Pleite für Putin: Prestige-Projekt für Russlands Wirtschaft kassiert Rückschlag in Nato-Staat
Russland und die Türkei wollen ein gemeinsames AKW errichten. Der Bau zieht sich hin. Westliche Sanktionen sorgen für massive Verzögerungen.
Ankara – Erst am Montag (8. Juli) hatte Russland einen der größten Angriffe des Ukraine-Kriegs gestartet. Eines der Hauptziele: Ein Kinderkrankenhaus. Die westlichen Industrienationen und die NATO-Mitglieder unterstützen die Ukraine seit Kriegsbeginn vorrangig durch Waffenlieferungen, aber zusätzlich sollen wirtschaftliche Sanktionen die Handlungsfähigkeit Russlands einschränken. Allerdings gibt es auch Länder innerhalb der Allianz, die mit Russland kooperieren – eines davon ist die Türkei.
So behindern westliche Sanktionen Russlands Wirtschaft – neues AKW in der Türkei betroffen
So kooperieren die beiden Staaten beim Bau eines neuen Atomkraftwerks. Das Akkuyu-Atomkraftwerk entsteht derzeit in der Türkei. Russland und die Türkei hatten bereits 2010 entschieden, am Mittelmeer ein neues Atomkraftwerk bauen zu wollen. Die entsprechende Vereinbarung hatten sie schon lange vor dem russischen Einmarsch auf die Krim unterschrieben, 2018 dann begann die Bauphase. Jetzt stellte sich heraus, dass sich die Fertigstellung weiter verzögern wird – wegen westlicher Sanktionen.

Im russischen Staatsfernsehen hatte Alexei Likhachev, der Generaldirektor von Rosatom, eine entsprechende Mitteilung gemacht. „Die Amerikaner“ seien verantwortlich für die Verzögerung: Sie hätten das für das 25-Milliarden-Dollar-Projekt vorgesehene Geld „beschlagnahmt“, hatte Newsweek unter Berufung auf die Nachrichtenagentur TASS berichtet. Vorher hatte ein Reporter gefragt, welche Auswirkungen die westlichen Sanktionen auf das Projekt, auf Moskau, den Kreml und den russischen Präsidenten Wladimir Putin hätten.
Neue US-Sanktionen gegen Rosatom sollen Russlands Wirtschaft schaden
Gleichzeitig aber habe Likhachev betont, dass die Bauarbeiten auf dem Gelände weitergehen sollten – trotz US-Sanktionen. Rosatom selbst ist bislang von westlichen Sanktionen ausgenommen, dafür aber hatte es mehrere Tochtergesellschaften getroffen. Beispiele dafür sind:
- Rusatom Overseas JSC: Der Konzern ist unter anderem dafür verantwortlich, Rosatoms Portfolio von Atomkraftwerken in Übersee zu vergrößern.
- Kovrov Mechanil Plant PJSC (KMZ): Ein Hersteller für Gas-Zentrifugen. KMZ bietet außerdem einige spezielle Komponenten für Nuklearreaktoren an.
- Vladimir Tochmash Joint Stock Company: Das Unternehmen ist unter anderem in die Herstellung von Spezial-Equipment für Nukleartechnik involviert.
Probleme mit dem Akkuyu-Projekt – Erdbebengefahr in der Türkei
Schon seit Jahren hat das Akkuyu-Projekt mit verschiedenen Problemen zu kämpfen. Eigentlich sollte der erste Block bereits 2023 in Betrieb gehen, allerdings hatten Sanktionen diesen Plänen schon früher Probleme bereitet – indem sie die beteiligten Länder vor Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Ausrüstung aus Drittländern stellten.
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Die BBC hatte außerdem von Warnungen bezüglich der Erdbebengefahr in der Türkei berichtet. Innerhalb der Türkei gibt es mehrere Risikogebiete für Erdbeben, und angeblich waren in einer Betonplatte, auf der einer der Reaktoren später stehen soll, bereits Risse aufgetaucht. Rosatom hatte das vor einigen Jahren abgetan – diese Risse seien „normal“ in der Vorbereitungsphase.
Zugpferd von Russlands Wirtschaft – so beeinflusst Rosatom das Ausland
Laut dem US-Außenministerium ist Rosatom allerdings nicht nur wegen eines möglichen Atomunfalls eine Gefahr für andere Länder, sondern vor allem darum, weil es politischen und wirtschaftlichen Druck auf seine Kunden ausübt – und das weltweit. Die russische Atomenergie gehört nämlich vollumfänglich dem Staat und erhält Finanzspritzen aus Steuereinnahmen. Unter Rosatoms Dach fallen sowohl zivile als auch militärische Unternehmen für Atomtechnik.
Ein Bericht der Heinrich-Böll-Stiftung gibt weiteren Aufschluss darüber. Demzufolge ist Rosatom der größte Produzent von Atomkraftwerken (AKW) weltweit und kontrolliert mehr Projekte außerhalb Russlands als im eigenen Heimatland. Nach dem Zerfall der Sowjetunion waren Russland gewaltige Kapazitäten zur Urananreicherung geblieben, die Rosatom übernehmen konnte. 17 Prozent der weltweiten Produktion nuklearer Brennstoffe gehören dem russischen Staatskonzern.
Dabei hat Rosatom „praktisch unbegrenzten“ Zugang zum russischen Staatshaushalt – also im Klartext auf Steuergelder. Der Stiftung zufolge liegt das daran, dass der Kreml seine AKW-Exporte als politisches Einflussinstrument nutzt. Ärmere Länder können sich durch russische Kreditfinanzierungen leicht in eine Abhängigkeit von russischer Technologie, von Energieressourcen und Kapital bewegen. In anderen Fällen – etwa bei Ungarn und Weißrussland – gehe es stattdessen um politische Loyalität.
Westliche Sanktionen drücken auf Russlands Wirtschaft
Unter anderem hatten westliche Industrienationen bereits russische Banken, Oligarchen und sogar die Moskauer Börse sanktioniert. Das große Ziel dahinter: Der Westen will Russland die notwendigen Mittel nehmen, die es braucht, um den Krieg fortzusetzen. Experten sehen Russland schon jetzt in einer „Frühstufe“ des wirtschaftlichen Verfalls. Laut der russischen Denkfabrik CMASF ist außerdem die steigende Inflation ein größeres Problem für Wladimir Putin. Diese könnte zu einer schleichenden Wirtschaftskrise entwickeln. Außerdem hatte sich Russland enorm von China abhängig gemacht – das nun langsam auf Distanz geht.
Wie sich die Sanktionen weiter auf die Zusammenarbeit zwischen der Türkei und Russland auswirken werden, bleibt abzuwarten – allerdings hatte sich Russland verpflichtet, das AKW innerhalb von sieben Jahren zu errichten. 2025 müsste es also fertig werden.