Tradition verbindet: Kulturherbst 2024 ist eröffnet
Der Schlierseer Kulturherbst 2024 läuft: Eine Ausstellung über Festtagstracht hat den Veranstaltungsreigen eröffnet. Mit ungewöhnlichen Perspektiven auf „‘s guade Gwand“.
Schliersee – Es ist so wie immer: jedes Jahr ganz anders. Dass der 16. Schlierseer Kulturherbst auch heuer mit bunter Vielfalt und spannenden Eindrücken glänzen kann, verhieß bereits der Eröffnungsabend, der am Donnerstag erstmals im Saal des Heimatmuseums stattfand – mit jugendlichen Plattlern zwischen einem Altschlierseer Trachtenpaar, Fotos von einheimischen Traditionshöhepunkten, der Agatharieder Tanzlmusi, japanischen Kimonos und fernöstlichen Grüntee-Gebäckspezialitäten zu bayerischem Bier und Südtiroler Wein. Den Bogen zwischen zwei Ländern mit reichen Traditionen schlug das Motto der Ausstellung „‘s guade Gwand – Festtagstracht in Schliersee und Japan“.
Dass nicht nur die Menge an Kulturstätten in Schliersee die Gemeinde für etwas wie den Kulturherbst prädestiniert, sondern auch die vielen Künstler am Ort mit ihren Verbindungen ohne teure Agentur seit Jahren ein hochkarätiges Programm ermöglichen, freute Johannes Wegmann als Chef des Schliersee Touristik Vereins ungemein, als er nach Bürgermeister Franz Schnitzenbaumer die Gäste des Abends begrüßte. Beide betonten, wie sehr die Organisation und die Veranstaltungen Gemeinschaftsgefühl und Begegnungen fördern. Zuvor hatte eine Kindergruppe des Schlierseer Trachtenvereins mit einem Rundtanz und einem Schuhplattler alle entzückt. Völkerverbindend richtete der Kulturherbst-Schirmherr, Landrat Olaf von Löwis, eine Begrüßung auf Japanisch an Ehrengast Kenichi Bessho, Münchner Generalkonsul des Kaiserreichs. Der Diplomat wies in seinem Grußwort darauf hin, dass auch in Japan der Herbst eine Zeit traditioneller Kunsttermine sei, und unterstrich, wie sehr das Kennenlernen von Bräuchen verschiedener Länder den Horizont erweitere. Gerade zu Deutschland und Bayern habe Japan seit seiner Westöffnung im 19. Jahrhundert starke Beziehungen, die sich durch eine Ausstellung wie in Schliersee weiter vertiefen würden.
Wie es überhaupt zu der zunächst überraschenden Kombination aus Kathie Ausfelders detailreichen und stimmungsvollen Trachtler-Fotos und den 20 höchst unterschiedlichen Kimonos aus kunstvollen Geweben mit eingewebten, aufgemalten oder gedruckten Landschaften, Wappen, Blumen oder Kranichen samt prächtigen Gürteln aus der großen Sammlung von Mae Rose Rossteuscher kam, erläuterte Wegmann: „Es begann ganz harmlos mit den schönen Fotos anlässlich der herausragenden Feste gerade heuer. Dann rief Sibylle Strack-Zimmermann an und erzählte von den Kimonos in Schliersee.“

Bei allen Unterschieden in Formen und Farben haben die fernöstlichen Gewänder im einfachen T-Schnitt und aufwendig gestaltete Schalke oder Miederdirndl etwas gemeinsam: Sie sind globales Kulturgut für wichtige Anlässe wie Feste, Hochzeiten und Repräsentation. Darauf verwies auch Alexander Wandinger vom Trachteninformationszentrum des Bezirks Oberbayern in Benediktbeuern – selbst Grüntee-Trinker, Benutzer edler japanischer Kochmesser und Besitzer zahlloser Teeschalen – in seinem informativen Vortrag. Wie bei der hiesigen Kleidung gelten bei ihm auch für die japanischen Pendants keine ewig festgeschriebenen Regeln zu Farben, Einsatz für verheiratete oder ledige Frauen sowie Anlässen, sondern vermeintliche Traditionen ändern sich mit den jeweiligen Modeströmungen und gesellschaftlichen Entwicklungen.
Das bestätigte Landtagspräsidentin und Stimmkreisabgeordnete Ilse Aigner: „Auf meinen alten Klassenfotos haben wir Jeans an, heute siehst du da Kinder in Dirndln und Lederhosen. Und ich habe ein Schalkgewand, obwohl ich nicht verheiratet bin.“ Sie beschloss den Redenreigen mit einer „Gratulation zur Programm-Vielfalt dieses Kulturherbstes!“
Während des Kulturherbstes ist der Eintritt ins Schlierseer Heimatmuseum mit der Sonderausstellung „‘s guade Gwand“ kostenlos. Geöffnet ist Dienstag bis Freitag von 14 bis 16 Uhr, Samstag und Sonntag von 14 bis 17 Uhr. Auf der Internetseite des Festivals gibt es alle Infos zum Kulturherbst und das vollständige Programm.
Von Gudula Beyse