Rekordimporte trotz Sanktionen: Russisches Gas fließt weiter nach Europa – Deutschland Top-Abnehmer
Trotz Sanktionen gegen Russland erreichten die Importe von russischem LNG in die EU 2024 ein Rekordniveau. Besonders brisant: Deutschlands Staatsunternehmen SEFE ist einer der Hauptabnehmer.
Frankfurt – Trotz laufender Sanktionen gegen Russland haben die Importe von russischem Flüssigerdgas (LNG) in die EU im Jahr 2024 ein Rekordniveau erreicht. Nach einer neuen Analyse der Deutschen Umwelthilfe (DUH) stiegen die Einfuhren im Vergleich zum Vorjahr um 19,3 Prozent. Das deutsche, bundeseigene Unternehmen SEFE (Securing Energy for Europe GmbH) zählte zu den größten Abnehmern. Die DUH und weitere Umweltorganisationen fordern deshalb ein EU-weites Embargo für russisches LNG.
Rekord-Import von russischem Gas – Deutschland als Hauptabnehmer
Laut der DUH-Analyse, die gemeinsam mit den Organisationen Urgewald, Razom We Stand (Ukraine) und Bond Beter Leefmilieu (Belgien) erstellt wurde, traten deutsche Akteure als Hauptabnehmer von russischem LNG in Erscheinung. Allein SEFE kaufte 2024 58 Lieferungen mit einem Gesamtvolumen von 4,1 Millionen Tonnen – sechseinhalbmal so viel wie im Vorjahr, als das Unternehmen 12 Lieferungen (880.000 Tonnen) bezog.
Russisches LNG machte nach Schätzungen im Jahr zwischen drei und 9,2 Prozent der gesamten deutschen Gasimporte aus. Die genaue Menge bleibt aufgrund mangelnder Transparenz im EU-Gasmarkt unklar. „Mehr als tausend Tage nach Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine importiert die EU weiterhin russisches Flüssigerdgas – und das in Rekordhöhe“, kritisiert Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH.

Embargo gegen LNG aus Russland unverzichtbar – Ukraine kritisiert Importe
Besonders brisant ist die Rolle des staatlichen Unternehmens SEFE, das an langfristigen Lieferverträgen mit dem russischen Anbieter Novatek festhält. „Die Bundesregierung muss einen politischen und wirtschaftlichen Kurswechsel einschlagen und sich für ein unverzügliches europäisches Embargo auf russisches Flüssigerdgas einsetzen“, fordert Müller-Kraenner. Ein solches Embargo sei sowohl aus Sicherheits- als auch aus klimapolitischen Gründen unverzichtbar. Langfristig könne nur der Ausbau erneuerbarer Energien Deutschland und Europa zu einer stabilen Energieunabhängigkeit führen.
Svitlana Romanko, Gründerin und Geschäftsführerin der ukrainischen Organisation Razom We Stand, äußerte scharfe Kritik an den gestiegenen Importen. „Wir nähern uns dem dritten Jahr von Russlands schrecklichem Krieg gegen die Ukraine. Es ist schockierend, dass die EU-Importe von russischem LNG in dieser Zeit sogar noch zugenommen haben. Die Staats- und Regierungschefs müssen mit ihrer Heuchelei aufhören“, so Romanko. Sie forderte die Bundesregierung auf, Verantwortung zu übernehmen und die Importe von russischem LNG durch SEFE umgehend zu stoppen.
Darüber hinaus würde ein europäisches Embargo Russlands wirtschaftliche Mittel erheblich einschränken und damit auch die Verhandlungsposition der EU bei künftigen Friedensverhandlungen stärken.
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Deutschland verbietet direkte Importe von russischem Gas, nutzt jedoch Umwege
Die Importdaten zeigen, dass die EU 2024 insgesamt 15,93 Millionen Tonnen russisches LNG bezog, im Vergleich zu 13,35 Millionen Tonnen im Jahr 2023. Während Deutschland den direkten Import über eigene Häfen untersagt hat, stammen viele Lieferungen „offiziell“ aus Frankreich oder Belgien. Konkret wurden dabei 5,66 Milliarden Kubikmeter von Sefe importiertes LNG im französischen Dünkirchen an der Küste des Ärmelkanals angeliefert, berichtet der Spiegel. Angelos Koutsis, Energie-Experte bei Bond Beter Leefmilieu, kritisiert diese Praxis: „Am Ende können alle Länder behaupten, sie seien für die steigenden Importe nicht verantwortlich. Das muss ein Ende haben.“