Polt im Gespräch mit Ederer: „Humor kennt keinen Untergang“
Liegt in diesen schwierigen Zeiten im Humor die Rettung? Oder verschärft falsch verstandener Humor bestehende Konflikte? Beim siebten Schlierseer Gespräch widmeten sich Gerhard Polt und Markus Ederer ebenso unterhaltsam wie nachdenklich dem Thema.
„Humor kennt keinen Untergang.“ Darüber waren sich der Kabarettist Gerhard Polt und sein Freund Markus Ederer, ehemaliger Botschafter und Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, beim siebten Schlierseer Gesprächs einig. Das Motto der Matinée beim Schlierseer Kulturherbst im vollbesetzten Bauerntheater erwies sich für das Duo und sein Publikum als gleichermaßen ernsthaft-nachdenklich wie hintergründig-unterhaltend und zeigte, dass und wie Humor gerade durch schwierige Zeiten oder scheinbares Chaos tragen kann. Eigentlich Unterlegene werden Sieger der Situation, zur rechten Zeit entspannt ein Wortspiel, oder eine subversive Spitze sprengt das Alternativlose.
Humor kann Autorität untergraben
Mit ihren Beispielen brachten der versierte Diplomat und der bayerische Humorgroßmeister ihre Zuhörer immer wieder zum Lachen. Eder erzählte von einem russischen Kollegen, der vor einer wichtigen Verhandlung mutmaßte, man werde wohl nicht „little by little“ (kleinklein), sondern eher „Liter by liter“ (literweise) vorankommen müssen. Polt war überzeugt, dass bereits in der Eiszeit und bei den Römern Verhältnisse wie das zwischen Kasperl und Schandi existierten: Der eine erfreut das Publikum damit, dass er letztlich stets die vorgebliche Autorität des anderen unterläuft und aushebelt.
Polt: Grillo und Selenskyj ist Humor abhanden gekommen
Einig waren sich die beiden auch darüber, wie sehr es darauf ankomme, wann, wie, wo, von wem oder gegen wen Humor gezielt oder unfreiwillig stattfindet. Eder erzählte dazu, dass einmal ein Witz von Kanzler Olaf Scholz gar nicht als solcher erkannt wurde, als der launig einen Staatsgast begrüßte, während es einen eigenen Internet-Blog mit und zu den Stilblüten von Außenministerin Annalena Baerbock gebe, und erinnerte daran, dass die nicht mehr komischen Beleidigungen des TV-Satirikers Jan Böhmermann gegen den türkischen Staatspräsidenten Erdogan 2016 zu einem handfesten Krach mit der Türkei und bis zum Bundesgerichtshof geführt hatten. „Wann ist der mangelnde Respekt vor anderen noch Humor oder schon Beleidigung?“ fragte Polt dazu und erklärte die ursprüngliche Herkunft der „Grenze“ aus dem slawischen Wort „granica“ für (fließenden) „Übergang“. Es gebe Tabus, räumte Polt ein, dass aber „mal der Spaß aufhört“ oder auch den Begriff „Spaß beiseite“ fand er „äußerst unglücklich“ und bedauerte, dass dem italienischen Komiker Pepe Grillo und dem ukrainischen Kabarettisten Wolodymyr Selenskyj in der Politik der Humor abhandengekommen sei.
Ein unpassendes Lachen hat Laschet womöglich die Kanzlerschaft gekostet
Ein Lachen zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort habe wiederum Armin Laschet mutmaßlich um die Kanzlerschaft gebracht. Ederer hielt Polt als Beispiele für Komik in der Politik den britischen Ex-Premier Boris Johnson und den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder entgegen. „Und wollen wir überhaupt, dass man sich über Politiker lustig macht?“ Weil Humor sich meist an mürrischen, geizigen, durchtriebenen, dümmlichen oder spießigen Menschen sowie an Unzulänglichkeiten entlädt, stellte Polt fest: „Positiv ist keiner, und das ist schon wieder gerecht.“
Nach einer knappen Stunde setzten die beiden ihren Dialog zusammen mit dem Publikum für ein halbes Stündchen fort, bevor Ederer die Gäste nach dem langen Schlussapplaus zu ihrem sonntäglichen Schweinsbraten heimschickte. Touristikvereins-Vorsitzender Johannes Wegmann hatte dazu den Tipp, die Matinée mit den 30 Karikaturen auf dem Humor-Parcours im nahen Kurpark abzurunden.