Senf bei ÖKO-TEST: Wie gut sind Born, Thomy & Co.?

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Senf bei ÖKO-TEST: Wie gut sind Born, Thomy & Co.?

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Egal ob als würzige Beilage oder als Zutat für Soßen und Dressings: Senf lässt sich vielfältig einsetzen. Umso erfreulicher, dass wir nach unserem Test viele mittelscharfe Senfe empfehlen können. In einigen Produkten sind wir jedoch auf bedenkliche Inhaltsstoffe gestoßen. 

Von Birgit Hinsch, Sarah Becker, Julia Dibiasi, Cordula Posdorf

Dieser Text ist in dieser Form am 30.10.2024 auf oekotest.de erschienen | Ganze 774 Gramm – so viel Senf hat jede und jeder Deutsche im Durchschnitt 2022 gegessen. Aber was steckt drin im Senf – also außer Senfkörnern? Das wollten wir genau wissen und haben deswegen 23 mittelscharfe Senfe ins Labor geschickt.

Senf im Test: Wie gut sind Born, Thomy & Co.?

Das Testergebnis: Acht Produkte sind mit „sehr gut“ rundum empfehlenswert, darunter auch zwei günstige Eigenmarken. Einige Senfe landen jedoch nur im Mittelfeld. Testverlierer ist ein Produkt, das nur mit „mangelhaft“ abschneidet. Die Hauptkritikpunkte in diesem Test: Bisphenol F, Erucasäure und Glyphosat.

Diese Produkte haben wir getestet: Senf im Test

Senf im Test.jpg © ÖKO-TEST

Hier finden Sie die Ergebnisse als PDF-Download

Was ist der Unterschied zwischen Bisphenol F und Bisphenol A?

Bei Bisphenol F (BPF) drängt sich zunächst die Frage auf: Ist BPF das Gleiche wie die bekannte Massenchemikalie Bisphenol A (BPA)? Nicht ganz. Aber es ähnelt dem Stoff in seiner chemischen Struktur.

Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) sieht für Bisphenol F die Kriterien für eine hormonelle Wirkung in der Umwelt erfüllt – vor allem belegt durch Studien an Fischen. Im Gegensatz zu BPA, bei dem der Verdacht naheliegt, dass es nicht nur hormonschädlich wirkt, sondern auch das menschliche Immunsystem beeinträchtigt, fehlen für BPF jedoch wichtige Daten, um dessen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit einschätzen zu können.

Wofür steht ÖKO-TEST?

ÖKO-TEST steht für vorbeugenden Verbraucherschutz und Umweltschutz. In 40 Jahren haben wir mehr als 100.000 Produkte und Dienstleistungen untersucht – objektiv, neutral, sachkundig. Immer wieder haben wir Behörden, Industrie und Politik auf Probleme aufmerksam gemacht und mehrfach die Gesetzgebung beeinflusst. Wir testen, damit Sie eine besser Kaufentscheidung treffen können. Tests unter: shop.oekotest.de/tests

So bewertet ÖKO-TEST Bisphenol F

Deshalb fehlt bisher auch ein entsprechender TDI – also eine Mengenangabe, wie viel BPF ein Mensch täglich aufnehmen kann, ohne gesundheitliche Risiken befürchten zu müssen – auf europäischer Ebene. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) befürwortet deswegen, den 2023 von ihm herausgegebenen TDI für BPA für die gesundheitliche Bewertung heranzuziehen – was wir tun.

Da es sich hierbei lediglich um eine Annäherung handelt, werten wir nur ab, wenn der TDI tatsächlich zu mehr als 100 Prozent ausgeschöpft wird und ziehen moderate zwei statt den üblichen vier Noten ab. Das betrifft bei einer angenommenen Verzehrmenge von 10 Gramm pro Tag bezogen auf einen 60 Kilogramm schweren Erwachsenen fünf Senfe im Test.

Wie BPF in den getesteten Senf gelangt sein könnte

Damit aus Senfsaat Senf wird, werden die Körner gereinigt, gemahlen und mit Wasser, Essig, Salz und Gewürzen zur sogenannten Maische angesetzt. Das BfR vermutet, dass das natürlich in heller Senfsaat vorkommende Glucosinalbin in Kombination mit dem Essig zu Bisphenol F (BPF) reagiert, wovon auch einige Hersteller im Test nach eigenen Angaben ausgehen.

Was das Problem von hohen Erucasäure-Gehalten ist

Kommen wir zur Erucasäure, die wir insgesamt dreimal im Test kritisieren. Von Natur aus enthält Senfsaat und damit auch fertiger Senf Erucasäure – eine Fettsäure des in den Körnern enthaltenen Senföls. Das Problem: Laut BfR können hohe Gehalte eine Verfettung des Herzens begünstigen und den Herzmuskel schwächen. Die Schäden gelten als reversibel, können sich also wieder zurückbilden.

Um Orientierung zu bieten, wie viel Erucasäure ein Erwachsener täglich aufnehmen kann, ohne gesundheitliche Risiken befürchten zu müssen, hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) 2016 einen TDI für Erucasäure festgelegt. Demnach kann eine 60 Kilogramm schwere Person bis zu 420 Milligramm Erucasäure pro Tag tolerieren.

Bei einer Portion Senf täglich schöpfen drei Produkte diesen Wert zu mehr als der Hälfte aus. Aber, und das sind die guten Nachrichten: Kein getesteter Senf überschreitet den TDI. Auch den seit 2019 geltenden Grenzwert für Erucasäure in Senf halten alle Hersteller ein.

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Weniger Glyphosat in Senfen als 2021

Was das Labor allerdings gefunden hat: In vier Senfen im Test wurden Rückstände von Glyphosat nachgewiesen. Das ist ein deutlicher Rückgang im Vergleich zum unserem letzten Senf-Test im Jahr 2021. Damals wurden in zehn mittelscharfen Senfen Glyphosat-Rückstände nachgewiesen.

Wir stufen das Pestizid als besonders bedenklich ein. Denn, obwohl die EU es gerade erst für weitere zehn Jahre zugelassen hat, räumte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bei der Risikobewertung von Glyphosatrückständen in Lebensmitteln und deren möglichen Gesundheitsrisiken Datenlücken ein.

Außerdem stuft die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) den Unkrautvernichter weiter als „wahrscheinlich krebserregend“ beim Menschen ein. Genauso wie das Pestizid- Aktions-Netzwerk Deutschland, das Glyphosat immer noch für „hochgefährlich“ hält. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hingegen hält eine Einstufung von Glyphosat als krebserregend nicht für gerechtfertigt. Wir kritisieren zudem, dass die breite Anwendung von Glyphosat die Artenvielfalt bedroht.

Kann Senf im Geschmackstest überzeugen?

Wir wollten natürlich auch wissen, wie der Senf schmeckt. Deswegen haben wir alle Senfe von Experten sensorisch beurteilen lassen. Während die meisten überzeugten, gab es bei zehn Senfen kleinere Auffälligkeiten. So wird beispielsweise bei sechs Produkten die fehlende Schärfe bemängelt, während ein Senf als „zu scharf für mittelscharf“ bewertet wird.

In einem Fall werten wir zudem zugesetztes natürliches Aroma ab. Schließlich schaffen es andere Hersteller auch ohne zugesetztes Aroma, dass ihr Senf „sehr gut“ schmeckt.

Umweltbelastende Stoffe in Deckeldichtungen

Die Verpackungen der Senfe haben wir auf PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen prüfen lassen. Bei vier Produkten gab es positive Befunde in den Deckeldichtungen. Da diese Verbindungen die Umwelt belasten, Weichmacher enthalten können und es inzwischen PVC-freie Deckel gibt, werten wir ab.

Auch die in vielen Produkten nachgewiesenen BPA-Spuren könnten aus den Deckeln stammen. Eine Kontamination der Zutaten während der Lagerung ist ebenfalls denkbar. Die BPA-Spuren sind jedoch so gering, dass wir sie als unbedenklich einschätzen.

Wie kommt die Schärfe in den Senf?

Es gibt unterschiedliche Senfsaaten – darunter Gelbsenfsaat und Braunsenfsaat.

Dunkle Senfsaat – woraus schwarzer und brauner Senf hauptsächlich bestehen – ist relativ scharf. Das liegt unter anderem am enthaltenen Allylsenföl, das beim nassen Vermahlen der dunklen Senfsaat entsteht und für die kribbelige Schärfe in der Nase sorgt.

Helle Senfsaat ist milder im Geschmack. Bei der Herstellung eines mittelscharfen Senfes kommt es deshalb auf das Mischungsverhältnis der beiden Saaten an, während für einen scharfen Senf meist nur Braunsenfsaaten verwendet werden.

Die Unterschiede der Senfsaaten setzen sich auch in Bezug auf deren gesundheitliche Wirkung fort. So ist das in heller Senfsaat enthaltene Glucosinalbin aufgrund der Bisphenol F-Bildung eher nachteilig, während sich das in Braunsenfsaat enthaltene Sinigrin (ebenfalls ein sekundärer Pflanzenstoff) aufgrund der belegten entzündungshemmenden Eigenschaften positiv auswirkt.

Das Testverfahren und die Bewertungslegende von ÖKO-TEST zu diesem Test lesen Sie hier im Abschnitt Testverfahren.

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