EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen erhält heute Karlspreis: Laschet kontert Kritik
Ursula von der Leyen erhält den Karlspreis 2025. Laschet verteidigt die Entscheidung und betont ihre Bedeutung für die europäische Einheit.
Aachen – Am heutigen Himmelfahrtstag (29. Mai) wird der Internationale Karlspreis zu Aachen an Ursula von der Leyen, die Präsidentin der Europäischen Kommission, verliehen. Armin Laschet (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses und ehemaliger Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, verteidigte in einem Interview die Entscheidung zur Verleihung der Auszeichnung.
Laschet verteidigt Karlspreisverleihung an EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen
„Europa ist bedroht, könnte auseinanderfallen, die Mitgliedstaaten laufen immer weiter auseinander. Ursula von der Leyen ist eine Präsidentin, die Europa sowohl in der Corona-Zeit als auch jetzt im Krieg und in dem Konflikt der Ukraine zusammengehalten hat“, sagte Laschet gegenüber der Welt. Die Entscheidung, den Preis an die Präsidentin der Europäischen Kommission zu verleihen, sei daher mehr als gerechtfertigt.
Laschet erklärte weiter, dass es in diesem Jahr darum gehe, „in den Kern der europäischen Institutionen zurückzukehren“. Der CDU-Politiker verwies auf ihre Erfolge bei der Sicherstellung der Einstimmigkeit innerhalb der EU, besonders im Hinblick auf Sanktionen gegen Russland, und hob ihre Bemühungen um die Verschiebung von Zöllen im Handelskonflikt mit den USA hervor.
Proteste und Kritik an von der Leyens Führung
Trotz Laschets Unterstützung gibt es zunehmend Proteste und Kritik an der Verleihung des Karlspreises an Ursula von der Leyen. Verschiedene Organisationen, darunter Umwelt- und Menschenrechtsgruppen sowie Antikriegsbündnisse, werfen von der Leyen vor, den „Green Deal“ geschwächt zu haben und die EU in eine gefährliche Aufrüstung zu treiben.
Besonders die geplanten Militärprogramme wie „ReArm Europe“ sowie ihre Rolle im Umgang mit der Migrationspolitik und Frontex stehen unter Beschuss. Demonstrationen sind in Aachen zur Preisverleihung angesagt, bei denen die Kritiker eine Deeskalation statt einer Aufrüstung fordern.
Laut einem Bericht von t-online.de haben die Protestgruppen auch die Entscheidungen von von der Leyen in der Flüchtlingspolitik ins Visier genommen. Ihr Umgang mit den Migrationsströmen und die Zusammenarbeit mit Frontex stünden in direkter Widerspruch zu den Idealen einer humanitären Union, die den europäischen Werten treu bleiben sollte.
Wegen Corona-Politik: Kritik an Karlspreis für von der Leyen
Kritische Stimmen kommen auch aus dem deutschen Nachbarland Schweiz. Marc Felix Serrao hält in einer Kolumne in der Neuen Züricher Zeitung (NZZ) fest, dass die EU im Angesicht des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine zwar einigermaßen vereint agiere, aber der langfristige Erfolg einer sicherheitspolitisch geschlossenen Union fraglich bleibt. Auch von der Leyens Einfluss wird relativiert: „Ohne Wladimir Putins neoimperiale Ambitionen auf der einen Seite und ohne Donald Trumps transatlantischen Liebesentzug auf der anderen Seite hätten sich die Europäer schon bisher kaum bewegt.“
Ferner, so Serrao, würden von der Leyens Initiativen wie der Green Deal und das Management der Corona-Pandemie durchaus auch umstrittene Einschätzungen nach sich ziehen: „Die Kommissionspräsidentin mag mit dafür gesorgt haben, dass die Menschen in den Mitgliedstaaten nach einem holprigen Start schneller gegen Sars-CoV-2 durchgeimpft wurden als anderswo auf der Welt. Doch die milliardenschwere Beschaffung der Impfstoffe wirft bis heute Fragen auf. Und Frau von der Leyen mauert.“
Karlspreis-Verleihung inmitten eines turbulenten politischen Klimas
Die diesjährige Verleihung des Karlspreises erfolgt also in einer politisch angespannten Atmosphäre. Die Europäische Union sieht sich nicht nur dem Krieg in der Ukraine, sondern auch wachsenden populistischen und anti-europäischen Tendenzen innerhalb ihrer Mitgliedstaaten ausgesetzt. Die Begründung des Karlspreisdirektoriums, das Ursula von der Leyen als „europäische Führungspersönlichkeit“ bezeichnete, hebt indes hervor, dass die Präsidentin die EU in dieser schwierigen Zeit visionär und entschlossen führt.
Die festliche Veranstaltung, die im Aachener Rathaus stattfindet, wird von Bundeskanzler Friedrich Merz und dem spanischen König Felipe VI. begleitet, die beide in ihren Festreden von der Leyens Verdienste um die europäische Einigung würdigen werden.
Der Karlspreis 2025: Ein politisches Zeichen für Europa?
Der Karlspreis gilt als eine der wichtigsten politischen Auszeichnungen in Europa. Er wird seit 1950 an Persönlichkeiten oder Institutionen verliehen, die sich besonders um die europäische Einigung und den europäischen Gedanken verdient gemacht haben. In den vergangenen Jahren wurden unter anderem der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sowie belarussische Oppositionelle ausgezeichnet.
Die Wahl von Ursula von der Leyen in diesem Jahr sei ein klares Bekenntnis zu den institutionellen Wurzeln der EU, die in einer Zeit großer Herausforderungen stabilisiert werden müssen. Das Preisgeld in Höhe von einer Million Euro wird von von der Leyen, schreibt die AFP, für proeuropäische Projekte verwendet, insbesondere für Hilfsorganisationen, die sich um traumatisierte Kinder in der Ukraine kümmern.
Deutsche Persönlichkeiten, die mit dem Internationalen Karlspreis zu Aachen ausgezeichnet wurden
1954 | Konrad Adenauer |
1977 | Walter Scheel |
1984 | Karl Carstens |
1988 | Helmut Kohl |
1997 | Roman Herzog |
2008 | Angela Merkel |
2012 | Wolfgang Schäuble |
2015 | Martin Schulz |
2025 | Ursula von der Leyen |
Geschichte des Karlspreise und historische Debatten
Neben der Auszeichnung an von der Leyen gab es auch in der Vergangenheit immer wieder Diskussionen über die Auswahl der Preisträger. In der Geschichte des Karlspreises gab es wiederholt Debatten, etwa als 1987 Henry Kissinger ausgezeichnet wurde, was zu einem Eklat im Direktorium führte. Auch Armin Laschet, so die FAZ, kritisierte in der Vergangenheit, dass beispielsweise Willy Brandt und Michael Gorbatschow bisher nicht geehrt wurden.
Für Laschet ist die diesjährige Verleihung ein Schritt zurück zum Kern der europäischen Institutionen und ein Signal für die Bedeutung von Europa in einer zunehmend unsicheren Weltordnung. Die Auszeichnung soll nicht nur die aktuelle politische Lage reflektieren, sondern auch die Bedeutung einer stabilen und handlungsfähigen EU unterstreichen.