China greift im Handelskrieg mit den USA an – und setzt bekannte Mode-Marken massiv unter Druck
Chinesische Creator kontern Donald Trumps Strafzölle, indem sie auf TikTok angeblich westliche Luxusmarken entlarven – in den USA treffen sie einen Nerv.
Peking/Washington – Der Handelskonflikt zwischen den USA und China verlagert sich zunehmend in die Online-Welt: Auf chinesischen Social-Media-Plattformen und insbesondere auf Plattformen wie TikTok, auf denen auch viele westliche Nutzer sind, nehmen Influencer und angebliche Fabrikbesitzer aus China gezielt westliche Luxusmarken ins Visier.
Chinas TikTok-Offensive: Wie Influencer westliche Luxusmarken ins digitale Visier nehmen
Ihr Vorwurf: Die Herkunftskennzeichnungen „Made in USA“ oder „Made in France“ seien irreführend und würden fälschlich suggerieren, dass Marken wie Levi’s oder Michael Kors tatsächlich in den genannten Ländern produzieren. In den Videos führen Chinesinnen und Chinesen durch Fabriken in China, wo die westlichen Produkte angeblich zu einem Bruchteil ihres Verkaufspreises hergestellt werden – in ihren Augen eine Ungerechtigkeit, auf die westliche Konsumenten aufmerksam gemacht werden müssen.
Ein virales Video auf TikTok zeigt angeblich sogar US-Präsident Donald Trump und Elon Musk, wie sie in einer chinesischen Produktion Nike-Sneakers schnüren – doch das Video ist KI-generiert. Trotz der offensichtlichen Satire ist der Großteil der übrigen Videos, die derzeit Social-Media-Plattformen überfluten, offenbar ernst gemeint – als Reaktion auf Trumps Entscheidung, Strafzölle in Höhe von 145 Prozent auf China-Importe zu verhängen. Die Urheber fordern die Konsumenten auf, die Zölle zu umgehen und nicht über die offiziellen Vertriebskanäle der Marken zu kaufen, sondern direkt bei ihnen.
KI, Satire und virale Clips: Wie Videos die Zollpolitik Trumps ins Lächerliche ziehen sollen
Unklar bleibt, inwiefern hinter dem viralen Shitstorm für westliche Marken eine koordinierte Attacke seitens des chinesischen Staates steckt. Zeitpunkt und schiere Menge an Video- und Fotomaterial aus chinesischen Fabriken wirken verdächtig – zumal viele Aufnahmen täuschend echt erscheinen. So erklärt in einem Video ein junger Chinese auf gutem Englisch die angeblichen Produktionsschritte hinter dem berühmten „Birkin Bag“ der französischen Luxusmarke Hermès.

In einer Fabrik geht er detailliert auf die verwendeten Materialien: Leder aus Europa für 450 US-Dollar, hochwertiges französisches Nähgarn für 25 Euro und Reißverschlüsse aus Italien für zehn Euro. Die Luxustasche mit einem Ladenverkaufswert von rund 38.000 US-Dollar sei bei ihm in China also für schlappe 1.395 US-Dollar Herstellungskosten entstanden. Anschließend fragt er in die Kamera: „Warum kaufen Sie nicht bei mir – in gleicher Qualität und mit denselben Materialien, nur ohne Logo?“ Viele Videos folgen diesem Muster – mit dem Ziel zu suggerieren, dass westliche Luxusprodukte in China billig produziert und im Westen teuer verkauft werden.
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Von Levi’s bis Hermès: Die Vorwürfe über falsche Herkunftsangaben und Produktionsstandorte
Der Fokus der Influencer liegt dabei – wie im Fall Hermès – nicht nur auf US-Marken wie Ralph Lauren, Calvin Klein, Nike oder Levi’s. Auch europäische Produkte geraten ins Visier. Dabei betonen viele Luxusmarken seit jeher, dass ihre Produkte ausschließlich in Europa oder den USA gefertigt werden. Demnach fabriziert Hermès seine Taschen in Frankreich – belegt durch Handwerkercodes in den jeweiligen Produkten. Auch Artikel der Marken Prada, Dior oder Gucci, die ebenfalls in den Videos angeblich entlarvt werden, stammen aus Fabriken in Italien. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass sich die Zusammensetzung aller Bestandteile eines Produkts nicht immer bis in jedes Detail zurückverfolgen lässt.
Und trotzdem: Veritable Differenzierungen fehlen in den Videos – es wird fleißig pauschaliert. Zumal bei einigen Marken wie etwa Birkenstock oder die kanadische Trendmarke Lululemon die Behauptungen stimmen, dass sie im großen Stil in asiatischen – insbesondere chinesischen – Fabriken hergestellt werden. Allerdings machen die Marken selbst daraus kein Geheimnis und die Lieferketten lassen sich – entweder über Google oder bei einem Blick ins Etikett des Produkts – sehr leicht zurückverfolgen.
Aufstieg im App Store: Warum DHgate und Taobao plötzlich in den USA durchstarten
Dennoch sah sich die Marke Lululemon in der Pflicht, auf die Entwicklungen zu reagieren und erklärte, dass sie „nicht mit den in den Online-Videos genannten Herstellern zusammenarbeitet“. Vielmehr sollen sich die Konsumenten vor potenziellen Produktfälschungen in Acht nehmen. Allerdings zeigt die Cyberoffensive chinesischer Hersteller in den USA bereits Wirkung. Der Online-Großhandel DHgate, der unter anderem chinesische Repliken westlicher Luxusgüter anbietet, stieg zwischenzeitlich auf den zweiten Platz im US-App Store von Apple. Die E-Commerce-Plattform Taobao belegte Rang sieben.