Die Bahn ist für viele Menschen zum Ärgernis geworden. Dass es auch noch Boni für die Chefs gibt, erzürnt Unions-Fraktionsvize Lange. Er erhebt bei Merkur.de Vorwürfe.
Berlin/München – Klagen über die Zuverlässigkeit der Deutschen Bahn gehörten schon immer zum Reservoir unverfänglichen Smalltalks – doch in den vergangenen Jahren ist der Ärger spürbar gewachsen. Dass die Schweizerische SBB mittlerweile Züge der Bahn aufgrund ihrer Verspätungen gerne mal hinter der Grenze stoppt, ist da nur eine bittere Pointe unter vielen.
Der Zustand der Bahn liefert aber auch politischen Zündstoff: Der Union im Bundestag sind Zustand und Zukunftsaussichten des Konzerns ein Dorn im Auge. Fraktionsvize Ulrich Lange (CSU) stören nicht nur eklatante Zugausfall-Zahlen. Er sieht die Bahn mit einem „Scheinreförmchen“ und grünem Licht für Vorstands-Boni mitten in der Misere auch von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) schlecht gelenkt. Die Schiene und „auf lange Sicht“ auch Wissing seien auf dem Weg „ins Verderben“, warnte Lange am Dienstag (2. Januar) bei Merkur.de von Ippen.Media.
Bahn-„Pünktlichkeit“ erzürnt CSU-Experten – Warnung vor „Schein-Reförmchen“ folgt
„Die Unpünktlichkeit der Züge ist auf einem noch nie dagewesenen Höhepunkt, bei den Zugausfällen läuft es nicht besser“, ärgerte sich Lange. Tatsächlich meldete die Bahn zuletzt auf Anfrage des Grünen-Politikers Norbert Gastel einen bedenklichen Wert bei der Reisendenpünktlichkeit: Nur 69,6 Prozent der Reisenden kamen den Angaben zufolge zwischen Januar und November 2023 mit den Fernverkehrszügen in Deutschland pünktlich an ihr Ziel.
Im November war zudem fast jeder zweite Fernzug an seinem Endbahnhof mindestens sechs Minuten verspätet, wie die dpa berichtete. Das ist ein Tiefpunkt in der Bahn-Statistik. 2021 hatten laut offizieller Statistik noch 75,2 Prozent der Fernzüge ihr Ziel „pünktlich“ – also mit maximal fünf Minuten Verspätung – erreicht, 2022 waren es 65,2 Prozent. Finale Zahlen für 2023 stehen noch aus. Die DB räumte aber schon im November ein, dass ihr selbst gestecktes Pünktlichkeitsziel von 70 Prozent nicht zu erreichen sein wird.
Besserung ist nach Langes Einschätzung nicht in Sicht; die Aussichten seien alles andere als rosig. „Die groß angekündigte Bahn-Reform verkümmert zu einem Schein-Reförmchen“, klagte er. Auch bei der „hoch angepriesenen Generalsanierung von 40 Strecken“ handle es sich um nicht mehr als eine „Lügen-Sanierung“.
Bahn vor klaffendem Ampel-Finanzloch? 12,5 Milliarden Euro wackeln – Ausgang noch ungewiss
Lange spielte damit wohl unter anderem auf das erste Prestige-Sanierungsprojekt der „Riedbahn“ zwischen Frankfurt und Mannheim an. Die wichtige Verbindungsstrecke soll vor allem im zweiten Halbjahr umfassend auf Vordermann gebracht werden. Dazu gibt es eine fünf Monate währende Vollsperrung. Nicht angefasst würden dabei aber die 106 bestehenden Brücken, rügte Lange schon Mitte Dezember in der Rheinischen Post.
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Zweifel geäußert hat der CSU-Politiker auch schon mit Blick auf die Finanzierung der großen Modernisierungs-Vorhaben: Geld für die 40 Projekte sollte aus dem Klima-Transformations-Fonds kommen – doch dessen Finanzierung steht seit dem Haushaltsflop der Ampel auf tönernen Füßen.
Die Ampel-Koalition einigte sich in ihrem Haushaltskompromiss zwar darauf, an den Plänen festzuhalten. Doch das nötige Geld kann nicht mehr aus dem KTF kommen: 12,5 Milliarden Euro fallen weg. Stattdessen sollten Mittel umgeschichtet werden, etwas aus Privatisierungen. Der Konzern soll auch sein „Eigenkapital“ erhöhen. Hinter dieser Lösung gibt es weiter Fragezeichen.
Bahn-Chefs bekommen Millionen-Boni: CSU rügt „Kassieren fürs Blamieren“
Trotz all dieser Unwägbarkeiten werden die Vorstände der Bahn aber große Bonus-Zahlungen enthalten. So soll allein Vorstandschef Richard Lutz für 2022 einen Bonus von über 1,26 Millionen Euro erhalten – so steht es im Geschäftsbericht für das Jahr. Insgesamt sollen Berichten zufolge fünf Millionen Euro an die neun Vorstandsmitglieder fließen. Zusätzlich zum Grundgehalt von insgesamt rund vier Millionen Euro.
Lange kritisierte dieses Vorgehen bei Merkur.de scharf. Es sei „wirklich nicht mehr vermittelbar, dass all das immer wieder mit viel Geld belohnt wird“, betonte er: „Dem Kassieren fürs Blamieren muss endlich ein Ende gesetzt werden.“ Zuletzt hatte es auch harsche Kritik der Verbraucherzentrale gesetzt. Als „Schlag ins Gesicht“ der Fahrgäste bezeichnete Mobilitäts-Expertin Marion Jungbluth die Bonus-Zahlungen im Gespräch mit IPPEN.MEDIA.
In der Pflicht sah Lange Verkehrsminister Wissing. „Er könnte nicht nur die Bonuszahlungen ganz einfach abstellen, sondern mit den richtigen Maßnahmen auch die Zügel beim Konzern anziehen, damit er endlich spurt“, erklärte er. Stattdessen gebe der Liberale „lieber den Kumpel“ von Bahnchef Lutz. „Eines ist sicher“, erklärte Lange: „Das wird die Schiene und auf lange Sicht auch Wissing ins Verderben führen.“
Florian Naumann