„Straftäter und Gefährder sofort abschieben“: Union verlangt Rückkehrplan für syrische Flüchtlinge

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Nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad in Syrien wird in Deutschland über die Zukunft syrischer Geflüchteter diskutiert. Die Union fordert einen Rückkehrplan.

Berlin – Nach dem Sturz des Machthabers Baschar al-Assad in Syrien hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion einen zügigen Rückkehrplan für syrische Flüchtlinge von der Bundesregierung gefordert. Es müsse Reisebeihilfe und Startgeld für diejenigen Flüchtlinge geben, die freiwillig nach Syrien zurückkehren wollen, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andrea Lindholz (CSU) der Bild-Zeitung von Mittwoch. 

„Straftäter und Gefährder müssen sofort abgeschoben werden“, fuhr Lindholz fort. Vorrangig abgeschoben werden sollen außerdem alle, die „sich nicht integriert haben, also zum Beispiel nach Jahren noch nicht arbeiten“. Die CSU-Politikerin sagte weiter, darüber hinaus müsse bei „allen weiteren Personen im Einzelfall geschaut werden, was für einen Verbleib in Deutschland und was für eine Rückführung nach Syrien spricht“. 

Nach Sturz des syrischen Regimes - Berlin
Nach dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien ist eine Debatte über den Umgang mit syrischen Asylbewerbern in Deutschland entbrannt. (Archivbild) © Fabian Sommer/dpa

SPD-Fraktionschef Saleh kritisiert CDU-Forderungen zur Unterstützung syrischer Rückkehr

Berlins SPD-Fraktionsvorsitzender Raed Saleh hat Forderungen aus der CDU scharf kritisiert, syrische Flüchtlinge bei der Rückkehr in ihr Heimatland zu unterstützen. „Es sind wieder die alten, populistischen Muster: Kaum gibt es eine solche Entwicklung in Syrien, sofort kommen Empfehlungen von Unionspolitikern wie Jens Spahn, mit Rückführungsprämien zu arbeiten, damit syrische Flüchtlinge Deutschland wieder verlassen“, sagte Saleh der Deutschen Presse-Agentur. 

„Ich finde es angesichts der nach wie vor fragilen und politisch völlig unklaren Situation unanständig und respektlos, als Erstes zu sagen, die Leute müssen so schnell wie möglich wieder zurück“, so der SPD-Politiker.„Viele Menschen aus Syrien haben in Berlin mittlerweile ihre Heimat gefunden, viele sind längst deutsche Staatsbürger, viele haben einen Aufenthaltstitel. Viele arbeiten hier, in der Pflege oder als Arzt, als Architekt oder auf dem Bau“, sagte Saleh. Von Politiker der CDU habe Saleh erhofft, sich erst einmal mit den Menschen in Syrien zu freuen, dass sich ihr Land nach Jahrzehnten von den Schrecken eines Regimes befreit habe, ergänzte er. 

Islamistische Milizen übernehmen Kontrolle in Syrien – langjähriger Machthaber Assad gestürzt

Die islamistische Gruppierung Hajat Tahrir al-Scham (HTS) und mit ihr verbündete Milizen hatten am 27. November eine Großoffensive im Norden Syriens gestartet und am 8. Dezember mit dem Einmarsch in Damaskus den seit Jahrzehnten herrschenden Machthaber Assad gestürzt. Deutschland und mehrere andere europäische Länder legten daraufhin ihre Asyl-Entscheidungen für Syrerinnen und Syrer vorerst auf Eis. Österreich kündigte hingegen einen Abschiebeplan für syrische Flüchtlinge an.

„Um die Rückkehr in ihre Heimat Syrien zu unterstützen, muss die Bundesregierung jetzt eine Rückkehr-Roadmap entwickeln“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. „Durch den Wegfall von Fluchtgründen ist in vielen Fällen auch der Wegfall von Aufenthaltsberechtigungen zu erwarten.“

FDP: Rückführung der Syrer müsse „eine Top-Priorität der deutschen Außenpolitik“ sein

Die FDP forderte die Bundesregierung unterdessen auf, schnell mit der neuen Regierung in Syrien Kontakt aufzunehmen. Die Bundesregierung müsse „darauf hinwirken, dass der Bürgerkrieg dauerhaft endet, keine politische Verfolgung stattfindet und menschenwürdige Zustände im Land herrschen“, sagte FDP-Generalsekretär Marco Buschmann der Bild-Zeitung. „Dafür müssen notfalls Mittel aus der Entwicklungszusammenarbeit umgeschichtet werden.“ 

Wenn das gelinge, könnten hunderttausende Syrer aus Deutschland in ihre Heimat zurückkehren, fuhr Buschmann fort. Die Rückführung der Syrer müsse jetzt „eine Top-Priorität der deutschen Außenpolitik sein“.

Nach Assad-Sturz: Rückkehrdebatte sorgt für Unsicherheit bei syrischen Geflüchteten

Dass einige Politiker schon kurz nach dem Sturz des Langzeitherrschers Baschar al-Assad in Syrien die Ausreise syrischer Flüchtlinge vorantreiben wollen, stößt bei Menschenrechtsgruppen und den Betroffenen auf Kritik. „Syrien bleibt ein instabiles Land“, betont die Organisation Pro Asyl. Bewaffnete Gruppen kontrollierten aktuell weite Teile von Syrien. Es fehlten funktionierende staatliche Strukturen und eine sichere Infrastruktur. 

„Eine Rückkehr unter diesen Bedingungen ist riskant und auch lebensgefährlich“, sagt Pro-Asyl-Sprecher Tareq Alaows. In Deutschland lebende Geflüchtete aus Syrien seien durch die zynischen, „reflexartigen Debatten über Rückkehr und Abschiebungen“ verunsichert.

Nach Sturz des syrischen Regimes - Mainz
Viele Menschen aus Syrien feierten den Sturz des Regimes – doch viele Unsicherheiten bleiben. (Archivbild) © Andreas Arnold/dpa

Unter anderem Sahra Wagenknecht (BSW) und mehrere AfD-Politiker hatten erklärt, syrische Flüchtlinge sollten Deutschland nun schnell verlassen. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), sagte: „Wir haben unsere Pflichten zum Schutz der Syrer erfüllt – als Nächstes muss die Rückkehr Priorität haben.“ 

FDP-Politikerin: Verbesserte Lage in Syrien könnte massenhafte Überprüfung von Schutztiteln erfordern

Die FDP-Innenpolitikerin, Ann-Veruschka Jurisch, erklärte, sollten sich die Verhältnisse in Syrien nachhaltig zum Besseren wenden, müssten wahrscheinlich Hunderttausende Schutztitel von Syrern individuell überprüft werden müssen. Um die Digitalisierung sei es in der Zusammenarbeit zwischen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf), das den Schutztitel überprüft und den kommunalen Ausländerbehörden, die die Aufenthaltserlaubnis widerrufen, jedoch schlecht bestellt.

Das Bundesinnenministerium müsse jetzt Pläne vorlegen, wie es mit den großen zu erwartenden Fallzahlen umzugehen gedenkt. Aber auch die Union, die dieses Ministerium vor der Bundestagswahl 2021 über viele Jahre geleitet habe, „sollte jetzt nicht allzu dicke Backen machen und schnelle Ausreisen von Syrern fordern, ohne über das Wie zu sprechen“. (dpa/jal)

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