"Merz hat Habecks Gesetz genutzt, um Wahl zu gewinnen": Heizungsbauer rechnet ab

Marco Hanke ist gelernter Meister für Gas- und Wasserinstallationen und Meister für Zentralheizung und Lüftungsbau. Zudem ist er Landesinnungsmeister des Fachverbands Sanitär Heizung Klima (SHK) in Mecklenburg-Vorpommern.

FOCUS online: Im Frühjahr äußerten Sie sich noch kritisch zum Image der Wärmepumpe. Hat sich diese Wahrnehmung bei den Verbrauchern seitdem verändert? 

Marco Hanke: Nein, ich würde sagen, dass sich das Image verbessert hat. Das hat mehrere Gründe: Einmal liegt das an den Endverbrauchern, die schon eine Wärmepumpe haben und damit auch die ersten Winter geheizt haben. Die haben gute Erfahrungen gemacht. Niemand ist erfroren, alle hatten mollige Wärme. 

Und die Kosten sind auch nicht explodiert. Auch wenn ein bundesweiter Stromtarif für Wärmepumpen besser wäre. Das wurde an Freunde, Familie oder Nachbarn weitererzählt. Die meisten Kunden kommen mit einer positiven Einstellung zu uns und fragen direkt nach dem Angebot für eine Wärmepumpe. Außerdem hat sich das Image durch das Handwerk verbessert und durch die positive Presse – nicht aber durch die Politik.

Vor knapp zwei Jahren wurde das Gebäudeenergiegesetz (GEG) – oft als „Habecks Heizungsgesetz“ bezeichnet – verabschiedet. Hat die Politik seitdem für mehr Klarheit und Verlässlichkeit bei den Bürgerinnen und Bürgern gesorgt, oder herrscht weiterhin Verunsicherung?

Hanke: Es war nie das Heizungsgesetz von Habeck, es geht um das Gebäudeenergiegesetz (GEG). Friedrich Merz hat behauptet, das GEG abzuschaffen, und dies populistisch genutzt, um die Wahl zu gewinnen. Noch immer gibt es Menschen, die im Hinterkopf haben, dass Merz versprochen hat, das Heizungsgesetz zurückzunehmen. Viele glauben, dass sie gar keine Wärmepumpe einbauen müssen und Merz das regelt. 

Dabei kann er allein das Gesetz nicht abschaffen, weil es eine europäische Regulierung ist. Wenn man sich zur Energiewende bekennt, um auf die Klimakrise zu reagieren, braucht es einen verlässlichen Fahrplan aus der Politik.

Wo sehen Sie als Landesinnungsmeister die schärfsten Kritikpunkte am aktuellen Gebäudeenergiegesetz, insbesondere in Bezug auf die Umsetzung im Handwerk?

Hanke: Dass das GEG erneut angefasst werden muss, steht außer Frage. Gerade was die kommunale Wärmeplanung betrifft – Schlagwort „Fernwärme“. Die Kosten für die Fernwärmeerweiterung sind immens und grundsätzlich nicht günstiger. 

Anders sieht das in Großstädten aus, in denen Wohnungen oder Einfamilienhäuser an bestehende Fernwärmeanlagen andocken könnten. Die kommunale Wärmeplanung müsste von dem GEG entkoppelt werden. 

Dennoch ist es vernünftig gemacht worden. Es hat auch nie ein Verbot von Heizungen gegeben. Es gibt nur dann gewisse Einschränkungen und Regularien, wenn eine Heizung defekt ist und eine neue eingebaut werden muss.

Trotz der Beratungsarbeit: Spüren Sie bei Ihren Kunden weiterhin große Ängste vor hohen Investitions- und Umbaukosten im Zuge der Umstellung?

Hanke: Es wurde geglaubt, dass das ganze Haus für eine Wärmepumpe umgebaut werden muss und hohe Kosten entstehen. Das muss nicht sein. Auch bei Bestandsgebäuden mit Heizkörpern kann eine Wärmepumpe eingebaut werden – ohne alles nachzurüsten. 

Wir als Innungsfachhandwerk haben viel erklärt und beraten. Die Menschen haben sich schlau gemacht. Mich wundert es, wie weit manche vorausschauen: Es gibt Rentner und Rentnerinnen, die an ihre Kinder und Enkel denken. Wenn die alte Heizung ohnehin erneuert werden muss, vererben sie ein Haus mit einer modernen Wärmepumpe, sparen Geld durch die Förderungen und das Gebäude gewinnt damit an Wert.

Wie fällt Ihre unternehmensinterne Bilanz für 2025 aus? Hat der Einbau von Wärmepumpen die Zahl der Gasheizungen in diesem Jahr überholt?

Hanke: Ich kann sagen, dass auch wir dem allgemeinen Bundestrend folgen. 2025 haben wir als Unternehmen mehr Wärmepumpen als Gasheizungen eingebaut – etwa 60 zu 40 Prozent. Überwiegend betrifft das Einfamilienhäuser, die 55 Prozent Förderungen bekommen. Nur rund ein Fünftel lassen sich Wärmepumpen einbauen, um zumindest 35-prozentige Fördergelder zu sichern. Die wenigsten erhalten zusätzlich noch einen Einkommensbonus. Die Maximalförderung geht dann auf 70 Prozent. 

2024 sah es noch anders aus. Da wurden überwiegend Gasheizungen eingebaut und weniger Wärmepumpen. 2023 waren es sogar nur rund 30 Prozent an Wärmepumpen.

Wärmepumpen in Europa
Deutschland gehört bei der Zahl der Wärmepumpen zu den Schlusslichtern in Europa. Agentur für Erneuerbare Energien (AEE)

Wenn Sie mit Ihren Kunden sprechen: Was sind die häufigsten Bedenken oder Fragen zur staatlichen Förderung, die Ihnen aktuell begegnen?

Hanke: Unsere Kunden sind nach wie vor verunsichert. Sie wissen nicht, wo die Reise hingeht. Zwischendurch kam die Frage hoch, ob die Förderungen noch bestehen bleiben oder gekürzt werden. Was ist, wenn ich Kunden habe, deren Gasheizung 19 Jahre alt ist? Den Klimaschutzbonus würden sie erst dann bekommen, wenn die Gasheizung mindestens 20 Jahre alt ist. 

Ist die Gasheizung unter 20 Jahre alt, bekommen die Eigentümer aktuell nur die 30 Prozent Grundförderung für eine Wärmepumpe und die fünf Prozent für das umweltfreundliche Kältemittel R-290, auch bekannt als Propan. Aber die meisten wünschen sich zusätzlich die 20 Prozent Klimabonus. So könnten mehr als die Hälfte gespart werden.

Konkret zur 20-Jahres-Frist für den Klimabonus: Warten viele betroffene Eigentümer nun gezielt ab, um die maximale Förderung zu sichern?

Hanke: Genau, das ist der Punkt: warten oder nicht warten. Aus der Politik fehlen klare Aussagen, ob der Klimabonus auch 2026 weiter ausgezahlt oder gekürzt wird. Auch mir fehlt ein richtiger politischer Plan, wenn es um die Umsetzung des GEG für den gesamtdeutschen Markt geht. Man muss unterscheiden zwischen ländlichen Regionen und Städten, Wohnungen und Einfamilienhäusern. Auch wenn ich zumindest etwas Verständnis habe – in der Politik müssen Entscheidungen getroffen und Kompromisse gefunden werden. Irgendwem wird immer auf die Füße getreten.

Welche Akteure oder Branchen sehen Ihre Kunden und Sie selbst als diejenigen an, denen die Politik derzeit auf die Füße tritt?

Hanke: Im Moment sieht es so aus, als ob den Energiekonzernen mehr Spielraum gegeben wird.

Sie erwähnten Friedrich Merz. Welche weiteren politischen Akteure stehen aus Sicht des Handwerks und der Verbraucher bei der Energie- und Wärmeplanung aktuell besonders im Fokus der Kritik?

Hanke: Für die Verbraucher ist Friedrich Merz die Symbolfigur. Wir Handwerker haben die Wirtschaftsministerin Katherina Reiche eher im Blick. Sie ist für das GEG und die gesamte Energieplanung verantwortlich. Die Zustimmung, die wir von ihr erwartet hatten, gab es bisher nicht. Zur deutschen Wärmekonferenz im September wollte Reiche kommen. Die ganze Branche der Heizungsindustrie hat auf klare Statements gehofft. Am Ende hatte Reiche kurzfristig abgesagt. 

Vor fünf Jahren, mit Habeck als Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, gab es zumindest einen Fahrplan. Dass dieser mit der Brechstange und mit zu wenig Anreizen durchgesetzt wurde, haben wir kritisiert, jedoch war die Zielstellung immer klar. Der Heizungsindustrie wurde gesagt, dass jedes Jahr fünfhunderttausend Wärmepumpen in Deutschland eingebaut werden sollen. Die Politik wollte die gesetzlichen Grundlagen dafür schaffen und die Heizungsindustrie sollte liefern können. Für Milliarden wurden Werke gebaut, um Wärmepumpen produzieren zu können. 

Heute sind wir aber gerade einmal bei 300.000, wenn es hochkommt. Deswegen gibt es in den Werken wieder Kurzarbeit und Arbeitsplätze, die gefährdet sind.

Mit Blick auf die Zukunft: Was sind die dringendsten politischen Forderungen des SHK-Handwerks an die Bundesregierung?

Hanke: Zum einen braucht es eine Entkopplung der kommunalen Wärmeplanung vom Wohngebäudeenergiegesetz. Dann fehlen klare Einigungen zu der Versteuerung von Kohlenstoffdioxid, also CO2, und die Frage der Förderungen – bleiben sie bestehen, werden sie gekürzt oder gestrichen und ab wann? Wir brauchen klare Fristen. Sollte die Wärmepumpenförderung jedoch ersatzlos gestrichen werden, bricht dieser Markt aufgrund der hohen Investitionskosten kurzfristig wieder ein.

Vor sechs Monaten rieten Sie noch, auf bessere Förderungen zu warten. Sehen Sie das heute differenzierter, und welche Empfehlung geben Sie Hausbesitzern jetzt?

Hanke: Das sehe ich jetzt differenzierter. Es ist eine sehr hohe Förderung und die Eigentümer, die sich dafür interessieren, eine Wärmepumpe zu installieren, die sollten das zeitnah beraten und es auch machen lassen, solange dies noch möglich ist. Denn am Ende ist eine Förderung immer nur ein Anreiz. Irgendwann wird die Finanzierung wegfallen. Eine bessere Förderkulisse wird es für die Wärmepumpen wohl nicht geben. 

Im Durchschnitt können mit den Förderungen zwischen 10.500 Euro und 21.000 Euro eingespart werden. Vielleicht wird die Wärmepumpe bei dem Hersteller günstiger, wenn die Produktion hochfährt, ihr Einbau aber nicht. Es wird immer weniger Fachhandwerker geben, damit steigt ihr Stundenlohn. 

Außerdem sollte eine Gas- oder Ölheizung nicht länger als 30 Jahre betrieben werden. In den drei Jahrzehnten sind mehrere technische Entwicklungsepochen dazwischen. Je älter eine Heizung wird, umso schwerer wird es sein, Ersatzteile dafür zu finden und sie zu reparieren. Zudem sind alte Anlagen vergleichsweise ineffizient.