Aufholjagd in Umfragen: Wie Harris bei der US-Wahl Trump den Weg zur Macht verbauen kann
Kamala Harris muss sich auf einen Wahlkampf mit harten Bandagen einstellen. In den Umfragen liegt sie teilweise vor Trump – aber wird das für einen Sieg reichen?
Washington, D.C. – Joe Bidens Rücktritt hat in den USA für ein echtes Polit-Beben gesorgt. Auf der einen Seite zeigt sich Begeisterung unter den Anhängerinnen und Anhängern der Demokraten. Kamala Harris, die wahrscheinliche Nachfolgerin von Biden als Kandidat für die US-Wahl 2024, konnte in Windeseile genügend Unterstützer für ihre Präsidentschaftskandidatur sammeln. Zudem erhielt sie in 24 Studen eine Rekord-Spendensumme von 81 Millionen US-Dollar.
Auf der anderen Seite, dem Lager des Ex-Präsidenten Donald Trump, breitet sich jedoch regelrechte Panik aus. Denn die gesamte Wahlkampfstrategie der Republikaner war auf eine Kandidatur von Biden zugeschnitten. Trump griff seinen ehemaligen Kontrahenten regelmäßig wegen seines Alters und den damit einhergehenden Ausfallerscheinungen an. „Sleepy Joe“ wurde sowas wie ein Spitzname für den Demokraten. Jetzt, da sich Trump einer jüngeren Kandidatin stellen muss, geht diese Strategie nicht mehr auf. Wie nervös die Republikaner sind, zeigt sich daran, dass sie gegen den Kandidatenwechsel klagen wollen.
Doch trotz aller Begeisterung unter den Demokraten zeichnet sich in den Umfragen ein knappes Rennen zwischen Trump und Harris ab. Wie könnte Bidens Vize-Präsidentin die US-Wahl 2024 für sich entscheiden?
Umfragen zeigen knappes Rennen zwischen Trump und Harris – Demokraten holen bei US-Wahl auf
Die Woche begann mit einer guten Nachricht für die Demokraten. Nachdem Biden monatelang in den Umfragen hinter Trump gelegen hatte, scheint sich das Blatt mit Harris zu wenden. Eine Ipsos-Umfrage im Auftrag der Nachrichtenagentur Reuters zeigt, dass Harris mit 44 Prozent jetzt zwei Prozentpunkte vor Trump (42 Prozent) liegt. Die erste landesweite Umfrage nach Bidens Rücktritt von Montag (22. Juli) hat eine Fehlerquote von drei Prozentpunkten.
In einer Umfrage von CNN/SSRS vom Mittwoch (24. Juli) liegt Harris dagegen noch hinter Trump. Die Demokratin kommt hier auf 46 Prozent, wobei Trump mit 49 Prozent drei Prozentpunkte vor ihr liegt. Jedoch gilt auch für diese Umfrage eine Fehlerquote von drei Prozentpunkten. Statistisch betrachtet liegen Harris und Trump derzeit gleichauf.
Umfrage US-Wahl 2024 – Harris liegt bei Menschen mit Migrationshintergrund und Jugendlichen vor Trump
Dass die Demokraten unter Schwarzen, hispanischen und jugendlichen US-Bürgerinnen und Bürgern beliebter sind als die Republikaner, ist an sich keine große Überraschung. Doch Biden musste gerade in diesen Gruppen zum Teil schwere Verluste hinnehmen. Laut dem US-Sender CNN lag Biden im April bei der Schwarzen US-Bevölkerung bei 70 Prozent, der hispanischen bei 41 und unter Jugendlichen bei 49 Prozent. Zum Vergleich: 2020 entschieden sich 84 Prozent der Schwarzen, 58 Prozent der hispanischen und 60 Prozent der jugendlichen Wählerinnen und Wähler für Biden.
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Harris könnte diese Verluste laut aktueller Umfragen zumindest teilweise wieder ausgleichen. So zeigt eine Umfrage von SSRS im Auftrag von CNN, dass Harris bei der Gruppe der 18-34-Jährigen derzeit auf 47 Prozent kommt. Bei der Schwarzen Bevölkerung kann sie 78 Prozent der Stimmen hinter sich vereinen und auch bei hispanischen Wählenden steigt der Wert auf 50 Prozent.
Wählergruppe | Harris (in %) | Trump (in %) | Biden (in %) |
---|---|---|---|
Schwarze | 78 | 15 (aktuell) / 23 (April) | 70 (April) |
Jugendliche | 47 | 43 (aktuell) / 49 (April) | 49 (April) |
Hispanics | 47 | 45 (aktuell) / 50 (April) | 41 (April) |
Frauen | 50 | 45 (aktuell) / 46 (April) | 46 (April) |
Überraschend sei diese Verschiebung der Stimmen für Harris nicht, so CNN. Immerhin habe Biden hier das schlechteste Ergebnis eines demokratischen Kandidaten seit 50 Jahren eingefahren. Die Bedenken an seiner Tauglichkeit für das Amt des US-Präsidenten waren zuletzt immer größer geworden – in allen Bevölkerungsgruppen.
Reicht der Vorsprung gegen Trump? Harris muss vor US-Wahl Überzeugungsarbeit leisten
Obwohl Harris in diesen Gruppen bereits ein wenig Boden wiedergutmachen konnte, liegt sie mit ihren Umfrageergebnissen noch immer deutlich hinter denen von Biden aus dem Jahr 2020. Aktuell dürfte es somit knapp werden, die für einen Sieg gegen Trump benötigten 270 Wahlleute zu erreichen.
Doch der wachsende Zuspruch innerhalb der US-Bevölkerung deute darauf hin, dass Harris im Vergleich zu Biden das Potenzial besitze, weitere Menschen von sich zu überzeugen, so CNN. Sollte sie sich als eigenständige Kandidatin etablieren und sich von der Figur der Biden-Vizepräsidentin lösen können, sei es möglich, weitere Wählerinnen und Wähler zu gewinnen.
Harris könnte ihren Migrationshintergrund bei US-Wahl für sich nutzen
Harris wird sich bei der Wahl gegen Trump auf einiges gefasst machen müssen. Das Lager der Republikaner setzt aktuell schon alles daran, eine neue Schmutzkampagne gegen die Vize-Präsidentin auszurollen. NBC News berichtet davon, dass sich Harris kurz nach Bidens Rücktritt Anfeindungen wegen ihres Geschlechts oder ihres Migrationshintergrunds habe gefallen lassen müssen.
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So habe Sebastian Gorka, Moderator des konservativen Senders Newsmax, der auch an der Trump-Regierung tätig war, gesagt, dass Harris neue Kandidatin der Demokraten werde, „weil sie eine Frau ist und sie die richtige DEI-Farbe hat“. DEI steht für „Diversity, equity and inclusion“ – zu Deutsch: Vielfalt, Gerechtigkeit und Integration.
Doch Harris könne das, wofür sie aus dem Trump-Lager angegriffen wird, für ihren eigenen Vorteil nutzen. So glaubt die Zeitung The Economist, dass Harris ihre Identität als erste Schwarze und südasiatische Präsidentschaftskandidatin nutzen könne, um so ein Symbol des amerikanischen Traums darzustellen. (nhi)