Nach Blockade-Vorwürfen gegen die Ampel: Deutschland erhöht Rüstungsexporte an Israel deutlich

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Scholz hält sein Versprechen: Wie Zahlen des Auswärtigen Amtes belegen, soll die Bundesregierung die Genehmigungen für Waffenlieferung an Jerusalem ausgeweitet haben.

Berlin – Erst gab es Zoff in der Ampel um das Thema Waffenlieferungen an Israel, nun wird klar, dass die Bundesregierung ihre Genehmigungen für Rüstungslieferung nach Jerusalem bereits ausgeweitet hat. Nach Angaben des Auswärtigen Amts sollen allein im August Ausfuhren von Rüstungsgütern im Wert von 94,05 Millionen Euro an das Land erlaubt worden sein.

Das ist mehr als doppelt so viel wie die 45,74 Millionen Euro, die das Wirtschaftsministerium noch vergangene Woche dem Wirtschaftsausschuss des Bundestags für das gesamte Jahr bis zum 13. Oktober gemeldet hat. Die neue Zahl geht aus einer Antwort des Auswärtigen Amts auf eine Anfrage der BSW-Abgeordneten Sevim Dağdelen hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Offen gelassen wird in der Antwort, ob unter den genehmigten Exporten auch Kriegswaffen sind. Die benötigt Israel, weil es mit der Hamas im Gazastreifen und der Hisbollah im Libanon im Krieg ist.

Merz warf Ampel Blockade vor: Scholz konterte, es gebe keinen Rüstungsexportstopp

Um die Waffenlieferungen nach Israel gibt es seit Monaten Streit. Im vergangenen Jahr hatte die Ampel-Regierung noch Rüstungslieferungen für 326,5 Millionen Euro an Israel genehmigt, darunter Kriegswaffen für 20,1 Millionen. Der größte Teil der Exporterlaubnisse ging auf die Zeit nach dem Terrorangriff der islamistischen Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 zurück. In den ersten Monaten dieses Jahres wurden die Exportgenehmigungen dann aber drastisch zurückgefahren.

Friedrich Merz (l.) und Olaf Scholz am Rednerpult des Bundestags
In einer Plenardebatte zum Thema Waffenlieferung an Israel in Berlin lieferten sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und sein Unions-Herausforderer Friedrich Merz (CDU) einen scharfen Wortwechsel. © Rabea Gruber/dpa, Michael Kappeler/dpa

Bis zum 21. August wurden nach einer früheren Antwort auf eine parlamentarische Anfrage nur noch Lieferungen im Wert von 14,42 Millionen Euro genehmigt. Der Export von Kriegswaffen wurde von Anfang März bis zu diesem Datum gar nicht mehr erlaubt. Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) warf der Bundesregierung daraufhin vor, Exportanträge von Rüstungsunternehmen zu blockieren, darunter die Lieferung von Munition und Ersatzteilen von Panzern.

Die Bundesregierung betonte dagegen stets, dass es keinen Rüstungsexportstopp gebe. „Wir haben Waffen geliefert, und wir werden Waffen liefern“, versprach Scholz in der Debatte des Bundestags zum Jahrestag des Überfalls vom 7. Oktober. Das schlägt sich jetzt auch in der Statistik nieder.

Nicaragua klagt gegen Deutschland: Völkermord-Verfahren vor dem internationalen Gerichtshof

Die Exporte von Rüstungsgütern an Israel haben eine besondere Brisanz, weil dagegen eine Klage beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag anhängig ist. Das lateinamerikanische Land Nicaragua beschuldigt Deutschland wegen der Lieferungen der Beihilfe zum Völkermord und hat eine Klage bei dem Gericht eingereicht.

Ende April wiesen die Richter einen Eilantrag zum Stopp der Rüstungsexporte zwar ab. Der Forderung Deutschlands, die Klage Nicaraguas ganz zurückzuweisen, entsprachen sie aber nicht. Das Hauptverfahren kann sich noch über Jahre hinziehen.

Baerbock warnt: Unterscheidung zwischen Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern

Außenministerin Annalena Baerbock warnte vor undifferenziertem Schwarz-Weiß-Denken bei Rüstungsexporten an Israel. „Das ist kein Gegensatz, sondern das sind zwei Seiten der gleichen Medaille: Das Recht auf Selbstverteidigung im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht“, sagte sie am Rande einer Unterstützerkonferenz für den Libanon in Paris. Bei Exporten an Drittstaaten wie Israel werde jede Lieferung im Rahmen des humanitären, des europäischen und des internationalen Rechts geprüft. „Das tun wir auch hier.“

Auf eine Reporterfrage zu den Zahlen sagte Baerbock, es müsse zwischen Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern unterschieden werden. Die aktuelle Frage beziehe sich auf sonstige Rüstungsgüter, deren Genehmigung ebenfalls geprüft werde. Es gebe hier eine große Spannbreite, es gehe manchmal um Ersatzteile oder auch Zulieferteile. Deswegen gebe es immer wieder auch unterschiedliche Zahlen, „weil es auf die unterschiedlichen Rüstungsgüter an der Stelle ankommt“. Details zu den mitgeteilten Zahlen für Israel nannte Baerbock nicht.

Umfrage zeigt: Mehrheit der Deutschen gegen Waffenlieferungen an Israel

Übrigens sind die Deutschen mehrheitlich dagegen, weiter Waffen an Israel zu liefern. Wie eine am Dienstag (22. Oktober) veröffentlichte Forsa-Umfrage für das Magazin Stern ergab, lehnen 60 Prozent Rüstungsexporte nach Israel ab. 31 Prozent finden sie richtig. Neun Prozent äußern keine Meinung.

Der Umfrage zufolge ist die Ablehnung von Waffenlieferungen an Israel bei den Anhängern der Grünen mit 50 Prozent am geringsten, 39 Prozent finden sie richtig. Bei den Wählern der beiden anderen Regierungsparteien überwiegt die Ablehnung (SPD 60 Prozent, FDP 52 Prozent). Bei den Anhängern der Union sind 56 Prozent gegen Rüstungsexporte nach Israel. Bei den Anhängern der AfD sind es 75 Prozent und bei den Wählern des Bündnisses Sahra Wagenknecht 85 Prozent.

Besonders groß ist Ablehnung von Waffenlieferungen der Erhebung zufolge generell in Ostdeutschland: 75 Prozent sind demnach dagegen und nur 16 Prozent dafür. Für die repräsentative Erhebung befragte Forsa am 17. und 18. Oktober telefonisch 1007 Teilnehmer. Die mögliche Fehlerquote liegt bei plus/minus drei Prozentpunkten (bg/dpa).

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