Ausstellung „125 Jahre Bahnlinie Marktoberdorf – Lechbruck“ im Flößermuseum feierlich eröffnet
Nachdem die Eisenbahn zunächst die Flößerei verdrängt hatte, wurde sie vom motorisierten Verkehr abgelöst. Heute wird auf der ehemaligen Bahnstrecke Marktoberdorf-Lechbruck gerne geradelt.
Lechbruck – Die Welt verändert sich, unentwegt. Während heute manche Regionen auf den Glasfaseranschluss warten, war es Ende des 19. Jahrhunderts die Schiene, die einen „mit der Welt“ verband. Als am 1. Juli 1899 die Eisenbahn erstmals von Marktoberdorf nach Lechbruck dampfte, wurde der Fortschritt in der Lechgemeinde eingeläutet. Für eine andere Branche war es eher das Totenglöckchen, denn mit dem Schienenverkehr kam das Aus für die traditionelle Flößerei. Doch auch der örtlichen Bahn war kein langes Leben beschert. All das erfährt man in der neuen Ausstellung des Lechbrucker Flößermuseums, die am vergangenen Samstag feierlich eröffnet wurde.
Ausstellung im Flößermuseum: Zwei Eisenbahnenthusiasten am Werk
Zwei Eisenbahnenthusiasten, Walter Altmannshofer und Kurt Puntschuh, hatten das Thema angeregt und damit bei den Vorsitzenden des Fördervereins offene Türen eingerannt – Gerd Ludwig und Ingrid Kahlert wollten gerne mit ihnen dieses Schlusskapitel im Flößermuseum aufschlagen. „Vor 25 Jahren hatten wir in Rosshaupten eine ähnliche Ausstellung initiiert“, verriet Kurt Puntschuh, „damals zum 100. Jubiläum“. Nun ist also Lechbruck die nächste Haltestelle. Die Frage, ob es dann in 25 Jahren eine weitere Ausstellung an einer anderen ehemaligen Bahnstation geben werde, sorgte bei den Initiatoren für Heiterkeit: „Dann wäre ich ja 93! Da müssen wir mal schauen“, meinte Puntschuh.
Seine Liebe zur Eisenbahn wurde ihm schon früh in die Wiege gelegt, da der Seeger direkt an der Bahnlinie in Marktoberdorf aufwuchs. „Meine erste Modelleisenbahn bekam ich bereits mit fünf Jahren“; später sei die Begeisterung für die großen Originale gewachsen.
Modelle und Originale
Für die Ausstellung wurden verschiedenste Exponate zusammengetragen: So sieht man beispielsweise in einer Glasvitrine die unterschiedlichen Zugmodelle, die in der 72-jährigen Ära auf der Strecke „Marktoberdorf – Lechbruck“ zum Einsatz kamen. Daneben ist ein Modell des einstigen Bahnhofs von Lechbruck ausgestellt, eine originale Bahnschwelle sowie eine rote Laterne, die korrekterweise als Zugschlusssignal bezeichnet wird.
Das Herzstück der Sonderschau ist eine bebilderte Wand, auf der die damalige Bahnlinie mit ihren einzelnen Stationen anhand historischer und aktueller Fotos dargestellt wird. Eine humorvolle Ergänzung sind wiederum die Bilder des Cartoonisten Erik Liebermann zum Thema Eisenbahn. Der Münchner Zeichner ist durch seine Karikaturen für die Süddeutsche Zeitung und die Frankfurter Rundschau bundesweit bekannt geworden und lebt seit fast 25 Jahren in Steingaden.
Primär ging es um den Güterverkehr
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Nachdem eine fünfköpfige Blaskapelle den musikalischen Rahmen für die Eröffnung geschaffen und Gerd Ludwig, als 1. Vorsitzender des Fördervereins, die Gäste (sowie auch Bürgermeister Werner Moll) begrüßt hatte, beschrieb Kurt Puntschuh in einem komprimierten Referat die Geschichte der Bahnlinie von Marktoberdorf nach Lechbruck: 1835 war die erste Dampflok auf deutschem Boden eine echte Schlagzeile.
Bereits zwölf Jahre danach besaß Kaufbeuren seinen eigenen Bahnanschluss, 1876 folgte Marktoberdorf, 13 Jahre später fuhr die Königl. Bayr. Staatsbahn bis nach Füssen. Schließlich wollte man das Ostallgäu besser erschließen und erweiterte die Strecke nach Lechbruck. Primär ging es um den Güterverkehr – Holz, Viehtransporte und Torf fuhren nach Norden, während man in der Gegenrichtung Dünger und andere Waren transportierte.
Als im Dritten Reich auch die Freizeit durchorganisiert wurde, kamen die ersten Urlauber mit dem Zug in die Region.Nach dem Krieg baute man Güterwaggons noch zu Personenzügen um, dann setzte die Massenmotorisierung der 50er Jahre ein und der Schienenverkehr verlagerte sich rasant auf die Straße. Die Bahn steuerte dagegen und nahm ein seltsames Gefährt in Betrieb: Drei Jahre lang verkehrte ein „Straßenschienenbus“ zwischen Augsburg und Füssen – mal auf den Gleisen, mal auf Asphalt. Noch wurde die Lechbrucker Bahnlinie für den Bau des Forggenseespeichers genutzt, um unglaubliche Zementmengen an den Lech zu transportieren. Doch bereits gegen Ende des Jahrzehnts dachte man über eine Stilllegung der Strecke nach. Durch den Baumaterialtransport für die Staustufen Lechbruck und Prem in den 60er Jahren verzögerte sich der Entschluss, dann war 1971 auch mit dem Güterverkehr Schluss. Drei Jahre später erfolgte der Rückbau.
Heute ein beliebter Bahntrassenradweg
Heute ist die Strecke ein beliebter Bahntrassenradweg, was man fast als Ironie des Fortschritts bezeichnen könnte: Nachdem die Eisenbahn einstmals die Flößerei verdrängt hatte, um bald vom motorisierten Straßenverkehr abgelöst zu werden, scheint heute das Fahrrad das beliebteste Fortbewegungsmittel in Deutschland zu sein.
Wie die Geschichte weitergeht, werden wir erst rückblickend beurteilen können – vielleicht in 25 Jahren, wenn die Bahnlinie Marktoberdorf − Lechbruck ihr 150-jähriges Jubiläum feiert.
Die Ausstellung im Flößermuseum ist noch bis zum 28. Juli zu sehen.
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