Seit sieben Jahren kümmert sich Uschi van Dam (66) ehrenamtlich um die Katzen im Ebersberger Tierheim. Deren teils grausames Schicksal hinterlässt auch bei der erfahrenen Helferin Spuren.
Ebersberg – Zusammengekauert liegt das Katzenbaby in einer Kuhle am Straßenrand. Es ist kaum zu sehen, nur das getigerte Fell blitzt aus dem hohen Gestrüpp zwischen den weiß-schwarzen Leitpfosten. Daneben rauscht ein Auto nach dem anderen vorbei. Geduckt und mit ängstlichem Blick beobachtet die kleine Katze den Verkehr. Sie mag fliehen, kann sich aber nicht bewegen. Ihre Pfote ist zertrümmert, ihr Kiefer gebrochen.
Jedes Wochenende ist Uschi van Dam zu Besuch: Einige Katzen erwarten sie schon sehnsüchtig
Einige Monate später und ein paar Kilometer weiter: Uschi van Dam (66) ist gerade zu Besuch in der Ebersberger Tierauffangstation. Sie steht vor einer geschlossenen Tür im ersten Stock und blickt durch ein Fenster ins Innere des Raumes. Ihr Gesicht erhellt sich, mit einem Mal lächelt sie. „Da ist ja meine Süße“, sagt van Dam.
Am Desinfektionsmittelspender neben der Tür desinfiziert sie ihre Hände, an ihren Füßen trägt sie blaue Überschuhe. Dann dreht sie den Schlüssel um, die Tür geht auf und ein leises Miauen durchbricht die Stille. Eine getigerte Katze läuft ihr entgegen, streift um ihre Füße. Van Dam bückt sich und hebt die Katze auf ihren Arm. „Das ist Sina“, sagt sie und streichelt der schnurrenden Kätzin über den Kopf.
Seit sieben Jahren streichelt Uschi van Dam schon ehrenamtlich Katzen im Ebersberger Tierheim
Ob ausgesetzt, ausgebüxt, beschlagnahmt oder abgegeben: Seit sieben Jahren kümmert sich Uschi van Dam schon ehrenamtlich um die großen und kleinen Fellnasen im Ebersberger Tierheim. Jedes Wochenende besucht die 66-Jährige ihre Schützlinge, spielt mit ihnen und verwöhnt sie nach Strich und Faden. „Mir macht das Spaß, ich komme gerne hierher“, erzählt die Zornedingerin, die selbst drei Katzen hat.
Jedes Tier hat seine eigene Geschichte
Im Hinterkopf hat sie dabei immer das teils grausame Schicksal, das die Tiere in den rosafarbenen Bau im Ebersberger Gewerbegebiet verschlagen hat. Denn in ihrer Zeit beim Tierschutzverein hat van Dam schon vieles erlebt: ob in Plastiksäcken eingepackte und im Container entsorgte Hundewelpen, vom Veterinäramt beschlagnahmte Kanninchen oder eine vom Mähdrescher schwer verletzte Katze. „Es ist schon grausam“, resümiert van Dam die Erlebnisse. „Jedes Tier hat seine eigene Geschichte“, betont sie.
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Insgesamt zehn Katzen derzeit in Obhut des Tierschutzvereins
So auch Kätzin Sina. „Sie ist angefahren worden und aus der Tierklinik Haar zu uns gekommen“, sagt die Seniorin, während sich die getigerte Katze an ihren Oberkörper schmiegt. Wie alt Sina ist, wissen die ehrenamtlichen Helfer nicht. Sie ist weder gechipt noch tätowiert. „Wir schätzen, dass sie rund ein Jahr alt ist.“
Von ihrer schlimmen Vergangenheit lässt sich die junge Katze allerdings nichts anmerken. Sie ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Schmusekatze. So zutraulich und liebevoll wie Sina sind aber noch längst nicht alle Bewohner des Ebersberger Tierheims. Insgesamt zehn Katzen sind derzeit in der Obhut des Tierschutzvereins, zwei von ihnen befinden sich in Quarantäne. „Die beiden Babys haben wir vor kurzem als Findlinge bekommen. Sie müssen erst noch von der Tierärztin durchgecheckt werden“, erklärt van Dam. Bis dahin bleiben die noch namenlosen Tiere in einem extra vorgesehenem Raum neben der „Krankenstation“.
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Charakter ist entscheidend: Nicht jedes Tier kann schnell vermittelt werden
In drei weiteren Zimmern im Erdgeschoss befinden sich die übrigen Katzen Shakira, Lara, Leo, Ludwig, Susi, Fips und Mia. Letztere ist mit zwölf Jahren derzeit die älteste Bewohnerin im Tierheim. „Sie ist taub und daher nur schwer vermittelbar“, sagt van Dam über die weiße Kätzin mit blauen Augen. Im Zimmer direkt gegenüber wohnt der jüngste „Hotelgast“, wie die Ehrenamtliche die Tierheimbewohner auch nennt.
Im Gegensatz zu seinen Artgenossen ist Kater Fips allerdings noch sehr zurückhaltend. „Da ist es nun wichtig Geduld zu haben“, weiß van Dam. „Manchmal setzte ich mich einfach nur in das Zimmer und warte bis er auf mich zu kommt.“ Diese Methode habe schon bei vielen schüchternen Katzen Wunder bewirkt.
„Ein lachendes und ein weinendes Auge“: Happy End für Kätzin Sina
Mindestens eine halbe Stunde verbringt die Zornedingerin in jedem Zimmer, streichelt die Tiere, gibt ihnen Leckerlis und spielt mit ihnen. „Bei einem kranken Tier bleibe ich oft länger“, sagt sie. So bekommt sie ein Gespür dafür, wie die Katzen ticken. „Wenn man die Tiere sieht, wie sie aus der Klinik kommen, ist es umso schöner, je mehr sie bei uns aufblühen“, sagt die 66-Jährige und lächelt. Bei so vielen Kuscheleinheiten wachsen ihr die Tiere schnell ans Herz.
Nicht selten fällt der Abschied daher sehr emotional aus. „Ein lachendes und ein weinendes Auge. Aber ich freue mich natürlich, wenn eine Katze ein neues Zuhause gefunden hat“, betont die Zornedingerin. Für Kätzin Sina ist es womöglich bald soweit. Eine Familie interessiert sich für die junge Katze. Glück im Unglück, das nicht jedes Tier im Ebersberger Tierheim hat.
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