff in der Koalition an. Weder SPD noch Grüne zeigten sich euphorisch bei der Meldung. Eine Entlastung von Menschen mit höheren Einkommen würde man nicht unterstützen, so der Tenor.

Lindner plant Steuer-Entlastungen: 180 Euro im Jahr für alle?

Begründet hat der Finanzminister den Verstoß mit einem „massiv und überproportional“ gestiegenem Bürgergeld zum 1. Januar 2024. Das müsse jetzt auch rückwirkend zu einer Erhöhung des Grundfreibetrags in der Lohn- und Einkommensteuer führen, sagte der FDP-Chef der Deutschen Presse-Agentur. „Das bereiten wir in der Gesetzgebung vor. Das heißt, es wird auch im laufenden Jahr für die arbeitende Bevölkerung eine weitere steuerliche Entlastung geben.“

Auch für 2025 und 2026 stellte Lindner Veränderungen bei der Einkommensteuer in Aussicht. Dann müsse erneut die sogenannte kalte Progression ausgeglichen werden, sagte er. Darunter versteht man die Auswirkung einer hohen Inflation auf die Einkommensteuer, die im Endeffekt zu einer heimlichen Steuererhöhung führen würde. „Wenn wir nichts tun würden, dann würden Menschen, die eine Gehaltserhöhung bekommen, die gerade mal die Inflation ausgleicht, steuerlich stärker belastet werden“, erklärte der Finanzminister. 

Details nannte er zunächst nicht, auch nicht, wie hoch der Freibetrag 2024 ausfallen könnte. Allerdings brachte die Wirtschaftswoche einen Freibetrag von 11.784 Euro ins Spiel. Aktuell beträgt der Freibetrag 11.604 Euro, 2023 lag er noch bei 10.908 Euro.

Mit dem Freibetrag wird festgelegt, ab welchem Jahreseinkommen Steuern abgezogen werden. Wer also weniger als den Freibetrag verdient, zahlt keine Steuern. Und auch wer darüber hinaus verdient, zahlt bis zu diesem Betrag keine Steuern, der Freibetrag wird also auf das Gesamteinkommen erstmal abgezogen, bevor auf den Rest dann der Steuersatz angewandt wird. Ganz vereinfacht gesagt: Wer 12.000 Euro im Jahr verdient, muss 2023 nur auf die übrigen 1092 Euro Abgaben zahlen.

SPD und Grüne wollen keine Steuer-Entlastungen für Spitzenverdiener

Eine Erhöhung des Freibetrags bedeutet also immer auch, dass Arbeitnehmer mehr Geld steuerfrei in der Tasche haben. Eine Anpassung auf 11.784 Euro würde Millionen Menschen im Land 180 Euro mehr geben. Dabei wird jedoch nicht unterschieden zwischen Gutverdienenden, Spitzenverdienenden und Personen mit kleineren Einkommen. Und das ist auch der Grund, weshalb sich beim Lindner-Vorstoß nun Unmut bei den Koalitionspartnern breitmacht.

Vertreter von SPD und Grünen machten deutlich, dass sie vor allem kleine und mittlere Einkommen entlasten wollen. Es sei sinnvoll, die kalte Progression auszugleichen, sagte der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Schrodi, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Gleichzeitig kann es nicht sein, dass damit überproportional Spitzenverdiener entlastet werden.“ 

Finanzminister Christian Lindner will Arbeitnehmer noch in diesem Jahr steuerlich entlasten
Finanzminister Christian Lindner will Arbeitnehmer noch in diesem Jahr steuerlich entlasten © dpa/eigene Collage

Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch betonte: „Steuersenkungen für die Reichsten des Landes haben keine Priorität.“ Der Haushalt sei „in Zahlen gegossene Prioritäten“, sagte Audretsch den Funke-Zeitungen. Priorität habe für die Grünen die alleinerziehende Mutter, die arbeite und am Ende des Monats doch nicht genug habe, ebenso wie der Polizist, der für seine Familie auf ein gutes Kindergeld und gut ausgestattete Kitas angewiesen sei. 

Aktuell laufen in der Bundesregierung die Haushaltsberatungen für 2025. Der finanzielle Spielraum ist knapp: Es gilt auch ohne Steuerentlastungen bereits eine Lücke in zweistelliger Milliardenhöhe zu schließen.

Zuletzt reagierte der Bund für die Jahre 2023 und 2024 auf die hohe Inflation. Ein weiterer Ausgleich müsse im Kontext des Haushaltsentwurfs und der Finanzplanung besprochen werden, kündigte Lindner an. Finanzielle Details kenne man aber erst im Herbst, wenn ein neuer Progressionsbericht vorliege. In der Regel werden zum Ausgleich der kalten Progression mehrere Stellschrauben im Steuertarif angepasst: der Grundfreibetrag, also das Einkommen, bis zu dem keine Steuer gezahlt werden muss und auch die Grenze, ab der der Spitzensteuersatz von 42 Prozent fällig wird. 

Mit Material von dpa

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