Winterradler im Ostallgäu: „Es gibt keinen Grund nicht zu radeln“
Schnee und Kälte können sie nicht davon abhalten: Winterradler treten auch jetzt gern in die Pedale. Was sind ihre Beweggründe? Und was gilt es zu beachten?
Landkreis – Heidi Ebentheur aus Nesselwang steigt jeden Tag mindestens zwei Mal auf ihr Fahrrad – und das zu jeder Jahreszeit. Die 59-Jährige lebt ungefähr 600 Meter von ihrem Elternhaus entfernt. Dort stehen ihre Pferde, die täglich versorgt werden müssen. Um Zeit zu sparen und weil sie das Auto grundsätzlich lieber stehen lässt, schwingt sich die Nesselwangerin dafür aufs Rad.
Auch zur Arbeit radelt sie: Sie betreibt im Winter den Skiverleih an der Alpspitze und gibt Skikurse. Auf Parkplatzchaos hat sie dabei keine Lust: „Mit dem Fahrrad bin ich total beweglich.“ An der Autoschlange radle sie einfach vorbei und wenn sie zwischen Skischule und Skiverleih hin und her pendeln muss, ist sie mit dem Rad schneller als zu Fuß.
Das Wetter spielt für Heidi Ebentheur gar keine Rolle. „Das Argument zählt für mich nicht“, sagt sie und lacht. Gerüstet mit Skihose, Anorak, Mütze, Schal und Handschuhen trotzt sie auch den eisigsten Temperaturen
Für die Nesselwangerin spielt der praktische Aspekt die größte Rolle beim Radeln. Deshalb nutzt sie ihr Fahrrad auch für Besorgungen und Einkäufe. „Ich hasse es, einen Parkplatz zu suchen“, sagt sie. Kleine Erledigungen im Ort wie ein Besuch der Bücherstube oder eine Besorgung in der Apotheke macht die 59-Jährige deshalb grundsätzlich mit dem Rad. Für Einkäufe nutzt sie einen Rucksack oder den Korb auf ihrem Gepäckträger.
Der gesundheitliche Aspekt ist dabei eher ein angenehmer Nebeneffekt. Erkältet sei sie selten, meint Heidi Ebentheur und dass Bewegung an der frischen Luft fit hält, sei offensichtlich: „Jeder Meter tut gut.“
Gestürzt sei sie übrigens nur selten im Winter und wenn dann nur leicht, erzählt die passionierte Radfahrerin. „Man bekommt mit der Zeit ein gutes Gespür für die Unterlage. Ich fahre im Winter anders als im Sommer.“ Spikes an den Reifen sorgen für den nötigen Grip. Für Heidi Ebentheur steht fest: „Es gibt keinen Grund, nicht mit dem Fahrrad zu fahren.“
Zettler bleibt tapfer
Ähnlich sieht das auch Jürgen Zettler aus Hopfen am See. Der 53-Jährige hat sich vorgenommen, alle Wege unter 15 Kilometern nur noch mit dem Fahrrad zurückzulegen. „Und daran halte ich mich tapfer“, erzählt er.
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Sein Beweggrund ist der Umweltgedanke, denn besonders die Kurzstrecken mit dem Auto seien klimaschädlich. Und wenn man erst einmal mit dem Radeln angefangen hat, „dann geht das automatisch ins Blut über“, findet er.
Eine wichtige Rolle spiele beim Winterradeln die Erfahrung. Bei einem Sturz in einer eisigen Kurve hat sich der Füssener vor einiger Zeit an der Schulter verletzt, „aber das würde mir heute nicht mehr passieren. Das war die Unerfahrenheit.“
Inzwischen habe er ein Gefühl dafür entwickelt, wie das Fahrrad bei unterschiedlichen Straßenverhältnissen reagiert. „Das ist einfach anders als im Sommer“, sagt Zettler. Auch hat er seine Kleidung und das Rad der kalten Jahreszeit angepasst: „Mittlerweile habe ich mir die entsprechende Kleidung gekauft und habe Winterreifen mit Spikes am Fahrrad“.
Und was sagt die Polizei zu dem Thema? Einer, der es wissen muss, ist Nicolas Erhart. Der 32-Jährige ist Streifenbeamter und legt den täglichen Arbeitsweg zwischen seinem Wohnort Pfronten und der Füssener Polizeiinspektion per Fahrrad zurück.
Als Polizist weiß er, worauf man beim Radeln im Winter achten muss, damit die Sicherheit gewährleistet ist: „Die Erkennbarkeit für die anderen Verkehrsteilnehmer ist wichtig.“ Also helle Kleidung, eine gute Beleuchtung am Fahrrad, eventuell sogar eine gelbe Warnweste – das alles sorge dafür, dass der Radfahrer auch in der dunklen Jahreszeit gut wahrgenommen wird.
Seine Fahrweise passe er den aktuellen Wetterverhältnissen an, erklärt der Polizist: „Mein erster Blick geht morgens aufs Thermometer, damit ich einschätzen kann, wie glatt es ist.“ Besonders in Kurven sei bei Glätte höchste Vorsicht geboten. Mit seinem Gravelbike – einer Mischung aus Rennrad und Mountainbike – und Spikes fühlt sich der Pfrontener aber gut gerüstet auch für schwierige Straßenverhältnisse.
Das Fahrrad stehen zu lassen ist für ihn keine Option: „Ich mache das für die Fitness. Für mich ist es ein Ausgleich.“ Er habe auch schon versucht, die 15 Kilometer Arbeitsweg zu joggen, erzählt Nicolas Erhart. Aber mit dem Rad gehe es eben doch wesentlich schneller. Einen Tipp hat er noch für alle Ganzjahres-Radler: „Bei der Kleidung auf das Zwiebelprinzip achten. Ab September trage ich eine Schicht mehr.“