Nach Politiker-Attacken: CDU-Minister ringt um härtere Strafen für Täter – Reul warnt: „Ist doch irre“

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Nach dem Übergriff auf SPD-Politiker Ecke beraten die Innenminister. Herbert Reul aus NRW warnt schon mal vor überzogenen Erwartungen.

Potsdam/Dresden – Wie lassen sich politisch engagierte Menschen besser vor Gewalt schützen? Einige plädieren für eine stärkere Polizeipräsenz, andere bringen eine Verschärfung des Strafrechts ins Spiel. Der jüngste Auslöser für diese Diskussion ist der Fall von Matthias Ecke. In einer Video-Sondersitzung beraten die Innenminister heute mit Bundesministerin Nancy Faeser über dieses Thema.

Die zuständigen Behörden in Sachsen konnten die Tatverdächtigen im Fall Ecke schnell ausfindig machen. Nun ergreift auch die Landesregierung politische Maßnahmen. Landesinnenminister Armin Schuster (CDU) kündigte in den ARD-„Tagesthemen“ an, dass das Kabinett am Morgen eine Bundesratsinitiative zur Verschärfung der Strafen bei solchen Angriffen beschließen will. Er forderte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) zur Zusammenarbeit auf.

Schärferes Strafrecht gegen politische Gewalt? Esken skeptisch

Buschmann äußerte gegenüber dem Sender Phoenix: „Wir müssen jetzt diskutieren, ob es bessere Schutzkonzepte braucht, ob man mehr Präsenz von Polizei beispielsweise in Einkaufszonen hat, wo häufig die Infostände der Parteien stehen.“ Auch Politikerinnen von CDU und Grünen forderten die Innenministerkonferenz (IMK) auf, für einen verbesserten Polizeischutz von Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfern zu sorgen. Irene Mihalic, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, war eine von ihnen.

Die SPD-Bundeschefin Saskia Esken zeigte sich jedoch zurückhaltend. „Was Herr Schuster vorschlägt, ist eine Art Privilegierung von bestimmten Menschen“, sagte sie dem MDR. Sie konnte sich schwer vorstellen, dass Teile der Bevölkerung von diesem Schutz ausgeschlossen werden.

NRW-Minister Reul glaubt nicht an umfassenden Politiker-Schutz

Der Vorsitzende der IMK, Michael Stübgen, warnte vor überzogenen Erwartungen. „Gewalt und Hetze in unserer Gesellschaft betreffen nicht nur die Innenpolitik. Verrohung und Enthemmung sind ein Problem für die gesamte Gesellschaft“, sagte der CDU-Politiker der Rheinischen Post. „Wer erwartet, dass die Polizei alle Probleme lösen kann, der verkennt die Herausforderungen, vor denen wir stehen.“

Polizisten bei einer Großübung in Wuppertal in NRW im April 2024
Mehr Polizisten gegen Gewalt gegen Politiker? NRW-Innenminister Reul ist skeptisch. © David Young/dpa

Herbert Reul, Innenminister von NRW, äußerte sich noch klarer. „Ist doch irre zu glauben, wir könnten alle Politiker einzeln beobachten“, sagte er dem WDR. „Allein von der Menge geht’s nicht“, so Reul. „Es sind doch Zehntausende.“ Er betonte, dass es gar nicht genug Polizisten gebe, um dies zu bewerkstelligen, zumal diese auch noch andere Aufgaben zu erfüllen hätten. Der CDU-Politiker warnte davor, sich „von ein paar Verrückten“ die Art und Weise, wie Demokratie organisiert wird, „kaputt“ machen zu lassen.

Zahlen zur Gewalt gegen Politiker: Besonders Grüne und AfD betroffen

Matthias Ecke, ein Politiker, wurde in Dresden von Jugendlichen brutal angegriffen und schwer verletzt. Er ist der sächsische SPD-Spitzenkandidat für die Europawahl. In den letzten Tagen gab es auch Angriffe auf Politiker der Grünen und der AfD. Statistiken zeigen, dass 60 Prozent der Angriffe gegen Mitglieder dieser beiden Parteien gerichtet sind. Dazu zählen nicht nur körperliche Gewalt, sondern auch „Äußerungsdelikte“, wie Drohungen oder Beleidigungen. Im vergangenen Jahr wurden AfD-Vertreter 86 Mal und die Grünen 62 Mal körperlich angegriffen.

Stephan Kramer, der Chef des Thüringer Verfassungsschutzes, rechnet nun mit einer Zunahme der Gewalt gegen Politiker. Er sieht eine zunehmende Radikalisierung in Teilen der Gesellschaft. „Wut und Hass sind alltäglich spürbar – selbst in ganz normalen bürgerlichen, also nicht extremistischen Gruppen. Wir werden deshalb und aufgrund der bevorstehenden Wahlen noch mit mehr solchen Exzessen zu rechnen haben“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). (frs mit dpa)

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