Von Hofheim nach Brüssel: Singer zieht ins EU-Parlament
Christine Singer, Hauswirtschaftsmeisterin und Landesbäuerin, zieht für die Freien Wähler ins EU-Parlament. Von Hofheim nach Brüssel - ein großer Schritt für die engagierte Vertreterin der Landwirtschaft. Singer will die politische Arbeit transparent gestalten und die Menschen für eine nachvollziehbare Politik begeistern.
Landkreis – Der Anspruch der Freien Wähler, mehr als eine bayerische Regionalpartei zu sein, wurde gestern schon am Veranstaltungsort der Wahlparty deutlich: Denn Parteichef Hubert Aiwanger feierte mit seinen Mitstreitern den verstärkten Wiedereinzug ins Europaparlament nicht in München, sondern in Berlin – in einem Kongresshotel an der altehrwürdigen Friedrichstraße.
Mit voraussichtlich drei Sitzen (2,7 Prozent; Stand gestern Abend) zieht die konservativ-bürgerliche Kleinpartei in das wichtigste Organ der Europäischen Union ein, dem künftig 720 Abgeordnete angehören werden. Bislang hatten die Freien Wähler nur zwei Mandate. Neu mit dabei: Spitzenkandidatin Christine Singer aus Hofheim (Spatzenhausen).
Von Hofheim direkt nach Brüssel – für die 59-jährige Hauswirtschaftsmeisterin (verheiratet, zwei Kinder) ist dies ein großer Erfolg, aber auch ein Schritt ins Neuland. Denn Aiwanger hat die Landesbäuerin, deren Familie einen Milchviehbetrieb hat, mehr oder weniger aus dem Nichts auf Platz eins für die Europawahl gehievt. Bislang ist Singer als Mitglied des Kreistags Garmisch-Partenkirchen eine klassische Kommunalpolitikerin – und eine engagierte Vertreterin der Landwirtschaft. Entsprechend groß ist der Respekt, mit dem sie an die neuen Aufgaben herangeht. „Das ist schon ein anderes Gefühl“, räumt sie ein. „Ich freue mich auf die neuen Herausforderungen“, betont sie. Singer, die einen intensiven Wahlkampf mit rund 80 Auftritten, vor allem in Bayern, hinter sich hat, gibt sich selbstbewusst: „Ich bin zuversichtlich, dass dies gelingt.“
Viel Zeit zur Vorbereitung hat Christine Singer nicht
Viel Zeit zur Vorbereitung hat sie nicht. Bereits diesen Donnerstag muss sie sich, wie sie gestern im Tagblatt-Gespräch erklärte, in Brüssel registrieren. Im Juli beginnt dann der Sitzungsbetrieb. Singer muss in ihrem neuen Leben als EU-Abgeordnete ein Büro beziehen und Mitarbeiter einstellen.
Politik von unten nach oben – so lautet ihr Motto. Ihr gehe es darum, betont Singer, die Menschen mitzunehmen und für eine Politik zu begeistern, die Werte hat und nachvollziehbar ist – das Credo der Freien Wähler. Der Praxisbezug sei ihr dabei besonders wichtig. Und sie wolle die politische Arbeit und die getroffenen Entscheidungen transparent darstellen. „Ich weiß, wo der Schuh wirklich drückt“, lautete eine ihrer zentralen Botschaften im Wahlkampf.
Thema Landwirtschaft liegt ihr besonders am Herzen
Das Thema Landwirtschaft liegt dabei der Hofheimerin natürlich besonders am Herzen. So ist es ihr Ziel, einen Sitz im Agrar- und Umweltausschuss zu bekommen. Aber Singer möchte sich auch mit den anderen Problemen der Europäischen Union intensiv auseinandersetzen – etwa mit dem Dauerbrenner Zuwanderung. Eine falsche Migrationspolitik ist ihrer Ansicht nach der Hauptgrund dafür, dass viele Menschen frustriert sind und aus Protest rechtspopulistische Parteien wie die AfD wählen. Das Recht auf Asyl sei ein hohes Gut, betont Singer, aber: „Wir können nicht jeden aufnehmen.“ Europa müsse endlich klare Verhältnisse schaffen, wer einwandern darf – und wer nicht.
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Im Landkreis Garmisch-Partenkirchen schneiden die Freien Wähler bei der Europawahl besonders gut ab. Möglicherweise spielte hier der Singer-Effekt eine Rolle. Mit 12,6 Prozent sind sie die zweitstärkste Kraft. Im Vergleich zu 2019 können sie ihr Ergebnis mehr als verdoppeln. Unangefochten die Nummer eins ist und bleibt aber die CSU mit 41,7 Prozent. Es folgen gleichstark auf Platz drei die Grünen und die AfD (beide 10,8 Prozent). Deutlich abgeschlagen dahinter liegen die SPD (6,2 Prozent) und die FDP (3,9 Prozent). Das Bündnis Sahra Wagenknecht kommt auf 3,5 Prozent – ein bemerkenswertes Ergebnis für eine Partei, die sich erst heuer im Januar offiziell gegründet hat.