Katzenjammer in den Allgäuer Tierheimen
Die Tierheime werden laut Tierschutzbund aktuell von einer Katzenschwemme überrollt. Die Zahl gefundener, abgegebener oder ausgesetzter Kitten hätte sich in den vergangenen Wochen stark erhöht, viele Tierheime seien „überfüllt und am Ende ihrer Kräfte“. Unsere Zeitung fragte in einigen Allgäuer Tierheimen nach, wie die Situation ist und ob sie die Sorgen und Forderungen des Tierschutzbundes teilen.
Allgäu - Der Tierschutzbund fordert daher eine bundesweite Kastrationspflicht für Freigängerkatzen und sieht das Leid der Straßenkatzen als akutes Problem. „Die Zahl der Menschen, die ihre Tiere loswerden wollen, scheint so hoch wie nie zuvor. Die Tierheime sind überlastet und können nicht mehr für jedes Tier in Not einstehen“, sagt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes.
Den politisch Verantwortlichen wirft Schröder Versagen vor: „Wer den karitativen Tierschutz ausbluten lässt, den Onlinehandel mit Tieren nicht unterbindet und zulässt, dass sich jeder spontan ein Tier kaufen kann, trägt Mitschuld daran, dass die Tierheime am Limit sind.“
Allgäuer Tierheime ausgelastet
Laut einer Umfrage des Deutschen Tierschutzbundes berichten 69 Prozent der Tierheime von einer sehr hohen Auslastung, nur 18 Prozent hätten überhaupt noch Kapazitäten, um Tiere aufzunehmen. Die Flut abgegebener und ausgesetzter Tiere sei enorm. Die Ursachen dafür seien vor allem unüberlegte Tierkäufe infolge des coronabedingten Haustierbooms, Überforderung, fehlende Zeit und gestiegene Tierarztkosten. Vermehrt landeten kranke Tiere im Heim, die nur schwer ein neues Zuhause finden. Viele der Kitten seien geschwächt durch Krankheiten, Parasiten, Verletzungen und Hunger, und benötigten aufwändige Pflege und Versorgung. Tierschutzvereine berichten verstärkt von Kitten, die auf herzlose Weise ausgesetzt oder Opfer von Tierquälerei werden.
„Wilde Katzen, um die sich keiner kümmern will“
Auch die Tierheime in der Region kämpfen mit fehlenden Kapazitäten und kennen die Problematik der Katzenflut, verursacht durch unkastrierte Freigängerkatzen und Straßenkatzen, die sich unkontrolliert fortpflanzen. „Gerade in den Bauernhöfen gibt es viele wilde Katzen, um die sich keiner kümmern will und die ihrem Schicksal überlassen werden“, berichtet Edith Kuhn vom Tierheim Marktoberdorf. Immer wieder werden dort trächtige Katzen aufgefunden, die dann mitunter in einem aufwendigen Prozess eingefangen werden und im Tierheim zunächst in Quarantäne kommen.
„Erst wenn sie komplett durchgecheckt und parasitenfrei sind, dürfen sie zu den anderen Tieren ins Katzenhaus.“ Die Kosten dafür übernehme oft das Tierheim. Aktuell befinden sich vor Ort allein 18 Katzen in Quarantäne. „Die Quarantänestation läuft über“, sagt Kuhn und wünscht sich wie viele ihrer Mitstreiter eine Kastrations- und Chippflicht, „auch wenn das bei uns auf dem Land wegen des Kosten- und Verwaltungsaufwands wohl schwer durchzusetzen ist“.
Tierschutzbund fordert Kastrationspflicht
„Wir sind im Moment absolut voll und können keine Tiere mehr aufnehmen“, zeichnet Dr. Patricia Höß, Leiterin des Tierheims in Kempten, ein ähnliches Bild der Lage. Derzeit seien einige Katzenmamas mit ihren Kitten untergebracht. Viele der Tiere, die zu ihnen kommen, seien unkastriert und ungechipt. Manche würden ihre Katze auch einfach vor der Tierheimtür „rausschmeißen“ und hätten nicht einmal den Mut, sie persönlich abzugeben, bedauert Höß.
Meine news
Insbesondere Bauernhöfe seien häufig Hotspots verwahrloster Katzen. „In diesen Fällen versuchen wir den Landwirten zu helfen und bieten finanzielle Unterstützung an, stehen aber leider oft vor verschlossenen Türen, weil viele das Problem nicht erkennen“, so Höß. „Wir würden uns über eine landesweit beschlossene und flächendeckende Kastrationspflicht freuen, denn die Katzen machen nicht an den Stadtgrenzen Halt“, betont die Tierheimleiterin. „Dazu müssen alle mit ins Boot geholt und an den Kosten beteiligt werden.“
Hohe Tierarztkosten und Überforderung
Im Tierheim in Memmingen befinden sich momentan 60 Katzen, 30 davon sind in Quarantäne. Viele von ihnen seien laut Leiterin Nadja Röder behandlungsbedürftig. „Teilweise werden die Katzen in der Nähe des Tierheimes in einem Tunnel ausgesetzt, da unser Gelände videoüberwacht wird“, so Röder.
Als mögliche Gründe für die Abgabe nennt sie die hohen Tierarztkosten oder Überforderung. „Manche werden dem Tier dann überdrüssig und ‚entsorgen‘ es“, sagt Röder. „Es wäre super, wenn jeder Katzenbesitzer seine Katze chippen und auch registrieren lässt. Die Registrierung ist einfach und geht mit wenigen Klicks auf ‚Findefix‘ oder ‚Tasso‘.“
Auch beim Tierheim in Beckstetten sind die Aufnahmekapazitäten erschöpft. Katzen würden teilweise in der Nähe von Bauernhöfen ausgesetzt und von Tierfreunden ins Tierheim gebracht werden. So lautet auch hier der dringende Appell an alle Katzenfreunde, ihre Katzen kastrieren zu lassen.