Kein Taurus-Ringtausch? Union lässt über direkte Lieferungen abstimmen – Habeck bleibt gelassen

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Die CDU will erneut über die Lieferung von Taurus-Raketen abstimmen lassen. Bundeskanzler Scholz spricht sich weiter dagegen aus – wie die Mehrheit der Deutschen.

Berlin – Taurus für die Ukraine, ja oder nein? Diese Frage spaltet nicht nur die aktuelle Debatte im Bundestag, sondern auch Teile der Ampel-Koalition. Die Raketen, mit einer Reichweite von 500 Kilometern, könnten laut Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dafür sorgen, dass Deutschland in den Krieg von Russlands Machthaber Wladimir Putin mit hineingezogen werden könnte, berichtete die dpa. Von Befürwortern der Lieferung heißt es nun, Scholz traue dem ukrainischen Militär keinen verantwortungsvollen Umgang mit den Marschflugkörpern zu.

Scholz Sorge sei, dass die Ukraine die Taurus-Raketen für einen direkten Angriff gegen Russland nutzen könne. Für seine Haltung gerät der Bundeskanzler in die Kritik. Der Politologe Thomas Jäger sagte gegenüber der Kölnischen Rundschau, Scholz mache „genau das, was Putin möchte, nämlich hier die Angst schüren“. Unterstützung erhält der Bundeskanzler vom ehemaligen Kanzlerkandidaten der CDU, Armin Laschet. Die Ampel scheint in der Frage aber eher gespalten.

Ringtausch als Kompromiss im Streit um Taurus-Lieferung für die Ukraine?

Sollte sich der Kanzler nicht dazu durchringen können, die Taurus-Raketen direkt an die Ukraine zu senden, solle er zumindest einem sogenannten Ringtausch zustimmen, meint Anton Hofreiter (die Grünen). Ein Ringtausch bedeutet, dass Deutschland einem befreundeten Nato-Land Taurus-Raketen liefert. Im Gegenzug würde das Partnerland gleichwertige Waffen in die Ukraine senden. „Bevor die Ukraine gar keine weiteren Marschflugkörper bekommt, ist der Ringtausch eine Möglichkeit“, so Hofreiter gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Friedrich Merz, Chef der CDU, spricht sich für die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine aus. Eine entsprechende Abstimmung im Bundestag wurde von den Unionsparteien in der nächste Woche angekündigt. (Collage auch Archivbildern) © Collage: Andreas Arnold/picture alliance/dpa Uncredited/picture alliance/dpa/south korea defense ministry

Anders sehe man es in Teilen der CDU. Fraktionsvize Johann Wadephul sei für die Lieferung des „besten Systems und das ist nun mal der Taurus“, sagte er der Rheinischen Post. Um die Niederlage der Ukraine zu verhindern, müsse alles getan werden, so Wadephul. Durch den Ringtausch erhalte die Ukraine Waffen, die den Taurus-Marschflugkörpern in vielen Punkten unterlegen seien.

Doch Scholz erhält nicht nur Gegenwind bei seiner Haltung zu den Waffenlieferungen. Der Ex-Kanzlerkandidat der CDU, Armin Laschet, unterstützt die „grundsätzliche Position des Bundeskanzlers, mit Bedacht und Besonnenheit zu handeln“, sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger und Focus Online. Ganz ohne Kritik kommt Scholz aber auch bei Laschet nicht davon. „Als Bundeskanzler wäre ich gemeinsam mit Emmanuel Macron nach Moskau gereist“, sagte er. Deutschland hätte statt gegenseitiger Beschuldigungen den Schulterschluss mit dem Nachbarland Frankreich suchen und diplomatisch gegen den Ukraine-Krieg vorgehen sollen.

„Das hält die Koalition aus“ – Habeck sieht Taurus-Diskussion gelassen entgegen

Dass sich in der Ampel-Koalition verschiedene Meinungen zur Lieferung von Taurus-Raketen an die Ukraine sammeln, sei kein Problem, meinte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck im Interview mit Welt TV. Auch im Hinblick auf eine erneute Abstimmung im Bundestag, welche die CDU in der kommenden Woche abhalten will, bleibt der Grünen-Minister gelassen. „Wir hatten bei verschiedenen Abstimmungen immer wieder ein paar Stimmen, die sich anders verhalten haben. Das hält die Koalition gut aus“, sagte Habeck. Er habe sowohl Verständnis für die Befürworter, als auch die Gegner der Lieferungen.

Über welche Reichweite verfügt ein Taurus-Marschflugkörper? Etwa 500 Kilometer
Wieviele Taurus-Marschflugkörper besitzt Deutschland? Insgesamt verfügt Deutschland über 600 der Raketen. 150 davon sind einsatzbereit.
Wer produziert Taurus? Taurus wird vom Unternehmen Taurus Systems GmbH produziert – ein Gemeinschaftskonzern aus den Rüstungsunternehmen MBDA und Saab Dynamics
Was kostet ein Taurus-Marschflugkörper? Etwa 950.000 Euro

Habecks Einschätzung bezieht sich auf Äußerungen prominenter FDP-Mitglieder, die ankündigten, sich in der nahenden Abstimmung für die Lieferung auszusprechen. Auch bei der ersten Abstimmung durch die CDU habe man schon mit einer Zusage sympathisiert. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Kubicki sagte im Interview mit dem Münchner Merkur, dass er und „mindestens ein Dutzend weitere Kolleginnen und Kollegen, die ich kenne, liebend gern dem Unionsantrag zugestimmt“ hätten. In der angekündigten Abstimmung würden sich somit einige der Koalitionsdisziplin widersetzen und für eine Lieferung stimmen.

Bevölkerung mehrheitlich gegen Taurus-Lieferung – Grünen-Anhänger mit knapper Mehrheit dafür

In der deutschen Bevölkerung sehe man die Taurus-Lieferung, ähnlich wie der Bundeskanzler, kritisch. Laut einem aktuellen Polit-Barometer des ZDF, sprechen sich lediglich 34 Prozent der Deutschen für die Lieferung an die Ukraine aus. Ganze 59 Prozent hätten mit „Nein“ gestimmt. Die Ablehnung sei unter den Anhängern der AfD (90 Prozent dagegen) und des BSW (85 Prozent dagegen) am größten.

Nur die Anhänger der Grünen würden sich eher für eine Lieferung von Taurus-Raketen aussprechen. Rund die Hälfte (54 Prozent) sei für eine Lieferung, dicht gefolgt von Anhängern der FDP (49 Prozent dafür). Damit scheint der Kanzler mit seiner ablehnenden Haltung im Sinne der mehrheitlichen Bevölkerung zu agieren. Anhänger der Unionsparteien, die sich offen für eine Lieferung aussprechen, seien mit 45 Prozent der Befragten dafür und 47 Prozent dagegen, gespalten. (nhi)

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