Zoff im Bundestag: Union lehnt Agrardiesel-Deal mit Ampel ab – Bauern drohen mit neuen Protesten

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Sieht die Ampel wegen der Bauernproteste im Zugzwang: CDU-Parteivize Silvia Breher. © Frank Hormann/Kay Niefeld/dpa/Montage

Lockangebote im Bundestag abgelehnt: Die Union bewertet die Ampel-Vorschläge zur Lösung des Agrardiesel-Streits als zu dünn. Die Bauern planen neue Proteste.

Berlin – Die Ampel bleibt im Zugzwang: Nach der Vorlage von Lösungsvorschlägen im Agrardiesel-Streit hat die Opposition die Pläne der Bundesregierung scharf kritisiert. So warf die stellvertretende CDU-Parteivorsitzende Silvia Breher der Koalition vor, eine große Augenwischerei zu betreiben. „Der vorgelegte Entschließungsantrag der Ampel ist voll mit Überschriften und stellt viele Fragen, liefert aber keine Lösungen“, sagte die niedersächsische Bundestagsabgeordnete zu kreiszeitung.de von IPPEN.MEDIA. Einem Aufruf der Grünen zur Zusammenarbeit begegnete sie ebenso skeptisch wie der CSU-Bundestagsabgeordnete Max Straubinger und Unionsfraktionschef Friedrich Merz. Damit dürften die Bauernproteste wohl in der kommenden Woche neuen Auftrieb erhalten.

Streichung der Agrardiesel-Subvention: Ampel-Plan steht im Bundestag zur Abstimmung

Nach tagelangen Bauernprotesten steht die umstrittene Streichung der Agrardiesel-Subvention am Donnerstag (18. Januar) im Bundestag zur Debatte. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts muss die Ampel-Koalition den Haushalt 2024 neu aufstellen und dabei einige Milliarden Euro einsparen. Ein Teil des Geldes soll durch die Kürzungen in der Landwirtschaft beschafft werden – was in der vergangenen Woche zu einem Aufschrei und Bauernaufstand geführt hatte.

Angesichts der bundesweiten Straßenblockaden hatte die Bundesregierung sich kompromissbereit gezeigt und eine ebenfalls geplante Abschaffung der KfZ-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Maschinen bereits wieder zurückgenommen. Zugleich legten die Fraktionsspitzen nach einem Gespräch mit Bauernvertretern dem Bundestag einen Entschließungsantrag für weitere Entlastungen zur Abstimmung vor – etwa zum Abbau von Bürokratie oder einer gesicherten Finanzierung des Umbaus von Ställen. Die Vorschläge, die bis zum Sommer erarbeitet und umgesetzt werden sollen, richten sich dabei weitgehend an dem Papier einer Zukunftskommission zur Landwirtschaft aus.

Entlastung für Landwirte: Cem Özdemir ruft CDU zur Zusammenarbeit auf

Das Gremium war noch von der unionsgeführten Bundesregierung eingesetzt worden. Konkrete Maßnahmen waren jedoch nicht auf den Weg gebracht worden. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) sieht deswegen auch die Union in der Verantwortung im Streit um den Agrardiesel. Es sei „bedauerlich“, dass wichtige Weichenstellungen für die Förderung einer zukunftsfähigen Landwirtschaft nicht in der vergangenen Wahlperiode angegangen worden seien, teilte eine Ministeriumssprecherin auf Anfrage von merkur.de von IPPEN.MEDIA mit. Denn damals sei die „Haushaltslage“ noch eine andere gewesen.

Vor diesem Hintergrund rief der Grünen-Politiker am Donnerstag im Bundestag die Union noch einmal eindringlich zur Zusammenarbeit auf. Man habe nun die Möglichkeit, alle auf die Bäume zu treiben. „Oder aber wir arbeiten alle gemeinsam konstruktiv daran, dass die deutsche Landwirtschaft zukunftsfest aufgestellt ist“, sagte er laut der Nachrichtenagentur dpa. Die Bauern könnten Klima-, Natur- und Tierschutz und zugleich hochwertige Lebensmittel herstellen. „Aber den Aufwand, den muss ihnen dann halt auch jemand bezahlen.“

Union sieht Ampel-Koalition bei der Kürzung der Agrardiesel-Subvention in Zugzwang

Bei der Union ließ man den Minister aber auflaufen. „Bevor die Ampel jetzt in dieser Sache unsere Unterstützung einfordert, sollte sie konkrete Vorschläge für die Zukunft und Planungssicherheit unserer Landwirte auf den Tisch legen“, sagte CDU-Parteivize Breher, die zugleich betonte, dass die Union einen eigenen Entschließungsantrag eingebracht habe.

Und auch Max Straubinger (CSU) nannte den Vorstoß ein „reines Ablenkungsmanöver“. Dass die Beschlüsse der Zukunftskommission nicht mehr in der vergangenen Legislaturperiode umgesetzt worden seien, sei die Schuld der SPD, mit der man sich am Ende nicht auf eine Finanzierung der Maßnahmen hätte einigen können, sagte der bayerische Bundestagsabgeordnete zu kreiszeitung.de von IPPEN.MEDIA. Zugleich forderte er die Ampel zur Rücknahme der Diesel-Beschlüsse auf.

In eine ähnliche Kerbe stieß auch Friedrich Merz. Der CDU-Chef warf der Bundesregierung eine Politik gegen den ländlichen Raum vor. Mit Blick auf die jüngsten Bauernproteste sagte er im Bundestag: „Diese Demonstrationen sind Ausdruck einer immer größer werdenden Unzufriedenheit und eines aufgestauten Frustes, der sich insbesondere gegen die Bundesregierung und gegen die sie tragenden Fraktionen und Parteien richtet.“ Merz wies darauf hin, dass sich viele andere Gruppierungen den Bauernprotesten angeschlossen hätten. „Es war eine Demonstration des gesamten ländlichen Raums der Bundesrepublik Deutschland.“

Die Demonstrationen seien dankenswerterweise friedlich verlaufen, sagte Merz in der Debatte über den agrarpolitischen Bericht 2023. Auch die Vermutung und öffentlich vorgetragene Verdächtigung, dass sie von rechtspopulistischen Kräften unterwandert und missbraucht werden könnten, hätten sich als haltlos erwiesen. „Aber sie waren Teil Ihrer politischen Kampagne gegen die Landwirtschaft“, wetterte Merz an die Adresse der Ampel-Koalition.

Nur ein „Vorbeben“: Landwirte drohen mit neuen Bauernprotesten ab Montag

Doch die Zeit drängt. Sollte der Bundestag kein Signal der Entlastung senden, gehen die Bauernproteste in der kommenden Woche wohl weiter. Der Präsident des Bauernverbands drohte bereits mit entsprechenden Konsequenzen, sollten die geplanten Subventionskürzungen beim Agrardiesel nicht zurückgenommen werden. „Die Landwirtinnen und Landwirte brauchen wir gar nicht fragen. Die rufen ständig an und fragen: ,Bewegt sich was? Wenn sich nichts bewegt, gehen wir wieder auf die Straße‘“, sagte Joachim Rukwied am Donnerstag laut der dpa.

Die bisherigen Bauernproteste waren nur ein Vorbeben.

Die bisherigen Proteste seien das „Vorbeben“ gewesen. „Wenn sich nichts verändert, dann kommt es möglicherweise zur Eruption. Ab kommenden Montag werden wir, sofern die Haushaltsbereinigungssitzung heute Abend kein in unserem Sinne positives Ergebnis bringt, wieder mit Aktionen, und zwar flächendeckend in der ganzen Bundesrepublik, fortfahren“, sagte Rukwied. Details nannte er nicht. (jkf/dpa)

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