„Nato und EU sprengen“: Russland-Aufmarsch an Grenze weckt Sorge vor perfidem Putin-Plan

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Nahe der Grenze zu Finnland baut Russland seine Militär-Präsenz aus. Ein möglicher Plan für die Zeit nach Ende des Ukraine-Kriegs?

Helsinki/Moskau – Russland soll seine militärische Infrastruktur in der Nähe der Grenze zu Finnland ausweiten. Das ging bereits Ende April aus einem Bericht des Wall Street Journal hervor. Neue Satellitenbilder sollen nun das Ausmaß zeigen. In einem Bericht der New York Times heißt es bezogen auf Russland, „die Maßnahmen könnten Aufschluss über ihre Strategie für die Zeit nach dem Ukraine-Krieg geben“.

Russland weitet Militär-Infrastruktur an Nato-Grenze aus: Experte über „naheliegende Befürchtung“

Die Aufnahmen zeigen demnach Reihen neuer Zelte, Lagerhallen, die Renovierung von Unterbringungsmöglichkeiten für Kampfjets und eine kontinuierliche Bautätigkeit auf einem Hubschrauberstützpunkt. „Die naheliegende Befürchtung ist natürlich, dass Russland eine begrenzte militärische Aktion gegen Finnland oder auch die baltischen Staaten plant, um Nato und EU politisch zu sprengen und so das aktuelle Fenster der Verwundbarkeit maximal auszunutzen, das durch Trumps Einzug ins Weiße Haus aufgegangen ist“, erklärt der Sicherheitsexperte Frank Sauer gegenüber IPPEN.MEDIA.

Dennoch, betont der Forschungsleiter am „Metis Institut für Strategie und Vorausschau“ an der Universität der Bundeswehr München, könne man über die Gründe für Russlands Aktivitäten in der Nähe der finnischen Grenze nur spekulieren. Finnland und Russland teilen sich eine 1340 Kilometer lange Grenze. Erst nach Beginn des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 ist Finnland im Jahr 2023 der Nato beigetreten.

Putins Plan nach Ende des Ukraine-Kriegs? Finnland rechnet mit Tausenden Truppen an der Grenze

Finnische Verteidigungsbeamte würden derzeit damit rechnen, dass Russland nach Ende des Ukraine-Kriegs Tausende von Truppen an die finnische Grenze verlegen könnte, heißt es im Bericht der New York Times. Michael Kofman, Senior Fellow bei der „Carnegie Endowment for International Peace“ in Washington, erklärte demnach, dass Russlands Bodentruppen nach dem Krieg in der Ukraine wahrscheinlich größer sein würden als vor 2022. 

Auch Sauer bestätigt gegenüber unserer Redaktion, dass die russischen Streitkräfte „trotz enormer Verluste im letzten Winter“ aktuell weiter wachsen würden. Moskau rekrutiere „unter Aufwendung enormer Summen Personal“, erklärt der Militärexperte. „Die letzten Rekrutierungsrunde waren die größten seit langem. Das Ziel sind 1,5 Millionen Soldaten.“

Satellitenaufnahmen zeigen Russland Militär-Aktivitäten an der Grenze zu Finnland

Über die Satellitenaufnahmen in der Nähe der Grenze zu Finnland berichteten auch der schwedische Sender SVT und die finnische Zeitung Helsinki Times. Demnach seien Aktivitäten an vier Standorten zu sehen: Kamenka, Petrosawodsk, Seweromorsk-2 und Olenja. In Kamenka etwa seien seit Februar 2025 über 130 Militärzelte aufgestellt worden – der Ort ist rund 60 Kilometer von der finnischen Grenze entfernt. Laut Bericht des schwedischen Senders könnten dort nun bis zu 2.000 russische Soldaten beherbergt werden.

Russland soll seine militärische Infrastruktur in der Nähe der Grenze zu Finnland ausbauen. (Symbolbild) © IMAGO / Panthermedia, IMAGO / SNA

Der schwedische Verteidigungsminister Michael Claesson erklärte den Berichten zufolge, die Entwicklungen in der Nähe der russisch-finnischen Grenze könnten als Bestätigung früherer russischer Erklärungen über „militärisch-technische Maßnahmen“ als Reaktion auf den Nato-Beitritt verstanden werden: „Als wir die Nato-Mitgliedschaft beantragten, sagte Russland, dass es solche Schritte unternehmen würde. Jetzt sehen wir, wie das geschieht.“

Bericht über Russland-Hauptquartier bei Finnland: Vorbereitung auf Konfrontation mit Nato?

Russland soll zudem Militärstützpunkte in der Nähe der russischen Stadt Petrosawodsk ausbauen – etwa 160 Kilometer östlich von Finnland. Das berichtete das Wall Street Journal Ende April unter Berufung auf Informationen von westlichen Militär- und Geheimdienstvertretern. Dort plane Russland ein neues Hauptquartier, in dem Zehntausende Soldaten untergebracht werden könnten.

Westliche Militärs und Geheimdienstler warnen demzufolge, dass diese Einheiten das „Rückgrat“ der russischen Streitkräfte bilden könnten, die sich auf eine mögliche Konfrontation mit der Nato vorbereiten. Zu einer Konfrontation zwischen Russland und der Nato, erklärt Sauer, werde es seiner Einschätzung nach jedoch nicht kommen: „Es sei denn, die Abschreckung versagt und Putin beginnt diese.“

Sicherheitsexperte: Sorge über „Kollaps der transatlantischen Solidarität dank Trump“

Auf die Frage, wie lang Russland bräuchte, um seine Truppen auf ein für die Nato bedrohliches Niveau aufzustocken, erklärt der Sicherheitsexperte: „Für einen vollumfänglichen Krieg, der hoffentlich nie kommt, müsste Russland sich zweifelsfrei erst einige Jahre regenerieren.“ Es sei jedoch nicht ein dritter Weltkrieg, der „vielen Sicherheitsexperten aktuell akut Sorgen macht“. Vielmehr sei das Problem, „dass ein begrenzter militärischer ‚Test‘ von Nato-Artikel 5, mit einem Kollaps der transatlantischen Solidarität dank Trump, schon jetzt, also mit den strapazierten russischen Streitkräften, möglich wäre“.

Nato-Artikel 5 ist der sogenannte Beistandsartikel der westlichen Militärallianz für einen „Bündnisfall“. Darin ist geregelt, dass ein Angriff auf einen der Staaten als Angriff auf alle Nato-Mitglieder gewertet wird. Trump äußerte in der Vergangenheit Zweifel am Beistandsartikel. Im März etwa betonte Trump, die Nato-Partner seien seine „Freunde“, stellte aber infrage, ob sie den USA im Ernstfall tatsächlich beistehen würden. (pav)

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