Deutsche Traditionsfirma beliefert Autohersteller nicht mehr – und bereut es nicht

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

Kommentare

Mit seinen Lüftern und Ventilatoren belieferte das Unternehmen einst die Automobilindustrie. Doch dann zog es sich aus der Branche zurück.

Mulfingen – Vor einigen Jahren war man bei EBM-Papst noch stolz auf die Partnerschaft mit Mercedes-AMG Petronas Motorsport. Für den Rennwagen des Formel-1-Teams entwickelte und baute der Mittelständler effiziente Aufsatzkühlungslösungen. Doch dann kam die Kehrtwende.

EBM-Papst wendet sich von Autoindustrie ab: Geschäft nicht profitabel zu betreiben

Im Oktober 2022 sagte Klaus Geißdörfer, Chef des Weltmarktführers für Ventilatoren, in einem Interview mit dem Handelsblatt, dass man das Geschäft mit zwei Branchen beenden werde. „Wir werden die Autoindustrie nicht mehr beliefern. Das Geschäft ist nicht mehr profitabel zu betreiben und gehört deshalb künftig nicht mehr zum Kerngeschäft“, so Geißdörfer.

Auch die Hausgeräteindustrie, die Kühlschränke oder Geschirrspüler herstellt, wird nicht mehr beliefert. Insgesamt hat EBM-Papst damit auf zehn Prozent seines Umsatzes verzichtet.

EBM-Papst wendet sich von Autoindustrie ab: Lieber Wärmepumpen- als Autohersteller beliefern

Das Unternehmen will lieber Wärmepumpenhersteller und Cloud-Anbieter beliefern. „Wir sehen riesiges Potenzial in den nächsten zehn Jahren bei den Megatrends erneuerbare Energien, Data-Center und Klimatechnik“, so Geißdörfer. Die Welt werde immer wärmer, weshalb man sich als Ventilatorenhersteller auf die Luft- und Heiztechnik konzentriere.

ebm-papst Gruppe
Ein Mitarbeiter des Elektromotoren- und Ventilatorenherstellers EBM-Papst, arbeitet in der Produktion an einem Ventilator. (Archivfoto) © Christoph Schmidt/dpa

Ende 2023 war der Ausstieg aus der Automobilindustrie vollzogen, der letzte Auftrag für Audi abgearbeitet. Das schlägt sich auch in den Zahlen nieder. Für das vergangene Geschäftsjahr 2023/24, das am 31. März 2024 endete, meldete EBM-Papst einen Umsatzrückgang von 5,2 Prozent auf knapp 2,41 Milliarden Euro. Das Minus führt das baden-württembergische Familienunternehmen auf den Ausstieg aus den Geschäftsfeldern Automobiltechnik und Hausgeräte inklusive des Verzichts auf Neugeschäft in diesen Bereichen zurück.

Autoindustrie ist nicht mehr profitabel: Strategieschwenk verläuft nicht geradlinig

Doch auch der Strategieschwenk verläuft nicht geradlinig. Vor allem die Politik in Deutschland machte EBM-Papst zu schaffen. Hier litt man unter „den Nachwehen des umstrittenen Gebäudeenergiegesetzes und der damit einhergehenden Verunsicherung der Märkte“, teilte das Unternehmen mit.

Das Segment Heiztechnik büßte gegenüber dem Vorjahr 18,7 Prozent seines Umsatzes ein und erzielte 322,9 Millionen Euro. Auch wegen der Unsicherheiten auf dem deutschen Heiztechnikmarkt wird seit Frühjahr 2024 an den Standorten Landshut und Mulfingen in ausgewählten Bereichen Kurzarbeit gefahren.

Dass die neue Strategie dennoch richtig ist, zeigt sich daran, dass der Bereich Luft- und Klimatechnik, auf den sich EBM-Papst mittelfristig ausschließlich konzentrieren will, im Kalenderjahr um 9,5 Prozent gewachsen ist. Trotz eines konjunkturell schwachen ersten Quartals in Europa erzielte dieser Bereich zum Ende des Geschäftsjahres ein Umsatzplus auf 1,73 Milliarden Euro. Mit seinen Ventilatoren für Rechenzentren, Reinräume und Anlagen im Bereich der erneuerbaren Energien sieht sich EBM-Papst in diesem Segment gut positioniert.

Auch interessant

Kommentare