Bürgerversammlung: im Zwist mit Reichlings Bürgermeister

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Ernste Gesichter: Die Gemeinderäte und Bürgermeister Johannes Hintersberger (rechts). © Jais

Ist das nur „kurios“, wie Bürgermeister Hintersberger formuliert, oder doch etwas mehr? Das Zerwürfnis zwischen Bürgermeister, einigen Gemeinderäten und vielen Reichlingern ist auf der Bürgerversammlung, zu der 205 Besucher in den Happerger-Saal gekommen waren, nun auch in großer Runde deutlich geworden.

Reichling/Ludenhausen – Schon die letzte Bürgerversammlung im Dezember 2022 ging über vier Stunden und endete erst um Mitternacht. Und auch jetzt war es schon nach halb zwölf, als die Bürgerversammlung in Ludenhausen nach mehreren Appellen zum Zusammenraufen und zur Zusammenarbeit zu Ende ging. Rathauschef Johannes Hintersberger antwortete, ihm läge auch daran, den Bruch zu kitten.

Aufforderung zum Rücktritt: Reichlings Bürgermeister im Zwist mit den Bürgern

Auf der Bürgerversammlung nahm er zweimal Bezug auf die Liste mit den knapp 600 Unterschriften, die Ende 2023 gesammelt wurden. Hintersberger war wegen seines Politikstils und seiner Amtsführung zum Rücktritt aufgefordert worden (der KREISBOTE berichtete). Zu den Initiatoren gehörten auch vier Gemeinderäte. Hintersberger kündigte an, dass er im Sommer an einigen Wochenenden „rumgehen“ und fragen wolle, wo der Schuh drücke.

Anfangs entschuldigte Hintersberger den Landrat. Aus dessen Büro erhielt er am gleichen Vormittag die Nachricht, dass Thomas Eichinger nicht zur Bürgerversammlung komme. In der zweiten Reihe, hinter Mirjam Hintersberger, der Frau des Bürgermeisters, und hinter mehreren Gemeinderäten verfolgte Maximilian Schuler von der Rechtsaufsicht des Landratsamtes aufmerksam die Versammlung. Wie berichtet, war Hintersberger von der Kommunalaufsicht im Vorfeld dazu gedrängt worden, die Bürgerversammlung für 2023 jetzt endlich einzuberufen.

Im Resümee zum vergangenen Jahr erwähnte Hintersberger neben gemeindlichen Maßnahmen und Aktivitäten auch seine Hochzeit. Zudem ging er – ebenfalls von einem Foto unterlegt – auf die Unterschriftensammlung „Jetzt reicht’s“ in der Gemeinde ein, die er mit dem Wort „kurios“ bedachte. Er habe die Liste von den Initiatoren nie zu sehen bekommen. Schade finde er, dass die Betroffenen erst nach der Aktion den Kontakt mit ihm gesucht hätten.

Unterschriftenaktion ist keine Schmierenkampagne

Nach ausführlichen Informationen zu den Themen Kindergartenneubau Ludenhausen und Gasbohrung am Lech (ausführlicher Bericht folgt) kamen trotz fortgeschrittener Stunde noch diverse Wortmeldungen zum Thema. Ein junger Bürger appellierte an Rathauschef Hintersberger, die Unterschriftenaktion „Jetzt reicht’s“ nicht als Schmierenkampagne oder unseriös abzutun. So ein Stimmungsbild dürfe sehr wohl beim Bürgermeister ankommen. Hintersberger entgegnete, es sei durchaus zu hinterfragen, wie die Unterschriftenliste zustande gekommen sei – er meinte mangelnde Hintergründe der Unterzeichner ohne Infos aus dem Gemeinderat – und „wie ehrlich das Stimmungsbild ist“. Dazu ergänzte der Gemeindechef, er habe auch schon von Leuten gehört, die im Nachhinein angerufen hätten, dass sie wieder von der Liste runterwollten.

Ein anderer Mann im Saal forderte, dass sich die Gegner „zammhocken“ und gründlich erforschen, was sie denn besser machen könnten. Die Frage müsse sich aber erst recht der Bürgermeister stellen. Hintersberger sagte zur Außenwirkung für Reichling: „Wir haben uns benommen wie die größten Deppen“, weil einige Gemeinderäte nicht mit dem Bürgermeister redeten. Kurzer Zwischenruf aus dem Saal: „Oder umgekehrt nicht“.

Eine Frau aus Reichling meldete sich zu Wort. Sie sei in den vergangenen 15 Monaten in jeder öffentlichen Gemeinderatssitzung gewesen. Ihr Eindruck: In dem Gremium werde gemunkelt und gemauschelt.

Ein zweiter Bewerber für den Bauplatz

In der Versammlung erwähnte Hintersberger als kurzes Stichwort auch den Beschluss, dass ihm 2023 die Aufwandsentschädigung vom Gemeinderat gekürzt worden sei. Auf Nachfrage nach der Versammlung erklärte er gegenüber der Redaktion, dass es um 500 Euro ginge. Diese Reduzierung sei der Grund dafür gewesen, dass er und seine Frau bei der Bewerbung um den einzigen noch freien Bauplatz im Kinsfeld in Reichling um eine Fristverlängerung ersucht hätten, um nach der Kürzung die Finanzierung zu klären.

Nach Informationen der Redaktion ist der Antrag auf Fristverlängerung für den Bauplatz mit einem Patt ausgegangen. Dennoch soll später der Vertrag beim Notar beurkundet worden sein. Erst im Nachhinein wurde nachgehakt, dass für den Antrag zur Fristverlängerung eigentlich eine Mehrheit notwendig gewesen wäre. Daher konnte bei nochmaliger Behandlung des Grundstücksverkaufs im Gremium der Vergabe nicht zugestimmt werden.

Um denselben, jetzt wieder frei gewordenen Bauplatz hat sich laut Informationen der Redaktion ein weiterer Reichlinger Bürger beworben. Dabei handelt es sich um den Sohn des dritten Bürgermeisters. Wie eine Retourkutsche des Bürgermeisters könnte daher die aktuelle Entwicklung erscheinen, dass er den aktuellen Beschluss des Gremiums zum Festhalten am Einheimischenmodell der Rechtsaufsicht am Landratsamt zur Prüfung vorlegen will. Die Kriterien des Einheimischenmodells seien nicht mit den Vorgaben aus dem EU-Recht vereinbar, begründet Hintersberger sein Vorgehen.

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