Angst vor dem angekündigten Regen: „Völlig normal“ – Ärztin gibt Tipps
Auch wenn sich die Hochwasserlage entspannt: Dass die Opfer dennoch Angst vor dem angekündigten Regen haben, sei normal, sagt eine Psychologin und gibt Tipps.
Mit Sorgen blicken die Menschen in Hohenkammer und Allershausen auf den Wetterbericht. Denn für diese Region des Ampertals, wo die Menschen von dem Hochwasser besonders gebeutelt sind, ist für das Wochenende erneut Regen angesagt. Die gute Nachricht kommt jetzt aus dem Wasserwirtschaftsamt.
Auf FT-Nachfrage teilte Florian Hinz, Abteilungsleiter des WWA für den Landkreis Freising, mit, dass summiert auf die nächsten vier Tage in diesem besonders betroffenen Gebiet etwa 20 Liter Niederschlag pro Quadratmeter prognostiziert werden. „Das hört sich nach viel an“, sagte der Fachmann zwar. Aber: Diese Menge, die eben auf vier Tage verteilt ist, sei nicht besorgniserregend.
Wie Hinz mitteilt, liegt die Glonn inzwischen deutlich unter Meldestufe 1. Der Pegel befand sich am Freitagmittag bei 70 Zentimetern. Zum Vergleich: Meldestufe 1 liegt bei 200 Zentimetern, der Höchststand der Glonn lag am vergangenen Sonntagmorgen bei 387 Zentimetern.
Bei der Amper, die am Freitag unter Meldestufe 1 gesunken ist, sei es möglich, dass der Pegel laut Hinz eventuell am Montag oder Dienstag noch einmal an die Meldestufe 1 heranreichen werde. Auch hier: die Lage entspannt. Einziger Problemfall könnte im Rahmen dieser Niederschlagsmengen ein Starkregenereignis werden, erklärte Hinz zwar auch. „Aber danach schaut es ebenfalls nicht aus.“
Plünderer geben sich als Helfer aus
Mit einer besonders perfiden Taktik versuchen Banditen, die Notlage der Menschen in den hochwassergeschädigten Gebieten für Beutezüge auszunutzen. Wie aus der Bevölkerung in Allershausen am Freitagvormittag zu hören war, geben sich Plünderer als Hilfskräfte aus, um in den evakuierten Bereich der Gemeinde vorzudringen. „Wenn sie glauben, dass sie nicht mehr beobachtet werden, biegen sie schnell ab und schauen, was sie aus leerstehenden Wohnzimmern mitnehmen können“, teilte dem FT ein Anwohner mit.
Plünderer treiben nicht erst seit Freitag ihr Unwesen in Allershausen. Am Mittwoch etwa war ein Pärchen, das eine Uhr aus einem Haus stehlen wollte, von der Polizei auf frischer Tat ertappt worden – mutmaßlich nur die Spitze des Eisbergs. Auf FT-Nachfragte riet die PI Freising dazu, wachsam zu bleiben und bei verdächtigen Wahrnehmungen sofort die Polizei zu kontaktieren unter Tel. (0 81 61) 5 30 50.
Entsprechend ist auch Kreisbrandrat Manfred Danner guter Dinge, dass das Schlimmste ausgestanden ist. „Wir bleiben aber selbstverständlich wachsam“, sagte er dem FT. Die Feuerwehr sei es gewohnt, binnen zehn Minuten alle notwendigen Einsatzkräfte zusammenzutrommeln. „Die Feuerwehrhäuser bleiben zwar am Wochenende leer. Aber wir können die Logistik sofort wieder hochfahren.“ So seien etwa allein in der Freisinger Schütte 80 000 Sandsäcke in Reserve. Zum Vergleich: Am Anfang des Hochwassers standen 10 000 Säcke bereit. „Und dazu kommt, dass etwa in Hohenkammer und Allershausen ebenfalls noch viele Sandsäcke vorrätig sind.“
Opfer befinden sich noch in einer akuten Belastungsreaktion
Dass Hochwasseropfer trotz aller Entwarnungen weiterhin von Sorgen getrieben werden, ist völlig normal, betont Dr. Birgit Wahl. Sie ist fachliche Leiterin der Psychosozialen Notfallversorgung der BRK-Bereitschaften, landläufig besser bekannt unter dem Namen Kriseninterventionsteam. Wenn Menschen in eine psychische Ausnahmesituation geraten, ist sie mit ihrem Team zur Stelle, war damals auch im Ahrtal vor Ort, um die Betroffenen in ihrer Verzweiflung aufzufangen.
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Alle, die vom aktuellen Hochwasser schwer betroffen sind, befinden sich im Moment noch, wie sie erklärt, in einer akuten Belastungsreaktion. Ein Zustand, der bis zu vier Wochen andauern könne. „Das ist nicht schön, aber es ist völlig normal und nicht krankhaft“, sagt die Ärztin. Mit Blick auf die Wetterprognosen für das Wochenende erklärt sie, dass es wichtig sei, sich eines vor Augen zu führen: „Sämtliche Hilfskräfte sind noch immer in Alarmbereitschaft, jeder ist zu jeder Zeit bereit, die selbe Hilfe zu leisten, wie sie bereits geleistet wurde.“
Wahl verspricht: „Wir sind weiter für die Menschen da.“ Wer merkt, dass er Angst spürt, wenn es anfängt zu regnen, sollte unbedingt schauen, nicht allein zu sein und im Vorfeld schon mit Menschen über seine Sorgen reden. Das Erlebte liege erst wenige Tage zurück – schlechter Schlaf bis hin zu Albträumen seien nichts Außergewöhnliches.
Und dann verrät Wahl noch etwas, das zeigt, wie sehr die Verantwortlichen um das Wohl der Betroffenen bemüht sind: Hochwassergeschädigte sollen über das Landratsamt psychologische Hilfe erhalten. Eine Stelle, an die „die Leute sich niederschwellig hinwenden können“. Details werden gerade beraten, es soll aber bereits in der kommenden Woche anlaufen.