Bundestagswahl: Wollen Sie 2025 weitermachen, Herr Stracke?

Nachdem Grüne und SPD im Ostallgäu ihre Direktkandidaten für die Bundestagswahl 2025 kürzlich bekanntgegeben haben, macht nun auch der CSU-Kreisverband Nägel mit Köpfen: Die Christsozialen wollen mit Amtsinhaber Stephan Stracke aus Kaufbeuren in den Wahlkampf gehen. Im Interview mit dem Kreisboten sprechen Kreisvorsitzender Lars Leveringhaus und Abgeordneter Stracke über den reformierten Wahlkreis, die Oppositionsarbeit der letzten Jahre und aktuelle Wahlumfragen.
Herr Stracke, die wichtigste Frage gleich zuerst: Wollen Sie als Bundestagsabgeordneter weitermachen?
Stracke: „Ja! Mir macht der Beruf, Abgeordneter für die Region zu sein, viel Freude. Man kann viel fürs Allgäu bewegen und in Berlin mitgestalten – jedenfalls, wenn man in der Regierung ist.“
Zuletzt waren Sie in der Opposition. Haben Sie diesmal länger überlegen müssen, sich erneut für das Amt zu bewerben?
Stracke: „Natürlich habe ich mir das gut überlegt und auch mit der Familie besprochen. Ich trete mit der vollen Überzeugung an, dass ich es schaffen werde, die Region weiter voranzubringen. Dabei ist das Zusammenwirken mit Bürgermeistern, Landrätin und Landtagsabgeordneten entscheidend, und das hat bei uns im Ostallgäu in den vergangenen Jahren hervorragend funktioniert.“
Steht auch der Kreisverband hinter dieser Entscheidung, Herr Leveringhaus?
Leveringhaus: „Wir sind noch im Nominierungsprozess, aber für uns ist klar: Stephan Stracke ist unser Kandidat. Das hat auch der einstimmige Empfehlungsbeschluss der Kreisvorstandschaft nochmal deutlich gemacht.“
Gibt oder gab es weitere Kandidaten, die bei Ihnen Ambitionen angemeldet haben?
Leveringhaus: „Nein. Stephan Stracke hat eine so starke Position bei uns, nicht nur weil wir ihn persönlich schätzen. Ein Abgeordneter blüht erst dann so richtig auf, wenn er über längere Zeit im Amt ist. Deshalb gibt es keinerlei Wechseltendenzen. Ich sehe nur Vorteile darin, dass wir auch weiterhin zusammenarbeiten. Stephan wirkt in unserer Region und hat in der Bundespolitik ein klares und anerkanntes sozialpolitisches Profil. Er ist da, wo er hingehört, und hat unsere volle Unterstützung.“
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„Stephan Stracke ist unser Kandidat. Es gibt keinerlei Wechseltendenzen.“
Mit der Wahlkreisreform wurden der Landkreis Unterallgäu und die Stadt Memmingen vom Ostallgäu abgetrennt, stattdessen hat unser Wahlkreis acht Gemeinden aus dem Landkreis Augsburg dazu gewonnen. Wie sieht da das neue Machtverhältnis aus, wenn es um die Kandidatenfrage geht?
Leveringhaus: „Die Stimmenverhältnisse liegen natürlich klar auf der Seite unseres Landkreises. Das Interesse beider Kreisverbände muss es aber sein, dass wir nicht nach Machtverhältnissen rechnen. Wir gehören alle zur CSU, sind eine Partei mit gemeinsamen Zielen und verstehen das partnerschaftlich.“
Stracke: „Die Wahlkreisreform wurde ja am grünen Tisch entschieden. Die Zuschneidungen sind von der Ampel rein willkürlich gewählt und nicht regional gewachsen. Nun beginnt ein Prozess des Kennenlernens. Mein Anspruch ist es, auch für diese neue Region das Beste als Abgeordneter zu erreichen.“
Was meinen Sie, wie wird sich die Reform auf Ihr Ergebnis auswirken?
Stracke: „Die Reform führt dazu, dass die Zweitstimme eine höhere Bedeutung hat. Wir kämpfen vor allem für ein sehr gutes Ergebnis der CSU und wollen Olaf Scholz in Rente schicken. Da haben wir keine Stimme zu verschenken.“
A propos Prognosen: Ministerpräsident Söder und die CSU erlebten zuletzt ein Rekord-Umfragehoch. Laut Insa-Institut hat die CSU einen Höhenflug und käme in Bayern auf 43 Prozent, so viel wie seit sechs Jahren nicht. Was macht Ihrer Meinung nach den aktuellen Beliebtheitserfolg aus?
Stracke: „Das hat zum einen mit der großen Zustimmung gegenüber Markus Söder und der Arbeit der Landesregierung zu tun. Es wird gesehen, dass die CSU in wichtigen Entscheidungen richtig lag und Bayern gut entwickelt wurde. Zum anderen spiegeln die Zahlen die Unzufriedenheit mit der Ampel wider, die Deutschland in die Wirtschaftskrise geführt hat und seither nicht mehr aus dieser Sackgasse rausfindet.“
Der Sprung ging vor allem zu Ungunsten der Freien Wähler, die auch Teil der Landesregierung sind. Allein durch den Ampel-Frust ist der Sprung also nicht zu erklären…
Stracke: „Die Landtagswahlen im Osten haben gezeigt, dass die Ambitionen der Freien Wähler Richtung Bundespolitik eine empfindliche Niederlage erlitten haben. Mit dem Blick darauf, die Ampel abzulösen, überlegen sich die Menschen, wem sie ihre Stimme geben. Und da wächst es zur CSU hin, weil die Freien Wähler zwar einen bundespolitischen Anspruch formulieren, aber auf Bundesebene nicht durchsetzungsfähig sind.“
Wermutstropfen bei dieser aktuellen Umfrage übrigens: Die AfD fährt satte 18 Prozent ein. Deshalb die Frage: Wie viel Verantwortung trägt dafür die CSU mit ihrer aktuellen Politik – und mit ihrer Polemik in Richtung Ampel und ihr permanentes Grünen-Bashing?
Leveringhaus: „Die Stärke der AfD ist die Schwäche der SPD, FDP und der Grünen. Man merkt: Wenn die Vorgaben zu streng gesetzt werden und den Bürgern Entscheidungsfreiheiten genommen werden, etwa beim Gebäudeenergiegesetz, reagieren sie mit Widerstand. Die Gesellschaft ist nicht mehr obrigkeitshörig und akzeptiert keine zu starren Vorgaben – vor allem, wenn diese in den persönlichen Bereich hineinwirken.“
Tragen auch Sie selbst (wie viele Vertreter der CSU) durch das gürteltiefe Abkanzeln der Grünen dazu bei, die extremen bis extremistischen Parteien an den Rändern zu stärken? Was hat die CSU davon, die demokratischen Parteien so klein zu machen? Wie viel Verantwortungslosigkeit darf man Ihnen da vorwerfen?
Stracke: „Letztlich ist es doch die Unzufriedenheit mit der Ampel, die die Ränder stärkt. Die Ampel löst keine Probleme mehr, sondern ist selbst das Problem, darauf muss die Opposition hinweisen. Unsere Aufgabe ist es, deutlich zu machen, was schiefgeht und gleichzeitig bessere Ideen und Konzepte aufzuzeigen.“
...und das wollen Sie durch Polemik erreichen? Die Grünen bezeichnen Sie, Herr Stracke, als „Verbotspartei“ und „ideologische Geisterfahrer“, Hubertus Heil (SPD) sei ein „Trickser“.
Stracke: „Wir machen keinen Polemik-Wettlauf um den härtesten Spruch, uns geht es darum, bessere Politik für Deutschland zu machen.“
„Wir machen keinen Polemik-Wettlauf, uns geht es darum, bessere Politik zu machen“
Friedrich Merz ist Ihr Spitzenkandidat. Wie schade ist es für Sie, dass Markus Söder seine Kanzler-Ambitionen zugunsten von Merz aufgegeben hat? Hätte das nicht unglaublichen Schwung in den CSU-Wahlkampf gebracht?
Stracke: „Das Signal beim Parteitag in Augsburg war eindeutig: Gemeinsam wollen wir Deutschland wieder nach vorne bringen. Eine große Harmonie und der Wille, an einem Strang zu ziehen, waren hier absolut spürbar. Und im Übrigen auch der Wille, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen: Eine zerrissene Union entwickelt keine Strahlkraft. Ich habe da großen Respekt vor der Entscheidung von Markus Söder und finde, dass Friedrich Merz ein top Kanzlerkandidat ist.“
Geht auch die CSU an der Basis da voll mit?
Leveringhaus: „Ich bin unserem Ministerpräsidenten sehr dankbar, dass er das so entschieden hat. Die Rede von Friedrich Merz auf dem Parteitag war eine Kanzlerrede. Man hat gesehen: So hält man einen Laden zusammen.“
Blicken wir noch zurück: Wie haben Sie die bisherigen drei Jahre Opposition erlebt, Herr Stracke?
Stracke: „Das ist tatsächlich ein komplett anderes Arbeiten, man ist zurückgeworfen auf sich selbst und entwickelt zusammen mit den Unionskollegen neue Ideen. Vielleicht ist genau das auch der Vorteil einer Opposition, dass man sich intensiver mit programmatischen Themen beschäftigen kann, denn Regieren ist häufig schnelles und pragmatisches Handeln. 2021 waren wir schlichtweg personell und auch inhaltlich ausgezehrt, also nicht mehr attraktiv. Jetzt ist unser Anspruch, dass nach spätestens vier Jahren Schluss ist mit Opposition.“
Mit welchen Themen wollen Sie die Wähler überzeugen?
Leveringhaus: „Schwerpunkt wird die Wirtschaftspolitik sein. Merz hat deutlich gesagt, dass die Migrationspolitik nicht in den Wahlkampf gehen soll, das würde er gerne gemeinsam mit der Regierung abstimmen, damit wir einen gesellschaftlichen Konsens finden. Auch die Sozialpolitik wird eine Rolle spielen.“
Stracke: „In den nächsten Monaten stellen wir das Wahlprogramm gemeinsam mit der CDU auf. Vor allem in der Wirtschafts-, Migrations- und Landwirtschaftspolitik wird deutlich werden, was wir anders machen wollen als die Ampel.“
Mit welchen Leistungen wollen Sie selbst bei den Wählern punkten?
Stracke: „Wenn man sich die letzten Jahre anschaut, wurden 100 Millionen Euro in die Ortsumgehung Marktoberdorf-Bertoldshofen und die Verbesserung der Verkehrsführung investiert. Das war zuletzt das größte Bauvorhaben in Schwaben. Außerdem haben wir den Grundstein gelegt für den vierspurigen B12-Ausbau und auch in Pforzen gibt es die Bestätigung, dass es mit der Umgehung weitergeht. Da habe ich es geschafft, dass die Umgehung im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans verankert ist.
In den nächsten Jahren wird es weiter darum gehen, die Bundeswehrstandorte Kaufbeuren und Füssen fit zu machen für die Zukunft. In Füssen sollen perspektivisch 60 Millionen Euro investiert werden. Ein weiteres wichtiges infrastrukturelles Projekt war die Elektrifizierung der Bahnlinie München-Memmingen-Lindau.“
Wie geht es da weiter?
Stracke: „Da ist entscheidend: Was elektrifizieren wir denn? Ganz wichtig ist Augsburg-Buchloe, aber es wäre das Beste, wenn wir die Elektrifizierung runterziehen bis Kempten/Hergatz und Füssen – zumindest bis Biessenhofen. Dann könnten wir die Strecken mit batteriebetriebenen Zügen befahren. Das wäre ein Quantensprung!“
Kleiner Exkurs zum Schluss: Ihr Ministerpräsident avanciert immer mehr zum Instagram-Helden. Wenn „Söder isst“… dann vielleicht „Stracke segelt“?
Stracke: (lacht) „Ich kann tatsächlich segeln und habe einen Schein, allerdings kein Boot.“
Leveringhaus: „Dann machen wir im Sommer einfach eine Kajak-Tour über den Forggensee?“
Mit welchem Hashtag?
Stracke: „Ganz klar: #paddelnfürdeutschland (lacht)! Aber im Ernst: Die sozialen Medien sind natürlich ein wichtiges Tool in der politischen Kommunikation, um gerade jüngere Menschen zu erreichen, die sich über diese Kanäle informieren. Für die schnelle Kommunikation bieten die sozialen Medien sicher Vorteile, aber natürlich ist nicht alles qualitätsgestützt, was da an Botschaften so alles durch die Welt geistert. Für mich hat die Kommunikation mit den Menschen vor Ort, Unternehmen, Verbänden und Vereinen weitaus mehr Gewicht. Davon lebt Politik!“