„Ottenhofen bleibt bunt“: Beim Konzert vor besonderer Kulisse wird‘s in Ottenhofen auch politisch.
Seit 14 Jahren wohnt Gerhard Schuhbert bereits in Ottenhofen: „Aber dass wir so einen schönen Pavillon haben, das wusste ich noch nicht“, sagte der 69-Jährige und nickte anerkennend beim Anblick des Rokokopavillons am Schlossberg. Denn eigentlich ist die Wiese samt Gemäuer ein Privatgrundstück. Doch für das Bündnis „Ottenhofen bleibt bunt“ und seine Beteiligung an der Veranstaltungsreihe „Lange Nacht der Demokratie“ im Landkreis Erding machte die Familie Kessler gerne mal eine Ausnahme.
Mehr als 100 Besucher
So öffneten die Ottenhofener am Tag der Deutschen Einheit ihren Garten für eine Matinee mit Evelyn Huber. Und der Andrang war groß. Es kamen mehr als 100 Besucher, um Hubers Harfenklängen zu lauschen. Die Musikerin hatte ihr Instrument direkt vor dem Pavillon aufgebaut, sodass man bei plötzlichem Regen schnell ins Trockene huschen könne.
„Das Wetter ist nicht ideal“, gab die Künstlerin zu und warf einen skeptischen Blick gen Himmel: „Aber ich nehm‘s, wie es ist. Für die Harfe ist die Feuchtigkeit suboptimal, weil sich die Saiten ansaugen“, erklärte sie. Aber das sei alles nichts, was sie von ihrem Konzert auf Spendenbasis abhalten könnte.
Auch Mitorganisator Jens Oetjen war hochzufrieden mit dem Andrang: „Man merkt, dass die Leute uns mittlerweile schon ein wenig kennen“, lautete sein Fazit mit Hinblick auf die Auftaktveranstaltung im April, als sie am Ottenhofener Marktplatz rund 50 Interessierte zusammengetrommelt hatten (wir berichteten). Diesmal stehe die Musik im Vordergrund, stellte Oetjen klar.
So nahm Huber nach ein paar einleitenden Worten von Margit Sarholz das Publikum mit auf eine musikalische Reise um die Welt. Von der Filmmusik „Black Orpheus“ aus dem Musical Orfeu Negro bis zur musikalischen Interpretation des Traums von einem tanzenden Sombrero ließen sich die Zuhörer von den Melodien mitreißen. Zwischen den Musikstücken gab es immer wieder eine kleine Anekdote, etwa als Huber zur Corona-Zeit ihren begehbaren Kleiderschrank kurzerhand zum Tonstudio umfunktioniert hatte oder wie die Pedale an der Harfe für höhere oder tiefere Töne sorgen.
Doch ganz unpolitisch wollte das Bündnis die Zuschauer nicht in die Pause entlassen. „Wir finden, dass zurzeit die nichtdemokratischen oder antidemokratischen Kräfte zu stark geworden sind – Gott sei Dank nicht in Ottenhofen“, erklärte Sarholz und regte die Zuschauer an, ebenfalls mit angesteckten Buttons Flagge zu zeigen. Über das Phänomen, dass „die falschen Leute immer mehr werden“, hat sie zudem mit ihrem Mann Werner Meier ein Gedicht geschrieben.
Während Oetjen als lebender Mikrofonständer fungierte, trug Meier die selbst geschriebenen Zeilen vor. Über Menschen, die den klassischen Medien nicht mehr vertrauen und sich lieber den wilden Verschwörungstheorien aus dem Internet hingeben. Dass es solche Leute mittlerweile an jedem Stammtisch, in jeder Verwandtschaft sowie immer mehr gebe und eine rechtsextreme Meinung immer normaler werde. Daher heiße es jetzt „aufstehen und Farbe bekennen“, wenn man die Demokratie bewahren wolle.
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Anerkennend nickte Schuhbert in der letzten Reihe, kommentierte mit einem lauten „Jo!“ und begab sich an den Tisch mit Getränken, Flyern und Buttons. „Tolle Sache“, fand er und warf mit einem Anstecker in der Hand nochmal einen Blick auf den Rokokopavillon.