„Gewaltiger Sieg für Putin“ – Trump-Alleingang bei Sanktionen soll Wirtschaft in „Chaos“ stürzen

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

Kommentare

Die US-Regierung prüft die Lockerung von Sanktionen. Experten warnen davor. Der Schritt soll Chaos an den Weltmärkten auslösen.

Washington – Seitdem der wiedergewählte US-Präsident Donald Trump sich dem Kreml-Diktator Wladimir Putin annähert, versuchen andere westliche Länder, eine Antwort auf diese Entwicklung zu finden. Jetzt steht auch noch die Sanktionspolitik der Ukraine-Verbündeten auf dem Spiel. Anfang März 2025 hatte die Trump-Administration verkündet, prüfen zu wollen, welche Russland-Sanktionen eventuell aufgehoben werden könnten. Experten sprechen nun eine deutliche Warnung aus.

Donald Trump will Sanktionen lockern – „stellen Sie sich das Chaos vor“

Je weiter die Kluft zwischen den Westmächten Europa und USA aufklafft, umso größer ist das Risiko, dass Trump weitere Alleingänge unternimmt. Laut Elisabeth Braw, einer Expertin der Atlantic Council‘s Transatlantic Security Iniviative, sieht der US-Präsident nicht länger die Notwendigkeit darin, sich mit den europäischen Verbündeten zu koordinieren.

Donald Trump in Washington.
„Gewaltiger Sieg für Putin“ – deutliche Warnung vor Trump-Alleingang bei Sanktionen © IMAGO / ZUMA Press Wire

Braw zufolge würde eine einseitige Aufhebung von Russland-Sanktionen in der Weltwirtschaft Chaos auslösen. Für Unternehmen würde es bedeuten, ein komplexes Sanktionsgeflecht zu navigieren: Für die USA würde ein anderes Regelwerk gelten als für die anderen G7-Staaten und Europa. Die Expertin sieht bergeweise Bürokratie und Unsicherheit auf die Wirtschaft zukommen.

„Wir waren noch nie in einer Situation, in der ein westlicher Verbündeter völlig anders handelt und Sanktionen lockert“, zitierte das Nachrichtenportal Kyiv Independent die Expertin Braw. „Stellen Sie sich das Chaos vor, das dieser Schritt für Unternehmen bedeuten würde, wenn die G7 und die EU völlig gegensätzliche Regeln hätten, was Russland angeht.“

Europa könnte Sanktionen ebenfalls lockern – „gewaltiger Sieg für Putin“

Eine weitere Gefahr wäre allerdings, dass europäische Unternehmen sich dazu genötigt fühlen könnten, die Sanktionen ebenfalls zu umgehen und verstärkt Handel mit Russland zu treiben. Umfangreiche Strafmaßnahmen hatten auch die europäische Wirtschaft getroffen, in Deutschland beispielsweise hatte der Wegfall von russischem Gas zu deutlich gestiegenen Energiepreisen geführt. Tom Keatinge, Direktor des Center for Finance and Security des Thinktanks Royal United Services Institute (RUSI), warnte hier vor einem moralischen Dilemma. Europäische Länder müssten sich entscheiden, ob sie ihre Wirtschaft stärken und mit den Amerikanern mithalten wollen – oder ob ihnen Strafmaßnahmen gegen Putin wegen der Verbrechen im Ukraine-Krieg wichtiger sind.

Eine Achillesferse ist hier russlandfreundliche Länder wie Ungarn – diese könnten per Veto dafür sorgen, dass EU-Sanktionen nicht fortgesetzt werden. Hier kommt es auf den zeitlichen Ablauf an. Falls die USA die Sanktionen tatsächlich aufheben und sich US-Unternehmen in Russland ansiedeln (ein Schritt, den der Kreml derzeit verstärkt bewirbt), hätte Putin einen deutlichen Vorteil gegenüber EU-Unternehmen. In dem Fall könnte er deutlich vorteilhafte Konditionen herausholen, ehe er EU-Unternehmen erlaubt, wieder Fuß in Russland zu fassen.

„Das wäre ein gewaltiger Sieg für Putin, weil er im Grunde Europa verzwergen und mit den Amerikanern Handel treiben könnte“, erklärte Keatinge.

Alleingang bei Sanktionen durch Trump – dabei ist Russlands Wirtschaft angeschlagen

Donald Trumps Alleingänge kommen für die langfristigen Ziele der G7 und der westlichen Ukraine-Verbündeten zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Die Sanktionsarchitekten hatten die Strafmaßnahmen so ausgestaltet, dass sie Russlands Wirtschaft stetig schwächen, unter anderem durch Maßnahmen wie Einfuhrverbote, das Einfrieren von finanziellen Mitteln oder den Ausschluss Russlands aus dem SWIFT-Bankensystem.

Sorge vor Sekundärsanktionen hatten innerhalb der letzten Monate verstärkt dafür gesorgt, dass enge Russland-Verbündete wie China und Indien auf Abstand gingen. Craig Kennedy, ein Finanzexperte, der lange Jahre für die Bank Morgan Stanley gearbeitet hatte, hatte im Januar offengelegt, dass Russland bei der Kriegsfinanzierung in gewaltigem Maße auf Bankenkredite zurückgreift. Diese richten sich angeblich vorrangig an Unternehmen, die an die Verteidigungsindustrie angedockt sind, und das zu wesentlich billigeren Konditionen als der Markt eigentlich rechtfertigen würde.

Kennedy sprach hier von toxischen Krediten, die in Russlands Wirtschaft schwären würden. Das sei einer der treibenden Faktoren für die hohe Inflation und die hohen Leitzinsen. Darüber hinaus ist Russlands Wirtschaft Analysten zufolge mittlerweile derartig auf die Kriegsproduktion ausgerichtet, dass sie ohne Kriegshandlungen stagnieren würde.

Russlands Wirtschaft leidet unter Schulden – „klare Zeichen von Stress“

Allerdings ist es nicht ohne Weiteres möglich, zu prognostizieren, wann dieser Kreditboom sich letztendlich als Schaden für Moskau herausstellt. Laut dem Atlantic Council belaufen sich die geplanten Staatsausgaben Russlands für den Schuldendienst auf 3,2 Billionen Rubel (37 Milliarden US-Dollar), eine Zahl, die den Wert für 2024 um fast 40 Prozent übersteigt – und den von 2023 um mehr als das Doppelte. Schuldendienst meint die Gesamtsumme an Geld, die ein Unternehmen oder ein Individuum aufbringen muss, um alle Schuldenverbindlichkeiten zurückzuzahlen.

Die tatsächliche Staatsverschuldung soll dagegen langsamer wachsen. Für 2025 steht hier ein erwarteter Anstieg um 38 Prozent (verglichen mit 2023) bevor.

„Die Sanktionen haben einen unverwechselbaren Effekt, auch wenn dieser unter den aufgeblähten Erwartungen vieler Westler im Jahr 2022 liegen“, erklärte der Analyst Charles Lichfield von Atlantic Council. Diese Sanktionen jetzt zu lockern, würde ein System entlasten, das klare Zeichen von Stress zeige. Und zuletzt wäre es ein Zeichen an Drittländer, die aktuell noch überlegen, mit Russland Handel zu treiben, dass sie damit davonkommen würden.

Auch interessant

Kommentare