Stadt Füssen und ihr Personalamtsleiter streiten vor dem Arbeitsgericht

  1. Startseite
  2. Bayern
  3. Augsburg & Schwaben
  4. Kreisbote Füssen

Kommentare

Das Füssener Rathaus: hat sich hier ein Amtsleiter jahrelang selbst bereichert? © maphke/panthermedia

Ein halbes Jahr nach seiner fristlosen Kündigung standen sich am Dienstag der Leiter des Personalamts und die Stadt Füssen vor dem Arbeitsgericht in Kaufbeuren gegenüber.

Kaufbeuren/Füssen – Immer wieder geht an diesem Mittag im Sitzungssaal des Arbeitsgerichts Kaufbeuren um Häkchen. Häkchen, die per Mausklick gesetzt oder entfernt werden. Diese Häkchen entscheiden darüber, ob Zulagen, Entgeldfortzahlungen oder Überstunden ausgezahlt werden oder nicht. Dahinter verbirgt sich ein kompliziertes, Software basiertes Abrechnungssystem, das dafür sorgt, dass die Mitarbeiter der Stadt Füssen ihr Gehalt ordnungsgemäß erhalten. Ob man dieses Programm manuell manipulieren kann oder nicht, war eine der vielen strittigen Fragen der Verhandlung, die am Dienstagmittag vor dem Arbeitsgericht in Kaufbeuren stattfand.

Gegenüber standen sich der Leiter des städtischen Personalamts auf der einen und die Stadt Füssen, vertreten durch eine Anwältin und Bürgermeister Maximilian Eichstetter (CSU), auf der anderen Seite. Im Kern wirft die Kommune ihrem seit längerem krank geschriebenen Personalamtsleiter vor, sich und einigen anderen Mitarbeitern durch die Manipulation der Arbeitszeiterfassung die Auszahlungen von Zulagen erschlichen zu haben.

Unter anderem soll der Angestellte sich in der Vergangenheit auch Überstunden auszahlen haben lassen, obwohl er krank geschrieben war. Deshalb kündigte die Stadt dem 55-Jährigen nach über 30 Jahren am 28. Juli des vergangenen Jahres fristlos, eine ordentliche Kündigung folgte kurz darauf.

Gegen beide Kündigungen klagte der Amtsleiter. Er will weiter für die Stadt arbeiten, wenn auch nicht mehr im Personalamt. Wenn er einen Fehler gemacht habe, dann liege dieser 20 Jahre zurück. Da eine Güteverhandlung ohne Einigung endete, trafen beide Parteien nun vor dem Arbeitsgericht aufeinander.

Polizei ermittelt

Dort forderte die Anwältin des 55-Jährigen gleich zu Beginn, die Verhandlung auszusetzen, da mittlerweile auch vonseiten der Polizei in der Sache gegen ihren Mandanten ermittelt werde. Zum anderen habe er wegen eines Fehlers seiner Berliner Anwaltskanzlei erst unmittelbar vor der Sitzung von den Kündigungsgründen erfahren, was Richterin Verena Waldenfels stirnrunzelnd als „bemerkenswerte Tatsache“ bezeichnete. Verhandelt wurde dann aber doch.

Der 55-Jährige betonte mehrfach vehement, keine Manipulationen an dem Programm vorgenommen zu haben. Er habe die 2003 geänderten Daten seinerzeit lediglich auf Geheiß seines damaligen Vorgesetzten importiert, aber keine Änderungen vorgenommen. An Genaueres könne er sich nicht mehr erinnern.

Zulagen trotz Krankheit hätte alle Mitarbeiter bekommen, nicht nur er, gab er weiter zu Protokoll. Zum Thema Überstunden sagte er, dass er wegen des hohen Arbeitsaufkommens jeden Monat etwa 100 Überstunden angehäuft habe. „Die Arbeit war da!“ Einen persönlichen Vorteil habe er sich jedoch nie verschaffen wollen – im Gegenteil: teilweise habe er sogar auf die Auszahlung von Zulagen für Überstunden verzichtet. „Ich habe 30 Jahre einen Super-Job gemacht und den Betrieb am Laufen gehalten“, sagte er.

Andeutungen über zahlreiche Missstände und Personalwechsel in der Stadtverwaltung wollte er hingegen nicht weiter konkretisieren.

Bei der Anwältin der Stadt sorgten diese Einlassungen für Kopfschütteln. Dass der Kläger das Programm manipuliert habe, sei nachweisbar, erklärte sie. Zwar sei das System nicht einfach zu verstehen, aber: „Man sieht, dass der Schlüssel rein oder raus genommen wurde“, sagte sie. „Sie habe gewusst, dass sie den Schlüssel nicht ändern dürfen.“ Falsch sei auch, dass alle Mitarbeiter im Krankheitsfall Zulagen erhalten hätten.

Gericht will Vergleich

Unklar blieb der Schaden, der der Stadt durch das mutmaßliche Vorgehen des Amtsleiters entstanden sein soll. Bürgermeister Eichstetter sprach von fünfstelligen Beträgen monatlich. Undurchsichtig blieb nach Einschätzung von Richterin Waldenfels aber auch, wer alles in der Stadtverwaltung möglicherweise unrechtmäßig zusätzliche Leistungen bezogen hat.

Ohnehin handle es sich bei dem Fall um keinen „alltäglichen Sachverhalt“, so die Richterin. Immerhin arbeite der Amtsleiter seit über 30 Jahren ohne Beanstandungen für die Stad, womit klar sei, dass die ordentliche Kündigung vom Tisch ist. Andererseits handle es sich um erhebliche Vorwürfe, die die Stadt gegen ihren Angestellten erhoben habe.

Angesichts der verhärteten Fronten schlug das Gericht schließlich nach längerer Beratung beiden Parteien einen Vergleich vor: Die Stadt nimmt die fristlose Kündigung zurück und kündigt ihrem Amtsleiter zum 31. März dieses Jahres. Bis dahin soll der Füssener bei vollem Gehalt freigestellt werden. Ferner verzichtet die Kommune auf eine weitere Strafverfolgung sowie Schadenersatzforderungen und nimmt die Vorwürfe zurück.

Beide Seiten haben bis zum 30. Januar Zeit, den Vergleich zu akzeptieren.

Auch interessant

Kommentare