Trump-Urteil könnte Wahlkampf der Republikaner umkrempeln – Partei entrüstet
Donald Trump ist schuldig gesprochen. Nun muss sich zeigen, welche Auswirkungen die Entscheidung der Geschworenen auf den Wahlkampf haben wird.
New York – Beinahe gebetsmühlenartig wiederholt Donald Trump seit seinem ersten Run aufs Weiße Haus seine Forderung nach der Durchsetzung von Recht und Gesetz. Law and Order. Jetzt bekam der Republikaner im sogenannten Schweigegeldprozess erstmals vor Augen geführt, dass er selbst dagegen verstoßen hat. In allen 34 Anklagepunkten sprachen ihn die Geschworenen schuldig.
Trump und der Schuldspruch: Verliert Präsidentschaftskandidat jetzt viele Wähler?
Das Urteil fällt zwar erst am 11. Juli, also sechs Wochen später. Und Trump wiederholte seinen Vorwurf, Opfer einer „Hexenjagd“ zu sein, eines „korrupten“ Richters, eines „manipulierten Prozesses“. Verurteilt aus rein politischen Gründen, weil ihn das von ihm so benannte Establishment fürchte und so seine Rückkehr ins Oval Office verhindern wolle.
Aber tatsächlich stellt sich nun die Frage, welche Auswirkungen der Schuldspruch auf seine Kampagne hat, die nach Wochen im Gericht so richtig an Fahrt aufnehmen soll. Oder wurde ihm an diesem 30. Mai 2024 der Wind aus den Segeln genommen, weil ihm jetzt zu viele Unterstützer von der Fahne gehen?
Immerhin geht der 77-Jährige als erster verurteilter Ex-Präsident in die US-Geschichte ein. Kann er mit diesem Malus die Geschicke einer so stolzen Nation lenken? Diese Frage wird sich wohl vielen Bürgerinnen und Bürgern stellen, die zumindest darüber nachdenken, ihr Kreuz im November beim Namen Trump zu machen.

Trump und die US-Wahl: Laut Umfrage könnten viele Wähler nach Schuldspruch umdenken
Dass der einst milliardenschwere Unternehmer wieder für die Grand Old Party antritt, gilt angesichts des von ihm haushoch gewonnenen Ausscheidungsrennens als sicher. Der Nominierungsparteitag ist für Mitte Juli angesetzt. Wenige Tage, nachdem Richter Juan Merchan das Strafmaß verkünden will.
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Selbst im Falle einer von Experten als unrealistisch eingestuften Haftstrafe könnte Trump auf den Stimmzetteln auftauchen und wüsste wohl nicht nur seine treuesten Anhänger hinter sich. Wie die innenpolitische NPR-Korrespondentin Mara Liasson erklärte, gaben 67 Prozent der Teilnehmenden einer Umfrage des Rundfunksyndikats und der TV-Senderkette PBS an, eine Verurteilung würde keine Auswirkungen auf ihr Wahlverhalten haben. Bei 17 Prozent spiele die Entscheidung mit geringer Wahrscheinlichkeit eine Rolle, bei 15 Prozent sehr wahrscheinlich.
Zudem erwähnt sie, dass in Umfragen zu den Vorwahlen der Republikaner sowohl unter Supportern von Trump als auch unter denen seiner hartnäckigsten Rivalin Nikki Haley „eine beachtliche Zahl“ betonte, eine Verurteilung könnte Einfluss auf ihre Wahl haben. „Wir werden sehen, wie sich das entwickelt“, betont Liasson: „Bis jetzt hat es ihm mit Blick auf die Basis geholfen. Aber jetzt haben wir eine andere Situation.“ Zum Abschluss nennt sie Trump einen „verurteilten Schwerverbrecher“.
Trump als „verurteilter Schwerverbrecher“: Experte vermutet nur Auswirkung auf unentschlossene Bürger
Dem US-Portal Newsweek sagte Tammy Vigil, stellvertretende Dekanin am College of Communication der Boston University, Trumps Wahlkampf dürfte fortan erschwert werden. „Dies könnte die Motivation erhöhen, sich dafür zu engagieren, dass die Nation keinen verurteilten Straftäter zum Präsidenten wählt“, mutmaßt sie, um jedoch gleichzeitig zu betonen, dass Trump mit seinem Auftreten als Unschuld vom Lande auch punkten und sich ohnehin auf seine glühendsten Anhänger verlassen könne.
Im gleichen Artikel geht Grant Davis Reeher, Professor der Politikwissenschaften an der Syracuse University, davon aus, dass das Urteil lediglich einen Effekt auf wirklich unentschlossene Wähler haben wird. Diese könnten den Wahlurnen dieses Mal fernbleiben. Angesichts des erwarteten engen Rennens zwischen Trump und Präsident Joe Biden sei es möglich, dass genau diese Nichtwähler am Ende entscheidend sein könnten.
In der ständig aktualisierten Umfrage von The Economist liegt der Herausforderer mit einem Median von 46 Prozent knapp vor dem Demokraten mit 44 Prozent. Noch vor gut einem Monat waren beide Kandidaten mit jeweils 44 Prozent gleichauf, der aktuelle Vorsprung kam erst am 26. Mai zustande – als der Prozess wegen der falsch verbuchten Schweigegeldzahlungen an die ehemalige Pornodarstellerin Stormy Daniels bereits auf sein Finale zusteuerte.
Republikaner stützen Trump: Johnson hält Urteil gegen Ex-Präsidenten für „absurd“
Seine Partei weiß Trump ohnehin geschlossen hinter sich. Die Republikaner zeigten sich eher entsetzt über das vermeintlich korrupte Justizsystem. So schrieb Mike Johnson auf Twitter von einem „beschämenden Tag in der amerikanischen Geschichte“ und einem „absurden Urteil“, das auf „lächerlichen Anschuldigungen“ beruhe.
Weiter schimpfte der Sprecher des Repräsentantenhauses: „Die heutige Entscheidung ist ein weiterer Beweis dafür, dass die Demokraten vor nichts zurückschrecken werden, um abweichende Meinungen zum Schweigen zu bringen und ihre politischen Gegner zu zerschlagen.“
Nach Schuldspruch gegen Trump: DeSantis zweifelt an Rechtmäßigkeit von Prozess
Auch Ron DeSantis, der bei den Vorwahlen früh die Segel strich, meldete sich auf dem Kurznachrichtendienst von Elon Musk zu Wort. Der Gouverneur von Trumps Wahlheimat Florida machte „einen linken Staatsanwalt, einen parteiischen Richter und eine Jury, die eine der liberalsten Enklaven Amerikas widerspiegelt“, aus.
Der 45-Jährige ist der Meinung: „Wenn der Angeklagte nicht Donald Trump wäre, wäre dieser Fall nie verhandelt worden, der Richter hätte nie ein solches Urteil gefällt und die Jury wäre nie zu einem Schuldspruch gekommen.“ So sei der Rechtsstaat „zum Gefangenen der politischen Agenda irgendeines Scheingerichts geworden“.
Trumps Parteifreunde geben sich also offen entrüstet. Nachteile will aus diesem Urteil aber niemand ableiten. Zweifel am Frontmann scheinen nicht angebracht.

Trump zurück ins Weiße Haus? Erfahrener Republikaner geht nun erst recht von Sieg über Biden aus
Vielmehr erwartet Tommy Thompson sogar, dass der Schuldspruch Trump erst recht ins Weiße Haus verhelfen wird. „Ich denke, damit wird die Wahl von Donald Trump zum nächsten Präsidenten der Vereinigten Staaten ziemlich zementiert“, sagte der langjährige Gouverneur von Wisconsin und einstige Gesundheitsminister unter George W. Bush dem Milwaukee Journal Sentinel.
Denn: „Die Menschen betrachten diesen Prozess als politischen Rachefeldzug der Biden-Regierung gegen Trump und ich denke, die Menschen werden entsprechend abstimmen.“ Weiter befürchtet der 72-Jährige eine weitere politische Spaltung in den USA: „Das wird in keiner Weise dazu beitragen, die politischen Verhältnisse in diesem Land zu verbessern, die ich wirklich ernst nehme. Für jemanden, der sein ganzes Leben in dieser Arena verbracht hat, ist es sehr traurig.“
Trump reagiert auf Schuldspruch: Republikaner setzt auf das Urteil der Wähler
Trump selbst dürfte eine solche Gemengelage nur zugutekommen. Binnen weniger Stunden nach dem Schuldspruch feuerte er auf seinem Netzwerk Truth Social Dutzende an Posts raus – oft mit Videos von ihm wohlgesonnenen politischen Einordnungen. Sein Credo lautet: Das wahre Urteil fällt erst am 5. November.
Am Wahltag. Ob er das Votum der US-Amerikaner anerkennen wird, dürfte aber allein davon abhängen, ob es ihm zum Sieg über Biden verhilft.
Den Spruch der Geschworenen will Trump jedenfalls nicht hinnehmen. Sein Anwalt Todd Blanche kündigte bereits an, nach dem Urteil in Berufung gehen zu wollen. Die endgültige Entscheidung könnte also gut und gerne bis nach den US-Wahlen auf sich warten lassen. Was Trump nicht stören dürfte. (mg)
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